Prinz

Zum Tod von Prinz Philip: Kollektive Katharsis

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Das Ableben von Prinz Philip und seine Beisetzung beherrschen weltweit die Schlagzeilen. Was steckt hinter der Anziehungskraft der Windsors? Über ein anachronistisches System in einer modernen Gesellschaft.

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Das Ableben von Prinz Philip und seine Beisetzung beherrschen weltweit die Schlagzeilen. Was steckt hinter der Anziehungskraft der Windsors? Über ein anachronistisches System in einer modernen Gesellschaft.

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Ein Mann trägt keine Röcke. Davon war der junge Prinz Philip überzeugt. Trotzdem war er gezwungen, bei seinem allerersten Zusammentreffen mit dem britischen König Georg VI. aus protokollarischen Gründen einen Kilt anzuziehen. Er schlüpfte gehorsam in den traditionellen schottischen Männerrock, aber konnte sich einen sarkastischen Kommentar nicht verkneifen: Als er schließlich seinem künftigen Schwiegervater gegenüberstand, begrüßte er diesen mit einem vollendeten Knicks. Der König, so heißt es, sei „not amused“ gewesen. Auch in späteren Jahren erregte Philip mit eher undiplomatischen Ansagen Aufsehen. „Wissen Sie, dass es jetzt auch Hunde gibt, die für Magersüchtige das Essen übernehmen?“, erklärte er einer blinden Frau im Rollstuhl, als er ihres Blindenhundes gewahr wurde. Den früheren deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl begrüßte er mit den Worten: „Willkommen, Herr Reichskanzler.“

Zwischen Soap und Märchen

Seine schrägen und politisch unkorrekten Wortmeldungen machten Prinz Philip zeitlebens zu einem der beliebtesten Mitglieder der britischen Königsfamilie. Am vergangenen Freitag ist der Prinzgemahl von Königin Elisabeth II. im Alter von 99 Jahren gestorben. Über sein Ableben wie über die Beisetzung auf Schloss Windsor wurde und wird groß in allen Zeitungen, Fernsehstationen und Internetplattformen berichtet. Dabei verfügte Philip über keinerlei politische Macht und musste bei offiziellen Anlässen stets zwei Schritte hinter seiner Gemahlin einherschreiten.

Aber er war eben Mitglied der Royal Family. Dass sich Menschen in aller Welt für Königshäuser und Herrschergeschlechter interessieren, hat vielerlei Gründe: Zum einen liegt das an den Geschichten, mit denen heutzutage so gut wie jedes Kind aufwächst. Könige, Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen, die auf Schlössern in unermesslichem Luxus leben, gehören zum Figureninventar in Grimms Märchen ebenso wie in Disney­Filmen. Die Bewohner von Buckingham Palace und Schloss Windsor in ihren opulenten Roben und ordengeschmückten Uniformen kommen diesen Märchengestalten ziemlich nahe und faszinieren daher auch Menschen, die noch nie einen Fuß auf die Britischen Inseln gesetzt haben.

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