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Namen, die verpflichten

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DIE FRÜHERE JÄGERKASERNE in Oberwart (Burgenland) heißt jetzt „Sporck-Kaserne“ nach dem General der Kavallerie Johann Graf von Sporck (1607 bis 1679), der sich als Reiterführer Montecuccolis in der Schlacht bei St. Gotthard besondere Verdienste erworben hatte. Die Reichstruppen und ihre Verbündeten konnten sich an jenem 1. August 1664 nach einer siebenstündigen Abwehrschlacht schließlich gegen das türkische Heer behaupten.

DIE FRANZ-FERDINAND-KASERNE dn Wien trägt seilt 15. Mai den Namen „Starhemberg-Kaseme“. Feldmarschall Ernst Rüdiger Graf von Starhemberg (1638 bis 1701), seit 1680 Kommandant der Reichshauptstadt Wien, errichtete ein widerstandsfähiges Verteidigungssystem gegen die abermals drohende Türkenigefahr. Als Kara Mustapha 1683 in Österreich einfiel und bis vor die Tore von Wien gelangte, hielt Starhemberg dem hunderttausend-köpflgen Türkenheer zwei Monate lang stand, bis sich in der Tullner Ebene ein Entsatzheer sammeln konnte, das Mustapha schließlich zum Rückzug zwang.

DIE KASERNE IN GRATKORN (Steiermark) heißt nun „Hackher-Kaseme“. Oberst Franz Xaver Freiherr von Hackher zu Hardt (1764 bis 1837) verteidigte im Napoleonkrieg des Jahres 1809 erfolgreich den Grazer Schloßberg. Der monumentale Hackher-Löwe auf dem Grazer Hausberg erinnert die Bevölkerung noch heute daran.

DIE FRÜHERE GROSSE BREI-TENSEER-Kaserne in Wien bekam nun den Namen „Vega-Payer-Wey-precht-Kaserne“. Und zwar nach den Führern der Österreich-ungarischen Arktisexpedition in den Jahren 1872 bis 1874: Oberstleutnant Georg Freiherr von Vega (1754 bis 1802), dem Erfinder der Logarithmentafel, Oberleutnant Julius von Payer (1841bis 1915) und Linienschiffsleutnant Karl Weyprecht (1838 bis 1882).

IN „BENEDEK-KASERNE“ wurde die frühere Panzerkaserne Bruck-Neudorf (Burgenland) umbenannt. Feldzeugmeister Ludwig Ritter von Benedek (1804 bis 1881) zeichnete sich durch einen Sieg in der Schlacht bei Solferino am 24. Juni 1858 besonders aus und führte die Nordarmee im Jahre 1866. Sein Name ist mit der unglücklichen Schlacht bei Königgrätz und seinem beharrlichen Schweigen allen ungerechten Vorwürfen zum Trotz verbunden.

NACH ADMIRAL WILHELM VON TEGETTHOFF (1827 bis 1871), dem Sieger über die italienische Flotte vor Lissa am 20. Juli 1866, wird die frühere Marinekaserne Klosterneuburg nun „Tegetthoff-Kaserne“ genannt.

Neben diesen aus der österreichischen militärischen Geschichte nicht mehr wegzudenkenden Namen gedachte man nunmehr aber auch Persönlichkeiten im Zuge der Um-benennung der Kasernen, die sich besondere Verdienste in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg, insbesondere aber während der letzten drei Jahrzehnte, erworben haben.

DIE SCHULKASERNE IN ENNS (Oberösterreich) trägt jetzt den Namen „Towarek-Schulkaserne“. Generalmajor Rudolf Towarek (1885 bis 1959) war Kommandant der Theresianischen Militärakademie zunächst in Enns, später in Wiener Neustadt. Im Jahre 1938 weigerte sich Towarek, die Hakenkreuzfahne auf der Wiener Neustädter Burg zu hissen. Wegen seiner kompromißlosen Treue zu Österreich wurde er sofort aus dem aktiven Heeresdienst entlassen.

DIE EHEMALIGE KASERNE Radkersburg erhielt den Namen „Girlinger-Kaserne“, nach dem militärischen Führer der Freiwilligen im Abwehrkampf des südsteirischen Grenzlandes in den Jahren 1919 und 1920, Major Alois Girlinger (1888 bis 1943).

DIE FRÜHERE RUDOLFSKASERNE in Klagenfurt heißt „Hül-gerth-Kaserne“. Feldmarschalleut-nant Ludwig Hülgerth (1857 bis 1939), Vizekanzler in der Ersten Republik und Generalkommandant der Freiwilligen Frontmiliz, führte die Kärntner Abwehrkämpfer an.

NACH OBERLEUTNANT WALTER VOGLER (1904 bis 1936), der sein Leben eingebüßt hatte, weil er den Absturz seines Flugzeuges über der Stadt Wels verhindern wollte, bekam der „Fliegerhorst Vogler-Hörschdng“ (Hörsching, Oberöster-reich) seinen Namen.

