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Zugpferd Wallnöfer

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Seit Anfang Mai läuft Tirols Landtagswahlkampf auf vollen Touren. Die Sozialisten haben das Wahlgeplänkel zwar schon im vergangenen Herbst gestartet, doch handelte es sich dabei nur um einseitige Aggressionen. Auf Plakaten und in großformatigen Zeitungsinseraten wird dem Tiroler seit Monaten einerseits das „Sündenregister“ der ÖVP eingetrommelt und anderseits eine heile SP-Zukunft prophezeit. Wallnöfer und seinen Mannen werden vor allem undemokratischer Machthunger, Ämteranhäufung, Fehlinvestitionen, Umweltzerstörung vorgeworfen. Der Innsbrucker Alpenflughafen und die Alemagna-Autobahn müssen dazu genauso herhalten wie das Kraftwerksprojekt in Kirchbichl und die Schottergruben von Vomperbach. Die Volkspartei hat vorerst auf keine der Anschuldigungen reagiert. Bis zu Beginn des Wonnemonats herrschte in der VP-Parteizentrale völlige Funkstille. Wie man hört, spekulierte man damit, daß die Roten vorzeitig ihr Pulver verschießen würden. Nach der Delegiertentagung am 3. Mai eröffneten auch die Stra-

tegen der Volkspartei das politische Sperrfeuer. Allmächtiger Feldherr ist VP-Chef Landeshauptmann Wallnöfer. Er steht im Mittelpunkt der VP-Werbung und wird als Garant für Ordnung und eine bodenständige, stabile Landespolitik an-

geboten. Zwei seiner Errungenschaften sollen — nach einer Umfrage — die Tiroler am meisten schätzen: Ehrlichkeit und Verläßlichkeit. Möglich, daß solche Tugenden wieder an Zugkraft gewonnen haben. Die von der Volkspartei bemühten Schweizer Wahlpsychologen scheinen die Popularität Wallnöfers richtig eingeschätzt zu haben. Der Bauer aus Obsteig wird heute nicht nur in den Metropolen der Alpenregion, sondern nach wie vor in seinem eigenen Reich fürstlich empfangen. In den Tälern gibt es richtige Volksfeste, wenn „Wallis“ Wahlkonvoi eintrifft, und in manchen Orten haben die Schüler sogar schulfrei.

Die offiziellen Wahlziele werden von beiden Parteien bemerkenswert bescheiden gehalten. Für Saldier (SP) wäre es das höchste der Gefühle, wenn seine Partei den gegenwärtigen Mandatsstand (12) halten könnte. Auch Wallnöfer gibt sich mit dem jetzigen Stand von 23 Mandaten zufrieden, spekuliert aber insgeheim doch auf das 24. Mandat und somit auf die Zweidrittelmehrheit.

Die Freiheitlichen betreiben eben-

falls schon seit längerer Zeit Wahlwerbung — im Rahmen ihrer bescheidenen finanziellen Mittel. Sie sind bemüht, sich als klar abgegrenzte Alternative darzustellen. Ihr Problem ist es, ihr einziges Mandat zu erhalten, wozu ihnen die VP mit der Novelle zum Wahlgesetz eine goldene Brücke baute.

Die Ubermacht der „Schwarzen“ bereitet den Tiroler Sozialisten begreiflicherweise beträchtliche Sorgen. Bei Erringung einer Zweidrittelmehrheit durch die Volkspartei sieht Saldier die Demokratie ernsthaft bedroht. Wallnöfer versichert daher bei jeder Gelegenheit, daß eine Änderung der Landesverfas-

sung auf keinen Fall erfolgen werde. „Auch wenn wir ein 24. Mandat erringen sollten, wird man die Sozialisten so wie bisher in den Ausschüssen weiterarbeiten lassen!“ Die Zusammenarbeit gehört neben der Machtkontrolle und den Eigeninitiativen zu den „drei bewährten Pfeilern sozialistischer Landespolitik“. Wenn es auch heißt, daß gegenwärtig der intensivste Wahlkampf geführt wird, den Tirol bisher erlebte, darf ifctch geschlagener Schlacht doch mit großer Wahrscheinlichkeit die Wiederkehr der traditionellen Tiroler Parteieneintracht erwartet werden.

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