Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Lohnunterschiede
Als der Wirtschaftsforscher Ewald Walterskirchen kürzlich eine Studie über die Entwicklung der Lohnunterschiede in Österreich vorlegte, konzentrierte sich das Interesse auf die Aussagen über die unterschiedliche Entlohnung von Frauen und Männern.
Das war auch nicht anders zu erwarten - wurde doch gerade über ein Gesetz diskutiert, ' das mit diesen Unterschieden Schluß machen soll. Aber neun Zehntel der Studie blieben der Öffentlichkeit verborgen: zu unrecht!
So fand Walterskirchen beispielsweise heraus, daß bei den Einkommen der Unselbständigen in den 60er Jahren ganz allgemein eine deutliche Nivellierung zu verzeichnen war, die - überraschenderweise - in den siebziger Jahren wieder rückgängig gemacht wurde (in erster Linie wegen der Eingliederung zusätzlicher
Beschäftigter in die unteren Lohnkategorien durch die Liberalisierung der Ausländerbeschäftigung).
Insbesondere bei den höheren Einkommen konzentrierte sich die Tendenz zur Ungleichheit auf die Periode zwischen 1970 und 1973 (für die Zeit nach 1973 sind mangels entsprechender Statistiken noch keine Aussagen möglich). 1973 verdiente das oberste Prozent der Einkommensbezieher siebenmal, die obersten zehn Prozent immer noch dreieinhalbmal soviel wie ein Einkommensbezieher an der unteren 10%-Marke der Einkommenspyramide der Unselbständigen.
Geringer geworden sind indes die Unterschiede zwischen Arbeiterlöhnen und Angestelltengehältern, obwohl auch hier wieder in den siebziger Jahren eine Gegenbewegung einsetzte. 1977 verdiente ein Industrieangestellter brutto (einschließlich anteiliger Sonderzahlungen) 16.420 Schilling und damit um knapp 59 Prozent mehr als ein Industriearbeiter (S 10.355,-); 1960 hatte der Abstand noch 75,1 Prozent betragen. (Die relative Verbesserung für die Arbeiter ist auf die Angleichung der Sonderzahlungen und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, weniger auf eine Nivellierung bei den Tariflöhnen zurückzuführen.)
Die Aufzählung diskussionswerter Ergebnisse der Studie Walterskirchens ließe sich noch - fast beliebig - fortsetzen. So könnte man beispielsweise noch anführen, daß zwischen einzelnen Branchen ähnliche Lohnunterschiede bestehen (bei gleicher Qualifikation) wie zwischen Männern und Frauen, ohne daß jemand nach einem Gesetz zur Untersagung derselben ruft.
Ganz sicher aber sollte man über die von Walterskirchen eingangs beklagten miserablen statistischen Unterlagen diskutieren: Die Lohnstufenstatistik der Sozialversicherung erfaßt nur 90 Prozent der Beschäftigten, die letzte Lohnsteuerstatistik stammt aus dem Jahre 1973. Ist die Lohn- und Gehaltsstruktur wirklich weniger wichtig als die Gebärfreudigkeit von Schweinen nach Bundesländern?
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!