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Was ist mit einer Wiedergutmachung?
Gerade jetzt, da der Herr Generalintendant Bacher in Alpbach über ein so interessantes Thema wie — „Bildung oder Halbbildung durch die Massenmedien“ sprach, hat das Fernsehen einen Film über Lourdes ausgestrahlt (20. August 1973, Zweites Programm).
Die photographische Qualität des Filmes war so mangelhaft, wie es höchstens bei historischen Dokumentaraufnahmen gerechtfertigt sein kann, und zwar nicht nur in rein technischer Beziehung. Kein Mensch, der nie in Lourdes war, konnte sich danach ein auch nur halbwegs zutreffendes Bild über die Lage der Pyrenäenstadt und über die Anlage des Heiligen Bezirkes machen. Von der Atmophäre gar nicht zu reden, die gelegentlich durch musikalische Untermalung zusätzlich verfälscht wurde. (So muß in der Grotte, wenn nicht gerade Messe gelesen wird, immer tiefes Schweigen herrschen; die Menschen gehen keineswegs unter Absingung sentimentaler Weisen hindurch, sondern in stillem Gebet.) Vom Gottesdienst in der modernen Pius-Basilika wurde nur der den Gesang der — Zehntausende dirigierenden — Geistlichen in Großaufnahme gezeigt: weder die eigenartige, den Umständen so großartig angepaßte Architektur, noch die schöne, meditative Sakramentskapelle; schon gar nicht wurde das einzigartige Miteinanderfeiern der Kranken und Gesunden aus allen Völkern der Erde sichtbar oder hörbar.
Der junge soziologische Kommentator sprach zwar viel über die Wunderheilungen und betonte, daß sich, seiner Meinung nach, die Abgrenzung des Wunderbaren vom Natürlichen in den letzten Jahrzehnten durch die Erkenntnisse der psychosomatischen Medizin verschoben habe. Aber hiezu — und überhaupt —
kam kein einziger Arzt zu Worte! Hingegen wurde behauptet, daß zwei katholische Ärztekommissionen unerklärliche Heilungen (nach überholten Kriterien) feststellen. Das stimmt einfach nicht, denn die Pariser Kommission besteht gerade nicht aus Katholiken!
Der vorgestellte Fall einer vor Jahrzehnten geheilten Klosterfrau, die multiple Sklerose im letzten Stadium hatte und deren Heilung von der Kirche als Wunder anerkannt wird, war durch die Art der Repräsentation geeignet, Zweifel an der „Echtheit“ der Krankheit — und also der Heilung — zu erwecken: die einfache, nicht gebildete Frau wurde über ihre damaligen Symptome befragt) und gab laienhaft-unsachliche Auskünfte. Hätte man nicht bessser die Ärzte darüber befragen müssen, zumindest aber die Protokolle zitieren, die ja in Lourdes durchaus zugänglich sind?
Auch die einfache alte Frau, die man über die Vorgangsweise in den Piszinen interviewte, mußte den Eindruck verstärken, daß nur recht beschränkte Menschen an Lourdes „glauben“. Die eingeblendeten Predigtfetzen konnten diesen Eindruck nur bestätigen. Als werde in Lourdes vorwiegend primitiver Antikommunismus religiös untermauert!
Ferner wurde behauptet, der Kirche seien damals die Phänomene äußerst erwünscht gewesen, um ihre Positionen zu stärken; eine Bemerkung über den damaligen Bischof von Tar-bes war so zweideutig, daß man, wenn man wollte, auch vermuten konnte, er habe vielleicht ein wenig „nachgeholfen“. Kein Wort davon, daß die Kirche in allen ihren Instanzen den Ereignissen zunächst höchst ablehnend und übervorsichtig gegenüberstand und daß schließlich Napoleon III.
es war, der den freien Zutritt zur Grotte durchsetzte.
Kein Wort über die strengen Verhöre Bernadettes, die allerdings auch die Behauptung, sie sei ein „debiles Kind“ gewesen, ad absurdum führen müssen durch ihre klaren, eindeutigen, nicht zu verwirrenden Aussagen!
Kann man übrigens einen in Konkurs gegangenen Geschäftsmann, der sich nie etwas zuschulden kommen ließ, außer, daß er Schuldnern gegenüber zu nachsichtig war, als „asozial“ bezeichnen, nur weil er mit seiner Familie in einem ehemaligen Gefängnis wohnte —? Das wurde nicht gezeigt, ebensowenig wie das Geburtshaus Bernadettes, ebensowenig wie die (ständig im Museum ausgestellten) frühen Dokumente über die ersten Wunderheilungen.
In der seinerzeitigen Serie über die Religionen der Erde wurden fremdartige religiöse Bräuche und Riten in wunderbaren, eindrucksvollen Aufnahmen vorgeführt und die Kommentatoren bemühten sich, Interesse, Verständnis und Ehrfurcht zu erwecken.
Die Katholiken dieses Landes aber schockiert man mit einem abwertenden Film über ihren bedeutendsten Wallfahrtsort, einen Film, der sogar manche Fakten entstellt. Zum Schluß wurden wir noch aufgeklärt, Bernadette stünde den Kranken und Leidenden näher als der Kirche, und Lourdes ersticke den Aufschrei der von der „Gesellschaft“ Abgeschobenen. Offenbar verhindert der Trost, den sie dort finden, ihre viel wirksameren Sit-ins und anderen Proteste?
Sicher bin nicht ich allein der Meinung, daß der ORF uns eine Wiedergutmachung schuldet in Gestalt einer seriösen Dokumentation, vielleicht sollte auch eine Reprise des Films „Die Quelle“ erwogen werden?
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