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Kulturraum an der Donau

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Die meisten Besucher werden schon aufgrund der beiden Veran- staltungsorte Wien und Budapest den Kulturraum Pannoniens ken- nenlernen. Pannonien war und ist ein Nährboden von Kulturen, ein Sammelbecken vitaler Völker, die in das Donaubecken einströmten und erst geordnet werden mußten, bevor sie dem Kontinent zum Nut-

zen gereichten. Ordnendes Element waren die Hauptstädte an der Donau, jenem wahrhaft europäi- schen Strom, an welchem sich römische Ruinen und byzantinische Kuppeln, Kathedralen und Syna- gogen, Barock und osmanische Architektur versammeln.

In der Region östlich von Wien wird die Archäologie ein Schwer- punkt sein. Auf Initiative des Lan- des Niederösterreich entsteht be- kanntlich auf dem Gelände der Römerstadt Carnuntum in den nächsten Jahren der „Archäologi- sche Park Carnuntum“. Dieses in Konzeption und Planung abge- schlossene Projekt soll zeigen, daß die antike Stadt gemeinsam mit Aquincum (Budapest) kulturell und wirtschaftlich jene zentrale Rolle spielte, die nach der Auflösung des Römischen Reiches die k. u. k. Städte Wien und Budapest über- nehmen sollten.

Die landschaftliche Attraktivität des Donautales und des westpan- nonischen Raumes rund um Preß- burg wird dabei genutzt, um dieses reiche archäologische und histori- sche Erbe nach internationalen Maßstäben der archäologischen Denkmalpflege zu präsentieren.

Das Schwergewicht dieses Ar- chäologieparks wird nicht im Spek- takulären mit Disneylandcharak- ter liegen, sondern schlicht und einfach in der langfristigen Siche- rung, Aufarbeitung und museolo- gischen Gestaltung der Ausgrabun- gen nach den Empfehlungen des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des Archäologischen Erbes. Wissenschaftlich fundierte Teilrekonstruktionen der freigeleg- ten Bauwerke, im Freien aufgestell- te Monumente, ausreichende Be- schilderungen und Beschriftungen werden die Antike verständlich ma- chen.

Die erste Stufe dieses Projektes reicht von 1988 bis 1993 und befin- det sich derzeit im Ausführungs- stadium. In Bad Deutsch Altenburg entsteht ein Museumsbezirk mit dem restaurierten und neugestalte- ten Römermuseum des bekannten, in Wien zu wenig beachteten Ar- chitekten Friedrich Ohmann als Mittelpunkt.

Das geplante Pf af f enbergmuseum wird die Funde des zerstörten Jupi- terheiligtums vom ehemaligen Stadtberg Carnuntums aufnehmen. Das teilrekonstruierte Amphithea-

ter der Lagerstadt soll für Veran- staltungeneingerichtet werden. Die Rekonstruktion eines antiken Tem- pels und einer Straßenhalle in der Zivilstadt Carnuntum bei Schloß Petronell wird als Grabungsmu- seum eingerichtet und bereits die- sen Sommer eröffnet.

Der nächste Schritt wäre die Erweiterung des Angebotes im Rahmen der Weltausstellung 1995 durch die Errichtung eines Mu- seumsneubaues, in welchem die Leistungen Österreichs auf dem Gebiete der Limesforschung seit 1850 gezeigt werden könnten. Wie ein zwischen Niederösterreich und der Ungarischen Akademie der Wissenschaften auf dem Gebiet der Archäologie ausgearbeitetes Pan- nonien-Programm für 1995 offen- kundig werden ließ, haben unsere Nachbarn in dieser Hinsicht einen deutlichen Vorsprung. Die Schwer- punkte dieses Programmes sollen Vindobona (Wien), Carnuntum, Corsium (bei Szfkesfehervär) und Aquincum (Budapest) sein.

Neben dem Archäologiepark Carnuntum und den Marchfeld- Schlössern (siehe obenstehenden Beitrag) hätte Niederösterreich mit der Hainburger Au und dem ge- planten Nationalpark im Bereich von Carnuntum ein drittes Ange- bot für die Weltausstellung, in dem das Umwelt- und Naturschutzpro- blem unserer Tage zu Bewußtsein gebracht werden könnte. Wenn auch die Donauauen schon lange

nicht mehr jenes Ambiente aus- strahlen, wie es zum Beispiel Kron- prinz Rudolf erlebt und beschrie- ben hat, so ist diese Landschaft doch ein unschätzbares Naturju- wel, dessen Reserven zum Wohlbe- finden der Wiener und der Wien- Touristen gleichermaßen beitragen werden.

Niederösterreich vermag zweifel- los ein attraktives Rahmenangebot zur Weltausstellung beizutragen. Daneben könnten noch andere Bei- spiele aufgezeigt werden, die von Klosterneuburg über Krems und die Wachau bis nach Melk reichen. Der Schwerpunkt freilich wird zu Was- ser und zu Lande auf der Strecke von Wien nach Budapest et vice versa liegen.

Der Autor ist Landesarchäologe von Nieder- Österreich.

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