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Alle Parteien in die Regierung

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Die Jahre 1979 und 1980 werden für die Tiroler eine Serie von Urnengängen bringen. Im Frühjahr 1979 ist die Landwirtschaftskammerwahl fällig, im Juni gefolgt von den Arbeiterkammerwahlen, für die sich der AAB die Chance ausrechnet, nach dem Muster von Vorarlberg den Präsidenten zu erobern. Im Herbst des nächsten Jahres findet dann die Nationalratswahl statt. In der ersten Jahreshälfte 1980 sind Handelskammerwahl und Landtagswahl angesetzt.

Obwohl in diesem Jahr keine bedeutenden Wahlereignisse auf dem Programm stehen, machen sich die in den kommenden zwei Jahren bevorstehenden politischen Entscheidungen bereits bemerkbar. In den Spitzenpositionen sind allerdings keine großen Änderungen zu erwarten. Eduard Wallnöfer wird aller Voraussicht nach auch 1980 wieder kandidieren und sein Stellvertreter Herbert Salcher wurde vom SP-Parteivorstand bereits zum Spitzenkandidaten für 1980 vorgeschlagen. Nach einer Periode interner Aktivitäten treten die Parteien nun zunehmend mit Veranstaltungen an die Öffentlichkeit, die eindeutig die Blickrichtung Nationalratswahl erkennen lassen.

Einen Besuch von Bundespartei-obmann Josef Taus in Tirol benützte Landeshauptmann Wallnöfer, um in verschiedenen Versammlungen Kritik an der zentralistischen Politik der SP-Regierung zu üben und eigene Vorstellungen über die Möglichkeiten eindr künftigen Regierungsarbeit auf Bundesebene kundzutun. Der Tiroler Landeschef bekannte sich dabei unverhohlen zur Form der Konzentrationsregierung: „In meinen Augen wäre die richtige Demokratie schon halt die, daß man dann, wenn man eine angemessene Zahl von Mandaten in den Landtagen und im Parlament hat, auch in der Regierung sitzt und dort mitentscheiden könnte.“

Mit dieser Auffassung steht Wallnöfer übrigens nicht allein im politischen Lager Tirols. Der sozialistische Vizebürgermeister von Innsbruck, Ferdinand Obenfeldner, gilt ebenfalls als ein überzeugter Befürworter einer Allparteienregierung auf Bundesebene.

Wallnöfer äußerte auch die Ansicht, daß die Koalitionsregierung der Nachkriegszeit „gar nicht so schlecht“ gewesen sei. „Schlecht war das Einspruchsrecht der Minister, das es in anderen Demokratien nicht gibt. Heute werden mit 50,4 Prozent der Stimmen Uberlebensfragen in Österreich entschieden, und man tut so, als ob die restlichen 49,6 Prozent der Bevölkerung nicht existieren.“

Als besonders bedenklich hält der Tiroler Landeshauptmann und ÖVP-Chef den Trend zum Zentralismus. Seiner Meinung nach gebe es bei den Sozialisten für föderalistische Bundesländer keinen Platz mehr. „Wenn es nicht gelingt, bei den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen vom Bund mehr Mittel für die Länder und damit auch für die Gemeinden zu erhalten, wird die Aushöhlung der Landesfinanzen dazu führen, daß der föderalistische Bundesstaat und die Länder nur noch auf dem Papier stehen.“

Im heurigen Jahr habe sich der Bund 7,8 Milliarden Schilling an zusätzlichen Steuer- und Tarifeinnahmen gesichert, wovon Länder und Gemeinden nichts zu sehen bekämen. Dabei könnten nur durch zusätzliche Investitionen jene Gebiete in Tirol, die im Schatten der Konjunktur hegen, an mehr Wohlstand herangeführt werden. Dafür seien jedoch bisher im Finanzausgleich keine Mittel zu erhalten gewesen, ebensowenig für Investitionen auf dem Sektor des Umweltschutzes.

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