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Leiden in Schweigen wird noch bewundert

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Der „Krieg der Bücher hat es bewirkt. Die Monarchie, so fürchtet man an der Themse, ist in der größten Krise seit der Abdankung von Edward VIII. im Jahre 1936.

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Der „Krieg der Bücher hat es bewirkt. Die Monarchie, so fürchtet man an der Themse, ist in der größten Krise seit der Abdankung von Edward VIII. im Jahre 1936.

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Thronfolge, und Harry müssen aus der Zeitung erfahren, daß die Eltern eine lieblose Ehe geführt haben und nun ihre Streitigkeiten durch Mittelsmänner vor aller Welt austragen. Aus dem Fernsehen haben sie auch das Geständnis ihres Vaters vernom men, daß er eine Liebschaft hat.

Der Dekan der St. Pauls Kathedrale, Eric Evans, hält dem Thron folger vor: ,,I>eiden in Schweigen ist eine Eigenschaft, die wir in England immer noch bewundern.“ Trotzdem: der Prälat hätte keine Vorbehalte, einem Charles III. die Krone aufs Haupt zu setzen.

Der Prinz ist durch Enthüllungen seiner Frau, die sie über Freunde dem Biographen Morton zugespielt hat, zur Witzfigur und zum Hausty rannen gestempelt worden. Und was die demnächst erscheinende Fortsetzung „Diana, ihr neues Leben“ mit ihrer Version der Ereignisse auf Lager hat, davon gibt ein französisches Journal mit erschwindelten Unterlagen einen Vorgeschmack.

Die Prinzessin legt sich den Titel „Gefangene von W ales“ zu und betrachtet sich als die „weltgrößte Pro stituierte“, weil sie angeblich vom Palast nach allen Regeln der Kunst ausgenützt worden sei. Durch schonungslose Offenherzigkeit suchte Charles dieses Bild zu korrigieren. Offensichtlich bedauert er nichts. In der Bevölkerung sind ihm Sympa thien gewiß. Der einstige Staatsse kretär Alan Clark verteidigte den Thronfolger und forderte die Queen zum Rücktritt auf. Nur auf dem Thron könne Charles seine reichen,

durch die lange Wartezeit verkümmerten Fähigkeiten ausspielen.

Premierminister Major wird von Abgeordneten gedrängt, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Scheidung von Diana und Charles zu erreichen. Je schneller, umso besser, auf daß die „griechische Tragödie“ (Charles) ein Ende find!? und die Monarchie vor größerem Schaden bewahrt bleibe. Am 9. Dezember wird es zwei Jahre, daß Charles und Diana offiziell getrennt leben. Dann ist ein verhältnismäßig schmerzloser Strich unter eine mißglückte Verbindung möglich.

Kann ein geschiedener Charles König und damit formell auch Oberhaupt der Kirche von E.ngland werden? Der englischen Geschichte fehlt ein Präzedenzfall. Kein Hin-

Nach Publikationen, zahlrei chen Enthüllungen um beißenden Kommentaren de: Regenbogenpresse ist das Magisch« der Krone verblaßt, die britisch« Monarchie in Mitleidenschaft gezo gen. Das Schlimme daran: Die Mit glieder der nationalen Vorzeigefami lie haben ihre Finger im Spiel.

Thronfolger Charles scheute siel nicht, ungeniert darzulegen, was früher vorsorglich vor der Offent lichkeit verborgen gehalten worden ist: die Privatsphäre der Royals. Ei durchbricht den alten I^itsatz im Palast: keine Erklärungen und keine Entschuldigungen.

Es ist ernüchternd, was er aus einer Mischung von Selbstmitleid und -zweifei dem seriösen Journalisten Jonathan Dimbley in die Feder diktierte oder durch eine Fülle von überlassenen Dokumenten und Briefen dem Autor zur Interpretation überließ.

Charles berichtet sein Leben, mit dem er nach eigenem Geständnis selbst nicht fertig zu werden glaubte. Er zerstört den Mythos einer glücklichen Familie, die dem Volk als Musterbeispiel von Harmonie und Einklang vorgehalten wird. Es drängt ihn zu sagen, was seiner Meinung nach die Untertanen von ihrem künftigen König wissen sollen.

Ein gestrenger Vater, der aus dem schwächlichen Bürschchen einen Mann machen will und ihn in die „Hölle“ der spartanischen Schule von Gordonstoun schickt, wo die Mitschüler ihn hänseln und drangsalieren. Die königliche Mutter hat wenig Zeit, sich dem Erstgeborenen zu widmen, wenig «Talent, dem Sohn ihre Liebe auch zu zeigen. Er ist so schwach, daß er sich vom väterlichen Herzog gar in eine Ehe ohne Liebe drängen läßt.

Die schöne Prinzessin wird in der Biographie als eine „gestörte“ Frau beschrieben, getrieben von Eifersucht (besonders auf Charles1 Geliebte Camilla Parker Bowles) und Selbstzweifel, kapriziös und ständigen Stimmungsschwankungen unterworfen. Ihre Selbstmordversuche, die schon in Andrew Mortons Bestseller „Diana, ihre wahre Geschichte“ bezeugt sind, werden im „Prinzen von Wales“ bestätigt. Anscheinend berührte es den Gatten kaum, als sich die Prinzessin mit einem Fruchtschäler die Pulsadern aufzuschneiden versuchte.

Oh, hätte er doch geschwiegen, seufzen Anhänger des Königshauses, die ihm nicht verzeihen, daß er mit der Monarchin ins Gericht gegangen ist. Sie sorgen sich um die beiden Söhne. William, Zweiter in der ernis durch das Gesetz für einen ge chiedenen Monarchen stellen Ver assungsexperten fest.

Bischof John Taylor von Alban: erweist auf das kanonische RSi md „eine kirchliche \ ollmacht it lusnahmefällen“ für g«‘schiedew ‘riester. „Wenn diese Analogie au! inen geschiedenen und wieaerver ieirateten Souverän z.utriftt“, daM nüßte Charles der Staatskirche at Iberhaupt „akzeptabel“ sein ‘atsächlich gibt es von rechts ‘vegea iur einen Grund für den AusscbW on Thron und Kirchenführung: renn ein Anwärter zum kathoü- rhen Glauben Übertritt.

Wie aber übersteht die Monaid* me Stürme, die durch die tragikp- nische königliche Seifenoper aus- elöst worden sind? PrtiÜMH ‘hilip vertraute vor der erfolg0’ hen Reise der Königin nach M#- au (dazu Seite 7) einer Zeitung3^

s gebe „eine vollkommen vernüBj ige Alternative“ zur konstitutiOll*? m Monarchie: die Republik "“fl prn sie von der BevölkeruOflM .ülischt würde. . ,

Diese aber hält am Könifl^J pst. Nach den letzten Meinung® ragen brechen sieben von 7-I« pn eine I^anze für ihr KöOlf^H Ytmigor sicher sind sie sieb a ings darüber, ob die Monal®fi inom halben Jahrhundert rio heute bestehen wird: nuTi® .weite ist davon überzeugt. „

Um eine Reform wird das e I! ehe Königtum nicht herUl* ;ien. Wie man es dreht oder**’ .. ie auf Erbrecht und rundende Monarchie ist m»® er Zeit ein \narhronisffl»‘- olksnahen und ungeifl^^H ulären Königshäuser *n ^ yia. ien und Spanien weisen den ie aber werden auf der jn5P ls die „radfahrenden Mon

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