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Tiroler Wahlkampf auf Sparflamme

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Am 16. August beginnt in Tirol die Parteien-Werbung um die Wählerstimmen für die Landtags wahl am 30. September. Nach einem nur sechswöchigen Wahlkampf auf Sparflamme werden keine Mandatsverschiebungen erwartet.

„Mit Wallnöfer für Tirol“ zieht die ÖVP in einen Wahlkampf, der primär auf die Persönlichkeit des aus politischem Urgestein geformten Denkmal eines Landeshauptmanns abgestellt ist. Mit gutem Grund: Rund 90 Prozent der Tiroler Bevölkerung können sich keinen besseren Landeshauptmann vorstellen, als den bald 66jährigen Eduard Wallnöfer. Er ist für sie laut einer Meinungsumfrage die Verkörperung des Tiroler Politikers schlechthin: landesväterlich, wacker, selbstbewußt, tatkräftig und entscheidungsfreudig.

Daß Wallnöfers Wort bei der Wiener SPÖ-Regierung, insbesondere bei Bundeskanzler Kreisky, viel gilt, wird dabei Wallnöfer auch von den Tiroler Sozialisten als Ausdruck seiner besonderen politischen Qualitäten außerordentlich hoch angerechnet. Jeder Angriff auf das Denkmal Wallnöfer würde in Tirol auch von notorischen SP-Wählern als gemeiner Vorgang verurteilt werden.

Trotz aller Leiden der Bundes-ÖVP rechnen die Tiroler VP-Strategen mit der Verteidigung ihrer Zwei-Drittel-Mandatsmehrheit. Das restliche Drittel der insgesamt 36 Landtagsmandate verteilt sich mit elf beziehungsweise einem Mandat auf die SPÖ und auf die FPÖ.

Zum dritten Mal wagt SP-Obmann Herbert Saldier das Rennen um die Tiroler Wählerstimmen. Nach seinem furiosen Start in der Tiroler Landespolitik Ende der sechziger Jahre ist es um den Mittvierziger eher still geworden. In zwei Landtagswahlen ist es ihm nicht gelungen, das Potential an SP-Wählern auszuschöpfen. Sein Mentor Kreisky war in Tirol bei Nationalratswahlen noch allemal erfolgreicher.

Wahrscheinlich kämpft Salcher seinen letzten Tiroler Landtagswahlkampf. Es ist in Tirol ein offenes Geheimnis, daß es ihn nach Wien zieht. Dort steht er als Nachfolger von Gesundheitsminister Leodolter im Gespräch. Salcher würde wohl keine Sekunde zögern, ein solches Angebot anzunehmen, zumal er über Schwierigkeiten mit seiner Landesorganisation nicht klagen kann.

Als Nachfolger für Herbert Salcher an der Spitze der Tiroler SPÖ steht der Innsbrucker Vizebürgermeister Ferdinand Obenfeldner so gut wie fest. Obenfeldner gilt als Vertreter des mausgrauen Tiroler SP-Esta-blishments. In der Innsbrucker Kommunalpolitik trat er bislang als interessierter Beobachter des Alois-Lugger-Kurses auf. Von eigenen kommunalpolitischen Aktivitäten Obenfeldners ist in Innsbruck so gut wie nichts bekannt. Nach dem wahrscheinlichen Abgang Salchers nach Wien dürfte für ihn Landesrat Karl Hackl zum Landeshauptmann-Stellvertreter aufrücken.

1975 erkämpfte der rührige FP-Landtagsmann Hermann Eigentier das einzige Mandat. Nun schickt die FPÖ den Kufsteiner Bürgermeister Siegfried Dillers berger in den Kampf um ein zweites Mandat. Der junge Rechtsanwalt genießt in Tirol über den kleinen Kreis der FPÖ-Wähler hinaus hohes Ansehen. Sollte sich FP-Obmann Gerulf Stix noch stärker als bisher in Wien engagieren, scheint Dillersbergers Wahl zum Tiroler FP-Obmann durchaus wahrscheinlich.

Die CSA-Liste des oberösterreichischen Pornojägers Martin Humer wird in Tirol nicht kandidieren, obwohl sie bei der Nationalratswahl mit einem Stimmenanteil von 0,7 Prozent ein respektables Ergebnis erreicht hat. Der „Tiroler Arbeitsbund“, eine

VP-Abspaltung, die im Innsbrucker Gemeinderat vertreten ist, hat kurze Zeit mit dem Gedanken einer eigenen Kandidatur gespielt, ehe sie diese Absicht verwarf.

Dagegen wird eine Mittelstandsgruppierung des ehemaligen Wirt-schaftsbund-Funktionärs Weißkopf kandidieren. In Innsbruck könnte diese Gruppe sowohl der ÖVP als auch der FPÖ einige Stimmen wegnehmen, zu einem Mandat dürfte es freilich nicht reichen.

Die Hoffnungen der ÖVP auf die Verteidigung ihrer Zwei-Drittelmehrheit gründen neben der Beliebtheit von Landeshauptmann Wallnöfer auf die stabile soziale, wirtschaftliche und politische Entwicklung in Tirol. Sie wird in einem „Arbeitsprogramm“ werblich herausstellen, daß es Tirol auf vielen Gebieten unter Landehauptmann Wallnöfer zur „Nummer 1“ in Österreich gebracht hat. Hier wuchs das Sozialprodukt rascher als anderswo, hier liegen die Einkommenszuwächse weit über dem österreichischen Durchschnitt und hier wurden -nicht zuletzt - in den siebziger Jahren insgesamt 40.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Bezogen auf die Ländesgröße ist das ebenfalls mehr als in anderen österreichischen Bundesländern.

Die SPÖ konzentriert ihre Angriffe auf das Machtvolumen der regierenden Volkspartei. Allzu heftig dürften diese Angriffe schon deshalb nicht ausfallen, weil selbst Herbert Salcher in einem „FURCHE“-Interview (Anfang April 1979) zugeben mußte, daß die Zusammenarbeit mit der ÖVP im Tiroler Landtag recht gut funktioniere. Auch die zweite SP-Angriffslinie scheint nicht optimal abgesichert zu sein.

Der Mehrheitspartei wird eine unzureichende Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere in den strukturschwachen Gebieten in Osttirol, Imst und Landeck, vorgeworfen. Anderseits aber pries der Salzburger SP-Obmann Herbert Moritz im Frühjahr 1979 die Tiroler Wirtschaftspolitik (im Gegensatz zur Salzburger Wirtschaftsförderung) als nachgerade beispielhaft.

Über all das soll in einem sechswö-

chigen Wahlkampf plakativ diskutiert werden. Das Interesse der Tiroler Wähler dürfte sich dabei in Grenzen halten, weil sie in diesen Wochen ganz andere Probleme haben: Der Fremdenverkehr hat seine Gäste zu betreuen, die Bauern bringen die Ernte ein und ein Teil der Arbeitnehmer ist wahrscheinlich noch auf Urlaub.

Daraus leiten die Wahl-Strategen in allen Parteien ab, daß es nicht nur ein kurzer und billiger Wahlkampf werden wird, sondern eine Auseinandersetzung, die letztlich das Ergebnis des Jahres 1975 bestätigt. Die ÖVP wäre damit zufrieden, die SPÖ hätte immerhin die Ausrede, daß man gegen das Denkmal Wallnöfer eben nicht gewinnen kann und den Tiroler Wählern aus beiden. Großparteien wäre das wohl alles recht.

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