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Zufrieden mit neuen Bischöfen

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Friede in Holland? Die jüngsten Bischofsernennungen in der niederländischen Kirchenprovinz scheinen Dialogbereitschaft zu signalisieren.

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Friede in Holland? Die jüngsten Bischofsernennungen in der niederländischen Kirchenprovinz scheinen Dialogbereitschaft zu signalisieren.

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Der Papst ernennt zwei holländische Bischöfe und alle jubeln. Es klingt fast zu schön um wahr zu sein, hatten doch seit 1970 nahezu alle Bischofsernennungen Anlaß zu heftigen Kontroversen gegeben. Trotzdem wurden die neuen Bischöfe Frans Wiertz von Roermond und Ad van Luyn von Rotterdam sowohl in progressiven als auch in konservativen Kreisen positiv begrüßt. Insbesondere galt dies für den 50jährigen Wiertz, der vor einigen Monaten die Nachfolge des „erzkonservativen“ und unpopulären Jo Gij- sen angetreten hat. Gijsen galt als dogmatisch, dialogunfähig und wenig umgänglich. Auf keinen Fall jemand mit Gefühl für den volkstümlichen Glauben, wie es ihn in der durch und durch katholischen Provinz Limburg gibt.

Ganz anders Wiertz, „ein angenehmer und gemütlicher Mensch mit einer großen Dosis Humor“, meint Administrator Haye van der Meer, der die Diözese interimistisch geführt hat. Selber bezeichnet der neue Kirchenfürst sich als „ganz normalen Pfarrer“. „Das mag einfach klingen, aber es ist eine sehr komplizierte Arbeit.“ Tatsächlich ist Wiertz der erste „normale“ Pfarrer, der seit 1956 zum Bischof ernannt wurde.

Theologisch gilt er als fast unbeschriebenes Blatt, ein Umstand, der

die Tageszeitung „Trouw“ zu einer der wenigen kritischen Stellungnahmen verleitet hat. „Dialogbereitschaft ist wichtig, und der Himmel weiß, wie sehr es daran gefehlt hat. Aber für das Gespräch mit den spirituell, theologisch und kulturell weit auseinandergewachsenen Gläubigen braucht man noch etwas anderes: einen intellektuellen Hintergrund und eine Verwurzelung in unserer pluri- formen, säkularisierten, demokratischen Kultur.“ Wenn er auch nie als Gefolgsmann Gijsens galt, offene Kritik an seinem Vorgänger hat Wiertz nicht ausgeübt.

Trotzdem wurde die Bischofsweihe in vieler Hinsicht zu einem Fest der Versöhnung. Eine so prononcier- te Kirchenkritikerin wie Wies Stael- Merkx, die ehemalige Vorsitzende der ,,8.-Mai-Bewegung“, war ebenso eingeladen wie politische Prominenz. Und nach 22 kargen Gijsen- Jahren erlebte Roermond wieder ein richtiges kirchliches Volksfest.

Schwerer als Wiertz dürfte es der neue Bischof von Rotterdam haben. Denn Ad van Luyn - bis jetzt Generalsekretär der Kirchenprovinz übernimmt nicht nur die am meisten säkularisierte Diözese, außer

dem wirft der Abgang seines Vorgängers Ronald Bär dunkle Schatten. Laut hartnäckigen Gerüchten hätten konservative Kirchenkreise ihn mit Geschichten über homosexuelle Kontakte zum Rücktritt gezwungen. Bär galt zwar nicht als progressiv, aber für seine Gegner hätte er doch zu viel den Kontakt zu progressiven Kreisen gesucht.

Etwas was man auch von seinem Nachfolger erwartet. Im Gegensatz zu Wiertz gilt van Luyn übrigens als ruhiger und ernster als sein Vorgänger. Jedoch auch als fähiger Ver- handler mit einem offenen Ohr für gute Argumente.

NÜCHTERNER BERICHT AN ROM

Der von ihm verfaßte episkopale Bericht an Rom wurde als nüchtern und zukunftsorientiert beurteilt, weder ein Jubelgesang, noch eine Elegie. Ob er auch die Beziehung zum starken progressiven Flügel der Kirche verbessern wird können, ist eine andere Frage. Laut Fred Kesen, einem bekannten Arbeiter-Priester in Rotterdam, ist es gerade durch die Ernennung konservativer Bischöfe zu einem gewaltigen Aufschwung der Selbständigkeit der Gläubigen gekommen. „In der Hinsicht wäre es vielleicht sogar am besten, wenn es in Holland sieben Gijsens gäbe.“ Für die Gemeinden, mit denen Kesen sich selbst beschäftigt, ist der Kurs des Episkopats längst zu einem zweitrangigen Thema-geworden. Da geht es um Dinge wie die Wiederbelebung der Gemeinschaft als Ursa- krament.

Zurückhaltend ist auch eine Mitarbeiterin im Arbeitskreis „Frau- Glaube-Leben“: „Wir werden neuen Entwicklungen offen entgegentreten, aber selber keine Initiative in Richtung Bischof unternehmen. Darin sind wir ganz eindeutig.“

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