Monarchie & Kirche: Britische Verhältnisse

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60 Jahre steht Queen Elizabeth II. schon an der Staatsspitze von Großbritannien. Im Vorfeld des Jubiläums werden moderate Reformen im Verhältnis Monarchie und Kirche diskutiert.

In Großbritannien laufen die Vorbereitungen für die grandiosen Feiern anlässlich Queen Elizabeths diamantenem Thronjubiläum auf Hochtouren. Seit 1952 hat sich die Welt jedoch geändert und die Einwohner Großbritanniens stehen Institutionen wie der Monarchie, dem Parlament und der anglikanischen Kirche mit mehr Skepsis gegenüber. Die Kunst der königlichen Familie, zu überleben, bestand darin, sich anzupassen und die Grenzen ihrer Macht zu erkennen. Vorschläge für eine "Modernisierung light“ der Britischen Monarchie, dieser noblen Institution, sind in Planung.

Gleichberechtigung in der Thronfolge

Premierminister Cameron hat angekündigt, dass seine Regierung innerhalb der nächsten zwölf Monate eine Gesetzesänderung einbringen will, wonach die archaischen Regeln der Thronfolge reformiert werden sollen. Die Änderungen zielen auf ein Ende des Erstgeburtsrechts nur für männliche Thronfolger. Jüngere Söhne würden so nicht mehr älteren Töchtern vorgezogen werden. Dieser Schritt Richtung mehr Geschlechtergerechtigkeit ist unumstritten und wird von der Queen und der Königsfamilie unterstützt. Außerdem würde die Reform die jahrhundertelang bestehenden, religiös diskriminierenden rechtlichen Vorschriften beseitigen, die verhindern, dass jeder, der einen Katholiken heiratet, von der Thronfolge ausgeschlossen ist. Katholiken wird es jedoch weiterhin verwehrt sein, König oder Königin von Großbritannien zu werden.

Experten wiesen auf den Widerspruch eines teilweisen Endes der Diskriminierungen hin. Ihrer Meinung nach wären Katholiken normalerweise verpflichtet, ihren Glauben an ihre Kinder weiterzugeben, was die Thronfolge automatisch ausschließe (auf dieses Erfordernis kann jedoch mittels päpstlichen Dispenses verzichtet werden).

Die Thronfolge geschieht automatisch und "effektiv“ stirbt der Monarch nicht. Die Krönung erfolgt anlässlich einer Zeremonie, in der auch die Kommunion mit der anglikanischen Kirche gefeiert und der Schwur, die protestantische Religion zu bewahren und ein gläubiger Protestant zu sein, geleistet wird. Der Monarch ist Staatsoberhaupt und gleichzeitig oberster Gouverneur der anglikanischen Kirche (nicht Oberhaupt der Kirche, da diese Rolle allein Christus zukommt). Nach dem "Act of Union“ von 1707 ist es die Aufgabe des Monarchen, die "Church of Scotland“ - eine presbyterianische Kirche - zu bewahren. Der Souverän ist jedoch nicht oberster Gouverneur der schottischen Kirche, welche Christus als ihren alleinigen Souverän ansieht. Die Queen ist daher, sobald sie die Grenze nach Schottland übertritt, ein einfaches Mitglied der Church of Scotland, also eine Presbyterianerin. Der erste Minister Schottlands und Parteivorsitzende der Schottischen Nationalpartei, Alex Salmond, hat im Falle der schottischen Unabhängigkeit angekündigt, die Queen weiterhin als Staatsoberhaupt ansehen zu wollen. Trotzdem beurteilt er die Regelung, welche keinen katholischen Monarchen erlaubt, kritisch.

Kein Katholik darf auf den Thron

Der sogenannte Bruch mit Rom, der dem Papst rechtlich die Jurisdiktionsgewalt über England nahm, erfolgte unter Heinrich VIII. im 16. Jahrhundert. Die päpstliche Vormachtstellung wich der königlichen und der Ecclesia Anglicana. Um die protestantische Erbfolgelinie zu sichern, wurde später das Verbot der katholischen Thronfolge erlassen. Ohne dieses Verbot, behaupten Forscher, würde Großbritannien heute von einer Queen Mary, einer italienischen Gräfin, mit ihrem in Rom lebenden, Hunde züchtenden Fotografensohn als Erben, regiert werden. Obwohl Katholiken heutzutage nicht, wie noch vor Jahrhunderten, als große Gefahr für die nationale Sicherheit angesehen werden, besteht nicht das Bedürfnis nach radikalem Wandel. Die Queen selbst hat einen Schwur geleistet, das bestehende System zu erhalten und kein Mitglied etablierter Zirkel möchte eine Wiederkehr antikatholischer Ressentiments in einem Jubiläumsjahr provozieren.

