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Die Wunder von Lourdes

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...UND ICH WERDE GENESEN SEIN. Autobiographie von Edeltraut Fulda. Paul-Zsolnay- Verlag, Wien. 365 Seiten. 11 Abbildungen.

Das medizinische „bureau" von Lourdes befleißigt sich äußerster Strenge in bezug auf die Heilungen, die in der kleinen Pyrenäenstadt seit hundert Jahren geschehen. Das „bureau" steht auf dem Standpunkt, daß die Aerzte, die bei ihm arbeiten, in erster Linie Wi enSChäfter seien, die ihre Arbeit ohne irgend- welthe religiöse Rücksichten zu verrichten hätten. Vor allem sei es nicht Aufgabe des medizinischen Büros von Lourdes, festzustellen, ob ein Wunder vorliege oder nicht. Dies sei Aufgabe der Kirche. Seine Aufgabe sei lediglich, nachzuweisen, ob eine stattgefundene Heilung auf natürlichem Wege zu er- erklären sei oder nicht. Bevor es zu einer solchen Erklärung des „bureau" kommt, finden genaueste Untersuchungen und neuerliche Kontrolluntersuchungen statt. Die Zahl der Heilungen, die das Büro als auf natürlichem Wege nicht erklärbar anerkennt, ist somit nicht groß. Die Zahl dieser Heilungen, die von der Kirche außerdem als wunderbare deklariert werden, ist noch geringer. Innerhalb der hundert Jahre, in denen es ein „Lourdes“ gibt, wurden somit von der Kirche nur etwas mehr als fünfzig solcher Heilungen als wunderbare anerkannt.

Eine dieser anerkannten Heilungen vollzog sich an der Wiener Tänzerin Edeltraut Fulda, die knapp vor dem zweiten Weltkrieg eine unheilbare Nebennierenerkrankung befiel- und die dann durch dreizehn Jahre von Arzt zu Arzt, von Krankenhaus zu Krankenhaus, von Heilversuch zu Heilversuch, von Operation zu Operation geschleppt wurde. Ein elendes Bündel Mensch, das schließlich, aufgegeben von allen Aerzten, ihre letzte Hoffnung auf „Lourdes" setzt. 1950 reist sie dorthin, wird am 12. August geheilt und bleibt seit diesem Augenblick geheilt. 1954 erklärt das „bureau", daß ihre Heilung mit natürlichen Dingen nicht erklärt werden kann, 1955 die Kirche, daß diese Heilung als eine wunderbare anzusehen sei.

lieber die Zeit ihrer Erkrankung und ihrer Heilung 'hat Edehraut Fttlda ein Buch geschrieben, dem:’ auf weite Strecken Tagebuchaufzeichnungen zu grunde liegen. Sie ist keine Schriftstellerin, kein Routinier der Feder, nicht einmal ein guter Schreiber. Der Verlag hat glücklicherweise ihre Niederschrift nicht überarbeitet und ihren Zeilen damit den Hauch der Ursprünglichkeit bewahrt. Mit Erschütterung, mit Schrecken, mit Grauen durchwandert der Leser mit der einst lebenslustigen Tänzerin die hoffnungslosen Jahre des Siechtums, des langsamen Absterbens, des Aufgegebenseins. Ihre Affekte, ihr Mißtrauen, das sie gegen Aerzte, gegen Krankenhäuser so oft empfindet, muß er verstehen, wenn er sich in ihre ausweglose Situation hineindenkt. Mit großer Neugierde nähert sich der Leser der Stelle des Buches, in der das Wunder von Lourdes, das an ihr geschah, geschildert werden soll. Doch die Neugierde wird — glücklicherweise — enttäuscht. Denn die Verfasserin kann den Vorgang des Wunders nicht beschreiben. Sie kann nur schildern, wie sie in das eiskalte Wasser der Picinen stieg, vor Kälte kaum eines Gedankens der Reue fähig, beim Verlassen des Wassers nur einen flüchtigen Kuß auf die aufgestellte Muttergottesstatue drückte und ohne etwas Besonderes zu spüren, plötzlich geheilt war und es auch blieb.

Die letzte Tagebuchaufzeichnung aus dem Jahre 1959 gibt die Stimmung dieser Geheilten wieder, an der die Kraft Gottes so sichtlich offenbar wurde: „Inzwischen ist das Leben weitergegangen, das Leben, das ich neu geschenkt bekommen habe. Und ich freue mich — ich freue mich auf alles, was noch kommen wird... alles Kleinste und alles Größte. Und Er geht mit mir. Er, der mein Leben in Seiner Hand hält, in jener Hand, die Er mir in Lourdes gereicht hat und die ich nicht mehr loslassen will. Ja, mit Ihm geht das Leben weiter ...“

Aus diesen Zeilen spricht das eigentliche große Geheimnis von Lourdes, dessen auch alle jene vielen teilhaftig werden, die Lourdes nicht als Geheilte verlassen: „Mit Ihm geht das Leben weiter.“

WENN DER HIMMEL SPRICHT. Ein Roman um Bernadette Soubirous. Von Ludwig Lenzen. Paulinus-Verlag, Trier, 278 Seiten.

Das große Verdienst des Buches von Franz Werfel über Bernadette Soubirous besteht nicht nur darin, daß „Lourdes" endlich in der ihm1 gebührenden Form breiten Kreisen einer ahnungslosen Oeffentlichkeit bekannt wurde, sondern auch darin,

daß alle jene, die seither über Lourdes schreiben, es sich gefallen lassen müssen, an Werfels Meisterwerk gemessen zu werden. Werfel hat die Leser verdorben, sogar die katholischen. Denn selbst diese wollen sich nicht mehr mit erbaulichen, aber einfältigen Büchern zufriedengeben, sondern verlangen kräftige Kost. Eine solche gewährt ihnen das Buch von Lenzen, das die Geschichte der kleinen Bernadette vom Beginn der ersten Erscheinung, die ihr zuteil wurde, bis zur Freigabe der von den Behörden gesperrten Grotte durch Kaiser Napoleon erzählt. Mit festen Strichen, einfachen, klaren und schönen Sätzen, die dem Buch eine weite Verbreitung sichern könnten. Was zu begrüßen wäre, denn das Wunder von Lourdes sollte in das Bewußtsein immer weiterer Kreise dringen.

DAS MÄDCHEN VON LOURDES. Von Alma Holgersen. Verlag Herold, Wien. 152 Seiten. Preis 45 S.

Den im gleichen Verlag erschienenen Büchern „Die Kinder von La Salette" und „Die Hirtenkinder von Fatima“ läßt nun die Verfasserin in Form einer „Erzählung für die Jugend“ ein Buch über die heilige Bernadette Soubirous folgen. Es schließt sich eng an die geschichtlichen Tatsachen an, die Lourdes und Bernadette in der ganzen christlichen Welt bekanntgemacht haben. Besonders anziehend wirkt an diesem heiligen Gnadenkind die urwüchsige Originalität, die es sich bis zu seinem frühen heiligen Sterben als Ordensschwester bewahrt hat. Das Buch, dessen Wert die ansprechend modernen Zeichnungen von Tony Bachem-Heinen erhöhen, gehört in jede christliche Familien- und Volksbibliothek.

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