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Offener Himmel, verstopfte Flughäfen

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Einer Studie zufolge haben die Verbraucher in den USA im ersten Jahrzehnt der Deregulierung rund 100 Milliarden Dollar durch günstigere Flugtarife gespart. Trozdem gibt es Widerstände.

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Einer Studie zufolge haben die Verbraucher in den USA im ersten Jahrzehnt der Deregulierung rund 100 Milliarden Dollar durch günstigere Flugtarife gespart. Trozdem gibt es Widerstände.

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Jedes Jahr werden rund 3,5 Billionen Mark für Urlaubs- und Geschäftsreisen ausgegeben - das sind mehr als alle Wehr-Etats dieser Welt zusammen. Rund sieben Prozent der weltweiten Kapitalinvestitionen fließen in den Tourismus und es gibt keinen Industriezweig, der schneller wächst.

Die Tourismusindustrie ist einer der bedeutendsten Arbeitgeber der Welt, jeder 16. Arbeitsplatz ist in der Reisebranche zu finden und die jährlichen Gehaltszahlungen bewegen sich bei 900 Milliarden Mark. Auch der Luftverkehr ist ein dynamisches und aufregendes Geschäft und zugleich die Schlüsselbranche für die gesamte Reise- und Tourismus-Industrie.

„Neben diesen rein ökonomischen Aspekten", so Robert L. Crandall, Chairman von American Airlines, „ist es nicht weit hergeholt zu sagen, daß die Tourismus-Branche eine vitale Kraft des Weltfriedens ist. Die meisten Kriege sind aus wirtschaftlichen Problem-Situationen heraus entstanden. Und da im Reisen eine völkerverständigende Komponente mitspielt, und gleichzeitig der Tourismus die wirtschaftliche Situation der beteiligten Länder fördert, dürfte die Reise - egal, ob Urlaubs- oder Geschäftsreise-es erleichtern, weltweit gut miteinander auszukommen."

Obwohl jede Untersuchung aussagt, daß der Bedarf an Flugkapazität weltweit ansteigen wird, gibt es Hindernisse - begründet durch die internationalen bilateralen Regelungen. Deregulation im Hinblick auf Preisbindungen und Streckenrechte und nicht im Hinblick auf Sicherheitsvorschriften war und ist ein gewaltiger Erfolg.

Deregulation gibt es in den Vereinigten Staaten seit Beginn der achtziger Jahre - sie war eine Revolution in der amerikanischen Luftverkehrs-Industrie. Die Deregulation, das heißt, auch sinkende Flugpreise, traf auf einen aufgebauten Bedarf und eine steigende Nachfrage nach schnellem und erschwinglichem Flugverkehr innerhalb der USA. Einige Fluggesellschaften reagierten darauf effektiver als andere. Neue Carrier sind entstanden, andere gingen unter.

Leider hat es die US-Regierung nicht geschafft, die Deregulation auch auf Seiten der infrastrukturellen Ausstattung zu perfektionieren - überfüllte Lufträume und Verspätungen sind die Folgen.

Unter dem Strich bewirkte der „offene Himmel" genau das, was angestrebt worden ist: Er hat vielen Menschen viel Geld eingespart; er hat die Kreativität der Fluggesellschaften im Hinblick auf die Konkurrenz-Situation gefordert; er hat die wirtschaftliche Entwicklung in den gesamten USA „gerusht"; er hat Flugreisen erschwinglich gemacht und er hat den Passagieren viel mehr Alternativen geboten.

Doppelt so viele Menschen wie vor zehn Jahren fliegen zum Beispiel heute in den USA und es werden dreimal so viele Flüge wie damals vor den Barrieren angeboten. Eine Studie der hoch angesehenen „Brookings Institution" belegt, daß die Verbraucher im ersten Jahrzehnt der Deregulation 100 Milliarden Dollar durch günstigere Flugtarife gespart haben und - allen Unkenrufen zum Trotz - die amerikanischen Fluggesellschaften beschäftigen 160.000 Mitarbeiter mehr als vor der Einführung der Deregulation.

Ungeachtet dessen gibt es auch in den USA immer noch Widerstände. Eine Gruppe von Kongreß-Abgeordneten fordert eine „Re-Regulation" von den Tarifen, den Drehscheiben, denelektronischenReservierungs-Sy-stemen und sogar von den Service-Standards. Zum Glück steht die Öffentlichkeit heute weitgehend hinter dem Konzept der Deregulation - einem Konzept, in dem als Regulator die Kräfte des freien Marktes entscheiden: Angebot und Nachfrage: Ein wesentlich effektiverer Regulator, als es jede Regierungs- Vorschrift je sein könnte.

American Airlines war immer ein Vorreiter der Idee des „offenen Himmels" - auch für europäische Fluggesellschaften in den USA; solange man den US-Carriern dieselben Rechte in Europa einräumt.

Die ursprünglichen bilateralen Abkommen gehen auf die Nationalstaaten-Philosophie zurück. Eine Idee, die nationale Unabhängigkeit zu demonstrieren und den National-Car-rier, der meist staatlich war, zu schützen. Eine Philosophie, die angesichts der Europäischen Gemeinschaft ein Anachronismus ist.

Wenn von Erhöhungen der Flugtarife als Folge der Deregulation zu hören ist, so ist das natürlich, denn:

□ Ein Wirtschaftszweig kann nicht zehn Jahre lang mit sinkenden Einnahmen leben - das wäre unökonomisch und sein Ende wäre vorprogrammiert.

□ Die hohe Investitionsquote in der Luftfahrt-Industrie wird immer wiederübersehen. Um wettbewerbsfähig bleiben zu können, investiert die Branche jährlich rund 30 Prozent ihrer Umsatzerlöse.

Der Autor ist Sales Manager für Deutschland und Österreich der American Airlines.

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