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Das Vorspiel von 1809

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Das Jahr 1959 wird in Tirol so manche Schrift zur Erinnerung an das Jahr 1809 erscheinen lassen. Wie man aber große Ereignisse nie auf ein Einzeljahr beziehen kann, so hatte auch die Erhebung der Tiroler 1809 ihre Voraussetzung im Verteidigungskampf 1796/97. Das Werk Franz Kolbs über diese Jahre ist somit als willkommene Ergänzung zur Kenntnis des denkwürdigen, eineinhalb Jahrhunderte zurückliegenden Geschehens zu begrüßen, um so mehr, als es auch bisher unberücksichtigt gebliebene Wünsche erfüllt.

Das Kriegsarchiv hat in seinem „Inventar“ 1953 auf die Notwendigkeit hingewiesen, neben der großen Geschichte auch die Teilgeschichte zu pflegen, das heißt, auch die Quellen der so reichen Landes- und Gemeindearchive zu erschließen, denn ohne diesen Unterbau bleibt eine lückenlose Kriegsgeschichte lückenhaft. An diesem Ineinander-arbeiten von Staats- und Ländergeschichte hat es in Oesterreich immer stark gefehlt. Tirol hat noch am ehesten Sinn dafür gehabt, und Kolbs staunenswerte Forschungen sind ein neuer Beweis dafür. Der Autor — den Soldaten des ersten Weltkrieges als mehrfach ausgezeichneter Feldgeistlicher der Puster-taldivision in ehrenvollster Erinnerung — hat keine Mühe gescheut: 899 Seiten mit viel Kleindruck und erschöpfenden Quellen- und Literaturnachweisen geben einen Begriff von jahrelanger hochwissenschaftlicher Arbeit, die ihr Ziel zweifellos erreicht hat.

In den Jahren 1796/97 standen im Süden die Belagerung von Mantua, im Norden Erzherzog Carls glänzender Feldzug im Mittelpunkt der Operationen. Tirol, zwischen beiden Kriegsschauplätzen gelegen, hatte vom Süden her Arges zu furchten, denn kein Geringerer als Bonaparte bedrohte das Land. Am achtmonatigen Widerstand Mantuas und an den Siegen des Erzherzogs scheiterte die feindliche Absicht, den Truppen von Nord und Süd mitten in Tirol sich die Hände reichen zu lassen. Die in allen Einzelheiten eingehend geschilderte Verteidigung Tirols durch sein auf eigener Wehrverfassung beruhendes Aufgebot hatte wesentlichen Anteil an der Befreiung des Landes, in welches der Gegner bloß in den südlichen Teil und dann in das Pustertal einzudringen vermochte.

„Das Tiroler Volk in seinem Freiheitskampf 1796—1797“ wird in der heimischen Literatur einen dauernden Ehrenplatz einnehmen. Fruchtbringend ist es aber nicht nur für die Geschichte, sondern auch für die Gegenwart: 1796/97 in Tirol war nichts anderes als totale Landesverteidigung, wie sie heute oder morgen von jedem Staate gefordert werden kann; wie ein kleines, armes Volk mit allen Sorgen des Krieges, mit dem Aufgebot, mit dessen Uniformierung, Ausrüstung und Bewaffnung, mit Führung und Nachschub, Finanzierung und Zusammenwirken mit der staatlichen Regierung und Wehrmacht zurechtkommt, das kann der Leser wie in einem spannenden Roman verfolgen: ihm muß dabei der Gedanke aufleben, wie unsere Bundesländer aus sich selbst das Ihre zur Landesverteidigung beitragen und vorbereiten sollten — damit Oesterreich in seiner Rüstung gefördert werde.

Einige kleine Bemerkungen seien noch angeschlossen: Die vorgebrachte Klage über Quellenmaterial im Kriegsarchiv sei dahin beantwortet, daß in das Archiv grundsätzlich nur die Schriften höherer Verbände gelangten. Die Feldzugsbeschreibung (1796) von Clausewitz gilt nur als bedingt verwertbar. Die mehrfach abweichende Schreibweise militärischer Namen — wie sie sich auch anderwärts finden — zeigt, wie schwer hier Einheitlichkeit zu erreichen ist. Mit Rücksicht auf den Umfang — daher beschränkte Verbreitungsmöglichkeit — des Buches sei der Wunsch geäußert, einen mit einer einfachen Karte von Tirol ausgestatteten Auszug als Volksausgabe herauszubringen, wie es zum Beispiel der türkische Generalstab mit seinen Publikationen zur Unterrichtung von Volk und lugend unternimmt. Es kann ja wirklich nicht genug geschehen, um die unverändert geltenden, von beispielhaftem Geist getragenen Grundsätze der Tiroler Landesverteidigung aus alter Zeit dem Allgemeinbewußtsein zu vermitteln.

DIE KUNSTDENKMÄLER OSTTIROLS. Von

Dr. Josef Weingartner. Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien-München. Mit 16 Bildern, Kunstdruck. 96 Seiten. Preis 68 S.

Vorliegende Abhandlung ist eine Ergänzung zu den Kunstdenkmälern Südtirols, aber in völlig geschlossener Form. Es finden sich darin wieder alle jene hervorragenden Qualitäten, welche die kunsttopographischen Arbeiten des genannten Autors auszeichnen, nämlich absolute Verläßlichkeit und Vollständigkeit, Verarbeitung des neuesten Schrifttums und sorgsame Auswahl' der Bildbeilagen. Wo einmal in sehr seltenen Fällen noch Unklarheit herrscht, hat der Verfasser den Mut, diese Situation nicht durch gewagte Hypothesen zu verschleiern, sondern einfach ein Fragezeichen hinzusetzen. Die chronologische Reihung beginnt in den frühchristlichen Ausgrabungen von Aguntum und Lavant und führt herauf bis zu Egger-Lienz, Josef Bachlechner und Lois Welzenbacher. Die zusammenfassende Einleitung ist bei aller Uebersichtlichkeit so sehr ins Detail gehend, daß es genügen kann, den übrigen Inhalt als Nachschlagewerk zu benützen. Ein genaues Personen- und Ortsverzeichnis erleichtert die Benützung ungemein.

Univ.-Prof. Dr. Anselm Weiflenhofer

(Fortietzung von Seite 6] und Einrichtungen staatlicher Nutzung unterworfen.

Diese Aufzählung der Nachteile, die der katholischen Kirche durch die nationalsozialistischen Entziehungsmaßnahmen zugefügt wurden, hebt nur übersichtsweise die wichtigsten Fälle vermögensrechtlicher Nachteile heraus. Daneben gibt es noch eine Reihe anderer Schädigungen, vor allem nichtvermögensrechtlicher Art, die gleichfalls eine dringende Wiedergutmachung erheischen; zum Beispiel steht der Gebrauch der politischen Exekution zur Einbringung der Kultusbeiträge allen übrigen Religionsgesellschaften zu, nur den unter das KBG fallenden Kirchen wurde sie entzogen; anders im sogenannten Altreich, wo die Kirchensteuer von den Finanzämtern eingehoben wurde. Gerade diese Maßnahme hatte allerdings finanzielle Auswirkungen, weil die.damit erzwungene Klageführung vor den Gerichten erheblich kostspieliger ist.

Schon aus den angegebenen Daten ist zu ersehen, daß es sich um ein dringendes Wiedergutmachungsproblem handelt. Es ist aber zu hoffen, daß das Ministerkomitee zu einer gerechten und allseits befriedigenden Lösung gelangt.

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