Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Tirol in Österreich
Vor acht Monaten, am 26. Jänner, wurde das Jubiläumsjahr mit einer Festsitzung des Tiroler Landtages feierlich eröffnet. Seither wurde oft über Leistungen und Opfer gesprochen, die Tirol auf sich genommen, und über Vorteile, die Österreich aus dem Besitz Tirols gezogen hat. Da aber gerade der Tiroler das Wort vom Eigenlob ziemlich ernst nimmt, wollen wir die Aufzählung unserer Verdienste staatlichen Würdenträgern überlassen und einmal davon reden, was wir Tiroler Österreich zu danken haben- Aber nicht von kulturellen und wirtschaftlichen Vorteilen soll hier die Rede sein, sondern lediglich von den politischen Folgen des im Jahre 1363 erfolgten Zusammenschlusses.
Wir danken dieser Verbindung nicht mehr und nicht weniger als die Erhaltung Tirols als selbständiges Land. Die Richtigkeit dieser Annahme wird durch die Geschichte bestätigt.
Markgraf Ludwig, der zweite Gemahl Margarethas, Sohn Kaiser Ludwigs des Bayern, hat zielbewußt die Voraussetzungen geichaffen, um Tirol mit Bayern vereinigen zu können. In dem im Jahre 1356 mit seinen Brüdern geschlossenen Vertrag hat er sich die Herrschaft über Oberbayern, dessen Hauptstadt München war, Vorbehalten. Sein Ziel wäre es gewesen, aus Bayern und Tirol ein festgefügtes, einheitliches Gebiet zu schaffen, das für damalige Verhältnisse eine ansehnliche Macht verliehen hätte. Auch der sogenannte Freiheitsbrief vom Jahre 1342, der zu Beginn der Regierungszeit Ludwigs ausgestellt wurde, kann über diese Absicht nicht hinwegtäuschen, denn Markgraf Ludwig hat sich an diese Versprechungen nur insoweit gehalten, als es zur Sicherung seiner Macht in Tirol notwendig war. Da die zweite Hälfte der Regierungszeit Ludwigs dem Lande Ruhe und Frieden gebracht hatte, also von einer Unzufriedenheit nicht die Rede sein konnte, wird man in der Annahme nicht fehlgehen, daß die drohende Vereinigung und Verschmelzung Tirols mit Bayern den Tiroler Adel im Jahre 1363 veranlaßt hat, der Verbindung mit Österreich so schnell zuzustimmen, da man sich von dieser Seite eher eine Wahrung der Privilegien erhoffen konnte.
In drei Kreise zerrissen
Die Zeit von 1806 bis 1813 hat dann sehr eindeutig gezeigt, daß trotz der ehrlich gemeinten Versicherung des bayrischen Königs Maximilian Josef, „er wolle an der Landesverfassung nichts ändern“, Tirol restlos im Königreich Bayern aufgegangen wäre. Im Juni 1807 mußte die landschaftliche Kasse abgeführt werden, und mit der Konstitution vom 1. Mai 1808 wurde die Tiroler Landschaft aufgelöst, die ständische Verfassung nach vierhundertjährigem Bestand aufgehoben. Das Land Tirol wurde in drei Kreise (Inn-, Eisack- und Etschkreis) zerrissen, die nichts miteinander gemein hatten, auch keinen gemeinsamen Namen mehr trugen und unmittelbar den Münchner Zentralstellen unterstellt waren. Der Name Tirol wurde ausgelöscht und das Schloß Tirol verkauft.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!