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Neubeginn im Land Tirol

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Im Innsbrucker Zeughaus stellt eine Schau das Ende des Zweiten Weltkrieges und den (politischen) Wiederaufbau Tirols dar.

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Im Innsbrucker Zeughaus stellt eine Schau das Ende des Zweiten Weltkrieges und den (politischen) Wiederaufbau Tirols dar.

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Die Ausstellung erinnert an die Schrecken der NS-Diktatur und des Krieges, anhand von Originaldokumenten, Fotografien, verschiedenen Original-Objekten und mit einem umfassenden Rahmenprogramm wird der mühsame Aufbau des Landes Tirol nach 1945 anschaulich und informativ dargestellt.

Hieß die Tiroler Bevölkerung am 10. April 1938 den bereits vollzogenen „Anschluß” Österreichs ans Deutsche Reich noch mit überwältigender Mehrheit gut, war auch ihr Heimatland ab 1943 Ziel feindlicher Luftangriffe (besonders Innsbruck und die Brennerstrecke). Im Frühjahr 1945 - nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft - besetzten alliierte Truppen das „heilige Land”.

Nicht alle Tiroler hatten sich bedenkenlos dem Willen der Nationalsozialisten unterworfen, Widerstandsgruppen existierten. Entsprechend der politischen Konstellation stellten Katholiken und Konservative den größten Anteil, aber auch Sozialisten und Kommunisten spielten wichtige Bollen. In Verbindung mit dem Berliner Kommunisten Robert Uhrig wurden 1941 lokale Gruppen in Tirol gegründet. Die Aktivitäten der Gruppe flogen auf, die Gestapo machte im Februar 1942 kurzen

Prozeß: zwei Mitglieder starben während der Verhöre, sechs weitere, darunter eine Frau, wurden im April 1944 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode verurteilt. Auch junge Tiroler Legitimisten, Anhänger der Monarchie und der Restauration der Habsburger in Österreich, hatten unter dem Namen „Freiheit Österreich” versucht, dem Nationalsozialismus die Stirn zu bieten. Im Herbst 1938 durch Verrat aufgedeckt, nach der Verhaftung wieder freigelassen und unter dem neuen Namen „Vergißmeinnicht” wieder tätig, wurde ein Großteil der Mutigen im Sommer 1939 erneut verhaftet und verurteilt.

Mit der absehbaren Niederlage des Deutschen Reiches lebte der Tiroler Widerstand 1944 wieder auf. Ks ging nun vor allem um Schadensbegrenzung beim bevorstehenden Sturz der NS-Herrschaft. Tirols Widerstandskämpfer nahmen Ende 1944 durch die Brüder Fritz und Otto Molden Kontakt zu der Wiener Widerstandsgruppe „05” sowie zu den nach Tirol vorrückenden Amerikanern auf. Dem späteren Tiroler Landeshauptmann und Außenminister Karl Gruber gelang die entscheidende Einigung der wichtigsten konspirativen Gruppen im März 1945.

Am 2. Mai 1945 wurde der Verteidigungskommandant von Tirol, General Johannes von Böhaimb, in Innsbruck festgenommen., die Innsbrucker Kasernen wurden von den

gruppen übernommen. Einen Tag später war Innsbruck unblutig von den Nationalsozialisten befreit. Karl Gruber zog

an der Spitze der Widerstandskämpfer in das befreite Landhaus ein.

Ab Anfang 1945 waren amerikanische Truppen vom Norden her über den Fernpaß, die Scharnitzer Klause und das Inntal bei Kufstein vorgestoßen, die Franzosen näherten sich vom Westen. Im Bezirk Lienz -Osttirol war von den Nazis dem Gau Kärnten zugeschlagen worden - waren britische Truppen eingerückt. Erst am 26. September 1947 wurde Osttirol wieder mit Tirol vereint, blieb aber bis auf weiteres britische Besatzungszone. Karl Gruber wurde am 23. Mai 1945 vom Chef der US-Militärregierung zum provisorischen Landeshauptmann Tirols ernannt. Einige Tage später, am 6. Juni, .nahm die Provisorische Tiroler Landesregierung, die fast zur Gänze aus dem Kreis der Tiroler Widerstandsbewegung hervorgegangen war, ihre Tätigkeit auf.

Die Beziehung zwischen Besatzern und weiten Teilen der Bevölkerung entwickelte sich positiv, besonders die Großzügigkeit der Soldaten bei der Verteilung von Lebensmitteln an die vom Krieg gezeichneten

Menschen ist hervorzuheben. Entsprechend dem Beschluß der Siegermächte wurde Tirol dann der französischen Zone zugesprochen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten normalisierten sich auch die Beziehungen mit den französischen Einheiten. Die französische Besatzungsmacht setzte von Anfang an kulturelle Initiativen: 1946 wurde des Französische Kulturinstitut in Innsbruck eröffnet, französische Künstler stellten ihre Werke in Tirol aus, es gab Konzerte und Lesungen französischer Dichter. Tiroler Künstlern wurden Kontakte nach Frankreich vermittelt. Bis Ende 1953 war die französische Besatzung fast vollständig aus Nordtirol abgezogen.

Problem Südtirol

Karl Gruber, der 1909 in Innsbruck geborene Sohn eines Lokomotivführers, war von den Amerikanern als Landeshauptmann eingesetzt worden. Er verfügte trotz größter Bemühungen über keinen großen Rückhalt in der Tiroler Bevölkerung. Nachkriegschaos, Transportschwierigkeiten, Ernährungskrisen und Wohnungsnöte stellten ihn vor nicht gerade einfache Aufgaben. Wie auf gesamtstaatlicher Ebene

Foto I'iz.zinim

konstituierten sich auch in Tirol die Parteien als ÖVP, SPÖ und KPÖ. Aus den ersten Wahlen im November 1945 ging die ÖVP als stärkste politische Kraft hervor, Alfons Weißgatterer folgte Karl Gruber als Landeshauptmann nach, der als Außenminister nach Wien ging.

Schon im September 1945 war Gruber bei einer Großkundgebung für die Wiedervereinigung Nord-und Südtirols eingetreten. Den Interventionen der Politiker und den Demonstrationen der Bevölkerung zum Trotz ließen die Alliierten darüber aber keine Volksabstimmung zu, bilaterale Gespräche zwischen Italien und Österreich führten im September 1946 zum sogenannten Pariser Vertrag. Das „Gruber-Degas-peri-Abkommen” sicherte die Verwaltungsautonomie Südtirols innerhalb Italiens, Außenminister Karl Gruber war einer der Verhandlungspartner.

Der Wiederaufbau verlief in Tirol zunächst schleppend und in erster Linie durch private Initiative. Durch Einsatz der Bevölkerung waren eineinhalb Jahre nach Kriegsende bereits 57 Prozent der zerbombten Wohnungen wiederhergestellt.

Die Ausstellung „Das Jahr 1945 in Tirol. Ende und Neubeginn” im Tiroler Landeskundlichen Museum im Zeughaus Kaiser Maximilians I. in Innsbruck, Zeughausgasse ist bis 1. Oktober täglich von 10 bis 17 Uhr, Donnerstag von 19 bis 21 Uhr geöffnet.

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