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Bevölkerungswachstum — noch nicht bedrohlich?
Im September tritt in Kairo die „Internationale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung" zusammen. Gegen den vorliegenden Dokumententwurf wurden schwerste Einwände erhoben. Der Papst und viele mit ihm prangerten an, wie einseitig Beschränkung des Bevölkerungswachstums als Lösung des Entwicklungsproblems gesehen wird, daß der Staat Zwangsmaßnahmen der Geburtenkontrolle setze, die naturgegebene Bedeutung der Familie und ihrer Rechte mißachte und nahezu ein Recht auf Abtreibung proklamiere. In Kairo wird sich zeigen, wie die „reiche" Welt ihre Verantwortung gegenüber der „armen", ja der Zukunft der Menschheit überhaupt wahrnimmt.
Aber ebenso zu kritisieren'sind die, die das Bevölkerungswachstum verharmlosen, von übertriebenen „Alarmmeldungen" reden und dhlse als „unbegründet, heuchlerisch und falsch" hinstellen. In meinem eigenen „kurzen" Leben hat sich die Weltbevölkerung mehr als verdoppelt, und diese Entwicklung geht sprunghaft weiter. Die katholische Kirche hat auf dem Il.Vatikani-schen Konzil unmißverständlich zur „verantworteten Elternschaft" aufgerufen, und zwar ausdrücklich auch im Hinblick auf das Wohl der noch zu erwartenden Kinder und der ganzen Gesellschaft.
In den folgenden Sozialenzykliken, die sonst so realistisch und für viele fast provokant fortschrittlich sind, wird zu diesem brennenden Problem nichts gesagt. Und wenn, dann steht die Verurteilung der Empfängnisverhütung im Vordergrund, und dem Bevölkerungsüberschuß im Süden wird wie zum „Ausgleich" der Geburtenrückgang im Norden entgegengehalten.
Die Enzyklika „Centesimus an-nus" erwähnt das Thema gerade noch unter dem Stichwort „menschenunwürdige Bevölkerungskontrolle" und spricht von einer „entstellten Auffassung des demographischen Problems". Diese Verharmlosung des Problems haben viele Katholiken und andere Menschen guten Willens mit großer Besorgnis registriert.
Müßte nicht gerade die katholische Kirche in ihrer Weltverantwortung das Problem der sprunghaft wachsenden Bevölkerung sehr realistisch sehen? Müßte sie nicht den Mut haben, auch in Entwicklungsländern viel deutlicher von der „verantworteten Elternschaft" zu reden? Nur wenn sie das tut, wird sie auch überzeugend gegen wirklich „imperialistische" Tendenzen der Konferenz von Kairo auftreten können.
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