DER „FLIEGERHORST NITT-NER-THALERHOF“ (früher: Graz-Thalerhof) wurde nach Oberleutnant Eduard Nittner (1885 bis 1913) so benannt, der im Jahre 1912 als erster den Semmering überflogen hatte.

DIE EHEMALIGE PANZERKASERNE Großmittel in Niederösterreich heißt jetzt „Jansa-Kaserne“. Feldmarschalleutnant Alfred Jansa (1884 bis 1964) war von 1933 bis 1935 österreichischer Militärattache in Berlin. Durch diesen Aufenthalt gelangte Jansa zur Erkenntnis, daß, solange Hitler in Deutschland an der Macht sei, die Erhaltung der österreichischen Unabhängigkeit spätestens im Jahre 1939 zu einer offenen Auseinandersetzung führen müsse. Im Hinblick darauf rüstete Jansa, seit dem Jahre 1935 österreichischer Generalstabschef, das Bundesheer zum Widerstand auf. Darüber hinaus versuchte er, als der Einmarsch der deutschen Truppen und die Annexion österreichs bereits unausbleiblich schienen, Kontakte mit der deutschen Opposition herzustellen. Seine Bemühungen scheiterten jedoch und Generalstabschef Jansa mußte bereits im Februar 1938 im Zuge des Abkommens von Berchtesgaden unter dem Druck Hitlers als Generalstabschef abgelöst werden. Damals und nicht erst am 11. März war Österreich verloren.

DURCH DIE UMBENENNUNG der Kleinen Breitenseer-Kaseme in Wien in „Biedermann-Huth-Raschke-Kaserne“ und der Meidlin-ger-Kaseme in „Heckenast-Burian-Kaserne“ schließlich wurde auch jenen Männern ein längst fälliges Denkmal gesetzt, die während der NS-Zeit dem Regime ihre Gefolgschaft versagt und für Österreich ihr Leben gelassen hatten.

Major Karl Biedermann (1890 bis 3945), Hauptmann Alfred Huth (1918 bis 1945) und Oberleutnant Rudolf Raschke (1923 bis 1945) unternahmen mit ihren Kameraden von der militärischen Widerstandsbewegung, der 05, einen verzweifelten Versuch, die österreichische Hauptstadt vor dem Schicksal Budapests und Breslaus zu retten. Um zu verhindern, daß Wien zu einer Frontfestung würde, aber auch um zu beweisen, daß auch nach jahrelanger Besetzung des Landes, nach Terror, Gewalt und zehntausendfachem Mord der Freiheitswille Österreichs noch nicht gebrochen war, entschlossen sie sich zur bewaffneten Aktion. Major Biedermann, der Führer der an die tausend Mann umfassenden Heeresstreife „Groß-Wien“, Hauptmann Huth und Oberleutnant Raschke waren die engsten Mitarbeiter von Major Szo-koll, der den Plan hatte, durch die Herausgabe eines fingierten „Befehls zur Einstellung der Kampfhandlungen in Wien“ die Schlacht um die österreichische Hauptstadt zu vermeiden. Im Augenblick des Aufstandes hätte Reichsstatthalter Baidur von Schirach zur Unterzeichnung des Dokumentes gezwungen werden sollen. Die Verhaftung Major Biedermanns in der Nacht vom 5. auf den 6. April 1945 brachte den Plan jedoch zum Scheitern. Auch Huth und Raschke wurden verhaftet und alle drei am 8. April 1945 in Wien am Floridsdorfer Spitz hingerichtet. Die Kämpfe um Wien aber waren abgekürzt.

Oberstleutnant Franz Heckenast (1889 bis 1939) war als Beisitzer des Militärgerichtshofes an der Verurteilung der Dollfuß-Mörder beteiligt und schloß sich im Jahre 1938 als gläubiger Katholik sofort der österreichischen Widerstandsbewegung an. Er wurde verhaftet und starb am 15. Februar 1939 im KZ Buchenwald.

Hauptmann Karl Burian (1890 bis 1944) war Senior des akademischen Korps „Ottonen“, das am 20. März 1938 geschlossen in die Illegalität ging und zu einer der aktivsten Widerstandsgruppen wurde. Als Monarchist gehörte Burian von Anfang an zu den erbittertsten Gegnern des Dritten Reiches und verweigerte den Eid auf Hitler. Im Oktober 1938 wurde Burian von der Gestapo verhaftet, wegen „Vorbereitung zum Hochverrat und wegen Landesverrates“ zum Tode verurteilt und am 13. März 1944 hingerichtet.

Im Zuge der Neubenennung der meisten österreichischen Kasernen, von denen lediglich ein Teil aufgezählt werden konnte, werden in den betreffenden Kasernen auch Gedenksteine und -tafeln errichtet werden. Damit soll den jungen österreichischen Soldaten das erforderliche und gewünschte Maß an Traditionsbewußtsein vermittelt werden, ein österreichisches Traditionsbewußtsein, wohlgemerkt.

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