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Ephesos - Österreichs Jubiläum

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Bereits seit 1895 graben österreichische Archäologen in den Ruinen der antiken Metropole. Für die Finanzierung der „Erforschung des Orients” mußten damals Privatmäzene aufkommen.

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Bereits seit 1895 graben österreichische Archäologen in den Ruinen der antiken Metropole. Für die Finanzierung der „Erforschung des Orients” mußten damals Privatmäzene aufkommen.

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Die radikalen Sparmaßnahmen der Regierung hätten die vom Österreichischen Archäologischen Institut gemeinsam mit dem Kunsthistorischen Museum geplante Ausstellung „100 Jahre österreichische Forschung in Ephesos” fast zum Platzen gebracht. Mit Hilfe privater Sponsoren will der neu bestellte Direktor des Österreichischen Archäologischen Instituts, Fritz Krinzinger, diese Dokumentationsschau dennoch realisieren. Möglichst dort, wo sich bereits Fundobjekte wie die großartigen Reliefplatten vom Parther-Monument der einstigen griechisch-römischen Metropole aus den Grabungsjahren 1895 bis 1905 befinden: im 1978 gegründeten Ephesos-Museum in der Neuen Hofburg in Wien, ein Termin steht noch nicht fest.

Stattfinden werden auch die übrigen Jubiläumsveranstaltungen, darunter ein Staatsakt in Ephesos, das gemeinsam mit dem Österreichischen Kulturinstitut in Istanbul sowie türkischen und österreichischen Wirtschaftsuniversitäten abgehaltene Seminar „Archäologie und Tourismus” und als Ausklang im November sowohl ein Symposion mit Wissenschaftlern aus aller Welt als auch die konzertante Aufführung der spätromantischen Oper „Wirrwarr in Ephesos” des tschechischen Komponisten Jan Krejci im Wiener Konzerthaus. Kostenpunkt: voraussichtlich 3,5 Millionen Schilling, die mittels eines gemischten Budgets aufgebracht werden sollen, um die Leistungen österreichischer Wissenschaftler im jährlich von mehr als zwei Millionen Besuchern besichtigten Grabungsgelände entsprechend zu würdigen.

Die Ruinen von Ephesos liegen in einer fünf Kilometer breiten und zehn Kilometer langen Ebene. Diese war bis vor Jahrzehnten Brutstätte von Mückenschwärmen. Die neue Türkei bekämpft sie mit modernsten Mitteln, sodaß man jetzt unbeschadet über die marmorgepflasterten Straßen der antiken Metropole wandern, Kultbauten, Bade- und Sportanlagen sowie öffentliche Gebäude betrachten kann. Viele stammen aus der Zeit der höchsten Blüte, nachdem Ephesos von dem ersten Kaiser des römischen Imperiums mit dem Titel Augustus (der Erhabene) zur Hauptstadt der Provinz Asia erhoben worden ist und rund 300.000 Einwohner besessen hat.

Von den sich zwischen Bülbüldag (Nachtigallenberg), Panayirdag (Festesberg) und dem antiken Hafenbecken ausbreitenden Wohnhäusern sind nur wenige ausgegraben. Der damalige Direktor des Österreichischen Archäologischen Instituts, Hermann Vetters, hat zwei terrassenartig angelegte Hanghäuser mit um einen offenen Säulenhof gruppierten Räumen in den sechziger und siebziger Jahren freigelegt. Das luxuriöse Hanghaus II wird eben restauriert. Gleiches gilt für das 30.000 Personen fassende große Theater, in dem im Jahre 57 der Apostel Paulus gepredigt und einen Proteststurm ausgelöst hat.

10.000 Gulden gespendet

Eingeleitet wurde die Erforschung der Stadt durch den englischen Ingenieur und Architekten J. T. Wood, der die Spuren des zu den sieben Weltwundern zählenden Tempels der Artemis Ephesia suchte und 1863 nach sieben Jahren tatsächlich im längst versumpften Gelände fand (der Altar wurde erst 1965 entdeckt).

„Um dem österreichischen Studienbetriebe Antheil an der internationalen Erforschung des Orients fortzuerhalten”, erteilte 1893 der Minister für Cultus und Unterricht dem Ordinarius für klassische Archäologie der Universität Wien, Otto Benndorf, den Auftrag, ein Projekt für eine größere Ausgrabung vorzulegen. Benndorf schlug Ephesos vor, das gleichermaßen berühmt war für das von einem Mann namens Herostrates 356 v. Chr. in Brand gesteckten und prunkvoll wieder aufgebaute Artemision wie als Versammlungsort des dritten ökumenischen Konzils von 431 n. Chr. Daß Benndorf 1895 die Untersuchungen aufnehmen konnte, machte allerdings nur die 10.000 Gulden hohe Spende eines Privatmäzens möglich: die von Carl Ferdinand Mautner von Markhof, ein Mitglied jener Familie, die mit dem Unternehmen Ephesos auch später ebenso verknüpft sein sollte wie John Rockefeller jun., die Baufirma Kallinger und die „Gesellschaft der Freunde von Ephesos”. 1898 übernahm durch ein Dekret Kaiser Franz Josephs I. als k.k. Forschungseinrichtung gegründete Österreichische Archäologische Institut die Grabung in der Stadt des siebenten Weltwunders. Seither arbeitet, bloß unterbrochen durch die beiden Weltkriege, alljährlich ein Team von Wissenschaftlern dieses außeruniversitären Instituts an der Erforschung, Dokumentation, Wiedersichtbarmachung und Erhaltung der steinernen Zeugen der Wurzeln unserer europäischen Kultur.

Fundgegenstände wie etwa die 1956 geborgene römische Kopie der Kultstatue der Artemis Ephesia aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. kommen in das drei Kilometer von der Ruinenstadt entfernte Archäologische Museum von Selcuk. Von Wood freigelegte Architekturteile befinden sich im British Museum in London.

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