Großbritannien steht mit seinem religiösen Verbot in Europa keineswegs alleine da. Gemäß der dänischen Verfassung beispielsweise, muss der Monarch ein Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche sein. In Schweden bedarf es ebenfalls des evangelischen Glaubens. Vor einigen Jahren strengte die Zeitung The Guardian mit rechtlicher Unterstützung ein Verfahren an, wonach die Aufrechterhaltung des Verbots eines katholischen Monarchen gegen die von Großbritannien unterzeichnete europäische Menschenrechtskonvention verstoße. Das Gerichtsverfahren verlief jedoch negativ, da das Recht, König oder Königin zu werden, nicht als solches ein "Menschenrecht“ darstellt.

Reform nur schwer durchführbar

Gemäß einer Verfassungskonvention muss die geplante Reform nicht nur vom Parlament in London, sondern auch von allen Legislativen der 15 Commonwealth-Staaten, denen die Queen als Staatsoberhaupt vorsteht, abgesegnet werden. Dies inkludiert Kanada, Neuseeland, Australien und eine Reihe Inseln, wie Jamaika, Bahamas, Papua-Neuguinea und Tuvalu. In einigen, wie z.B. Quebec, finden sich große katholische Glaubensgemeinschaften, die die Modernisierungsbestrebungen als nicht weitgehend genug ansehen könnten.

Schätzungen zufolge gehen in Großbritannien inzwischen knapp mehr Katholiken als Anglikaner regelmäßig in die Kirche. Während zwei Drittel (Zahl sinkend) der Bevölkerung sich als Christen bezeichnen, fühlt sich inzwischen ca. ein Viertel - bei steigender Anzahl - keiner Religion zugehörig. Die anglikanische Kirche veröffentlichte Zahlen, wonach 40 Prozent aller Christen Anglikaner seien. Eher ungewöhnlich ist, dass sich in den Reihen der britischen Legislative Würdenträger der anglikanischen Kirche finden. Im House of Lords haben zwei Erzbischöfe und 24 Bischöfe Sitz- und Stimmrecht. Jede, normalerweise täglich stattfindende, Sitzung wird mit einem Gebet eröffnet. Reformbestrebungen, die eine Verkleinerung des Parlaments zum Ziel haben, würden auch die Zahl der "Lords Spiritual“ auf zwölf reduzieren.

Nur mehr zwölf Bischöfe ins Oberhaus?

Als nach dem Tod König George VI. Elizabeth die Thronfolge antrat, zeigte sich die seltsame pragmatische Natur der Monarchie. George VI. hinterließ zwar zwei Töchter, Elizabeth und ihre jüngere Schwester Margaret, aber keine Söhne. Während die zwei Schwestern, unabhängig ihres Alters, zwar vom Rang her gleich sind, wurde Elizabeth zur Königin erkoren, um eine Doppelmonarchie oder zwei Königinnen zu vermeiden. Prinz Charles hat mehrmals betont, dass die katholische Religion, ebenso wie der Islam und der Hinduismus, wichtig im heutigen multikonfessionellen Großbritannien sind. Er sprach davon, einen Schwur als "Glaubensverteidiger“ zu leisten, und nicht um "den Glauben“ zu verteidigen. Oft wurde spekuliert, dass Charles zugunsten seines in der Bevölkerung beliebten Sohnes William auf den Thron verzichten würde. Experten sind allerdings der Meinung, dass es eines formellen Verzichtsakts und der Zustimmung der 16 Parlamente des Commonwealth, darunter London, bedarf. Es ist daher auch in Zukunft, wie schon in der Vergangenheit, wahrscheinlich, dass die Monarchie zu Zugeständnissen bereit sein wird, um ihre weitere Existenz und breite Anerkennung in der Bevölkerung zu sichern.

Die Autorin, gebürtige Engländerin, ist Politologin, langjährige Professorin der Diplomatischen Akademie Wien sowie Vizepräsidentin des Instituts für Parlamentarismus Wien

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