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Versager in Tibet

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Boumedienne als Repräsendant des etwa 80.000 Mann starken Heeres und Sicherheitsdienstes (ANP) ersetzt worden. Der neue „Zaim“ (Führer) in Algier sah sich aber weiter zur Verwendung der meisten von Ben Bellas Ministern, an ihrer Spitze des prokommunistischen Außenministers Abdelaziz Boute- flika, gezwungen, und auch die Garde internationaler Trotzkisten, die Algerien in den ersten Jahren nach der Unabhängigkeitserklärung von 1962 zu ihrem Exil gewählt hatte, hat unter Boumedienne aus Südamerika neuen und starken Zuwachs erhalten.

Während aber das neue algerische Regime in den letzten sechs Jahren leichte Korrekturen am Kurs Ben Bellas vornahm, haben sich die aus der französischen Kolonialzeit her- rührenden sozialen Mißstände des Landes rapid verschlechtert. Das algerische Proletariat, im Sinne landloser Bauern und in Elends-

Laut offiziösen chinesischen Meldungen wurden kürzlich neue Provinzparteikomitees in der Tibetischen Autonomen Region und in Szetschuan eingesetzt, die von hohen Funktionären der Volksbefreiungsarmee geleitet werden.

Was steckt hinter dieser einfachen Ankündigung? Warum wurden die Parteiführungen in diesen zwei äußerst wichtigen südwestlichen Provinzen plötzlich abgesetzt? Um es kurz vorwegzunehmen: die neuen Militärbefehlshaber sind „konservative Pragmatiker“.

Chinas KP feierte Anfang Juli ihr 50jähriges Bestehen. Seither erhöhte sich die Zahl der chinesischen Provinzen, in denen neue Parteikomitees die Führung übernommen haben, auf 26. Die große Wachablöse war zugleich ein Triumphmarsch der Generalität. Pro forma wurden die neuen Parteikomitees „gewählt“, doch nicht vom einfachen Fußvolk, sondern in der Pekinger Hierarchiezentrale.

In Tibet kam damit eine Art Militärdiktator an Stelle eines militärischen Administrators an die Spitze, dem das große Werk der Pazifizierung Tibets nicht gelang. General Tseng Yung-ya leitete das Regionale Revolutionskomitee seit 1968, und erwies sich als ein Versager. Er wurde auch als Kommandeur des Tibetanischen Militärdistrikts abgesetzt. Der neue Kraftmensch ist der bisherige Erste Politkommissar der chinesischen Armee in Tibet, General Jen Jung.

In Tibet hat eigentlich die ganze Administration versagt. Endlich hat man das auch in Peking eingesehen. Deshalb wurden in den letzten Monaten mehrere wichtige Männer dar Administration im stillen ausgetauscht. Vor der Kulturrevolution war Kuo Hsi-lan Vizegouverneur in Tibet und einer der Parteisekretäre. Im Dezember 1966 verlor Kuo alle seine Stellungen und wurde eingekerkert. Die Kulturrebellen beherrschten vier Jahre lang die Szene. Jetzt wurde Kuo Hsi-lan als Stellvertretender Präsident des Regionalen Parteikomitees wieder eingesetzt und voll rehabilitiert. Sein Einfluß wurde dadurch demonstriert, daß er der einzige Zivilredner anläßlich der „Lhasa-Rally“ war. Tibet mußte natürlich auch gebührend den 50. Geburtstag der chinesischen KP feiern.

Von Kuo Hsi-lan darf nicht verschwiegen werden, daß er einer der meistgehaßten Männer in Tibet war, da er der wichtigste Mann im Landreformkomitee der tibetanischen Regionalregierung war, als die Bauern enteignet und die Landwirtschaft rücksichtslos kollektivisiert wurde.

In Szetschuan wurde dasselbe Umorganisierungsrezept angewendet wie in allen anderen Provinzen. Der neue Erste Sekretär ist General Chang Kuo-hua, der mehr als zwanzig Jahre lang Pekings Militärdiktator in Tibet war und den Volksaufstand der Jahre 1959 und 1960 in Blut erstickt hat. Dennoch gefiel er den Gardisten der Kulturrevolution nicht und hatte mit ihnen 1967 schwere Zusammenstöße. Er mußte versetzt werden. Chang wurde mit der Organisierung und Etablierung einer neuen Organisation in der Post-Kulturrevolutions-Ära betraut.

In Szetschuan kam eine gut ausbalancierte Gemeinschaft von Militärs und Parteifunktionären an die Macht. Szetschuan war ein Nest gefährlicher „Linksfraktionen“, die Chang Kuo-hua und seinen Mitläufern heftig opponierten und damit auch für die zentrale Parteiführung in Peking einen Gefahrenherd bildeten. Das neue Führungsteam ist gut ausbalanciert und vermag die unbeschränkte Kontrolle der Partei, der Armeeformationen und der Administration auszuüben.

Zweifellos dominieren die Exponenten der Volksarmee sowohl in der Partei- als auch in der Administrationsmaschinerie in Tibet und Szetschuan. In Tibet, wo ein harter Machtkampf stattfand, ist dies besonders wichtig. Die lokalen linksextremen Fraktionen sind besiegt. Da die tiefen Gegensätze zwischen den chinesischen Siedlern und den Tibetanern unlösbar sind, ist das Regieren dort besonders schwer.

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