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Bundesheer: Helfer in der Not

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In den (wenigen) sachlichen und den (allzu vielen) unsachlichen Pressestimmen zur Frage der neuen Wehrmacht sind die Leistungen des Bundesheeres der Ersten Republik — und hier vor allem sein Einsatz ohne Waffe als Helfer in der Not — wenig gewürdigt worden. Unzählige Male sind Abteilungen des Bundesheeres bei Hochwasser, Lawinenstürzen, Sturmund Brändkatastrophen erfolgreich eingesetzt worden. Sie haben verschneite oder vermurte Verkehrswege freigemacht, gefährliche Sprengungen durchgeführt, Brücken wieder hergestellt usw. Beispielsweise war hierfür im Jahre 1926 eine Arbeitsleistung von 232.529 Arbeitsstunden nötig. Im Jahre 1927 erstreckte sich die Hilfeleistung sogar auf das Ausland, als durch einen Dammbruch des Rheins weite Gebiete des Fürstentums Liechtenstein stark gefährdet waren. Oesterreichische und Schweizer Pioniere bargen in aufopfernder Arbeit die schwer bedrohten Bewohner; das Fürstentum hat ihre Hilfe unter anderem durch Ausgabe eigener Briefmarken anerkannt, von denen ie 20 + 10-Rappenmarke österreichische Pioniere beim Rettungswerk darstellt (was die deutschen Briefmarkenkataloge verschweigen). Im Oktober 1935 wurden zur Bekämpfung von Hochwasserschäden in Kärnten an sieben Stellen zusammen 20 Offiziere und1 424 Mann eingesetzt.

Wo immer das Bundesheer zur Hilfe gerufen wurde, folgte es freudig dem Ruf. So baute es beispielsweise im Jahre 1932 im steirischen Wechselgebiet ein Fernsprechnetz, das endlich die Erlegung eines mächtigen Raubtieres ermöglichte. Zur Errichtung des Bisambergsenders trug es durch Feldstärkemessung in sieben Gemeinden bei, zur Wettersicherung der Postflugstrecke Wien—Berlin durch Errichtung von drei Beobachtungsstationen, zur Verhinderung des überhandnehmenden Schmuggels an der ungarischen Grenze durch Verstärkung der Zollwache um 16 Offiziere und 250 Mann, zur Ermöglichung des internationalen Gaisberg-rennens durch Herstellung von 24 Kilometer Fernsprechleitung in äußerst schwierigem Gelände. Dies alles nebst acht größeren Einsätzen bei Elementarkatastrophen in einem einzigen Jahre: 1932.

Wie bitter wurde es von allen Oesterreichern empfunden, daß wir bei der Lawinenkatastrophe im Winter und bei der Hochwasserkatastrophe im Sommer 1954 auf ausländische Hilfe — die uns in dankenswerter Weise spontan zuteil wurde — angewiesen waren.

Diese Erfahrungen 1920 bis 1954 rechtfertigen wohl die Forderung, daß bei der Schaffung der neuen Wehrmacht die Pionierfand die Telegraphen-) Truppe besonders stark auszubauen wären. Auch eine Pioniereinheit vermag feindliche Partisanen abzuwehren, aber keine nicht hierfür ausgebildete und ausgerüstete Infanterieeinheit kann bei Elementar-katastrophen so wirksam eingreifen wie eine Pioniereinheit,

Dieser Erkenntnis werden sich hoffentlich die Schöpfer der neuen Wehrmacht nicht verschließen.

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