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(Welt-) Zahltag

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Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, eine Zahl mehr als tausende Runzeln in den Stirnen sich staatsmännisch gebender Politiker: In den ersten acht Monaten dieses Jahres haben wir Österreicher im Ausmaß der Kosten eines halben AKH mehr Schulden gemacht als Geld gespart. In der Diktion der Währungspolitiker: Die Kreditausweitung der inländischen Nicht-banken überstieg die Geldkapitalbildung derselben um 26 Milliarden Schilling.

An der unbefriedigenden Sparneigung hat auch der Zin-senwettlauf nichts geändert, für den sie als volkswirtschaftliche Rechtfertigung herhalten mußte. Nur Ahnungslose konnte das überraschen. Rund die Hälfte aller Spareinlagen liegt unter 100.000 Schilling. Der „kleine" Sparer ist aber tra-

ditionell so gut wie zinsunempfindlich. Die Höhe der Zinsen ist für ihn höchstens ein zusätzliches Motiv zu sparen, nicht aber das entscheidende.

Wer größere Beträge veranlagte, wußte auch vor der Kündigung des Habenzinsabkommens (der Preisregelung für die Sparbuchzinsen) wie er zu höheren Zinsen kommt.

Die Sparunlust muß also andere Ursachen haben. Der kommende Weltspartag wäre eine famose Gelegenheit für unsere wackeren Wirtschaftspolitiker und Banker, darüber nachzudenken, statt wie gewohnt die eingelernten Sätze von der Bedeutung des Sparens herunterzuleiern.

Sie könnten sich vielleicht einmal selbstkritisch fragen, wie's vor der eigenen Türe aussieht. Ob sie Vorbilder im Sparen sind. Wenn sie sich darauf eine ehrliche Antwort geben, werden sie sehr schnell begreifen, daß es zu einer Provokation werden muß, wenn just jene, die einen Zahltag nach dem anderen veranstalten, von anderen verlangen, zu sparen.

Zum zweiten wird man einmal untersuchen müssen, wie weit die Vermittlung des Gefühls vom totalen Sozialstaat der Eigenvorsorge und damit dem Spargedanken schädlich ist. Wenn die staatliche Hilfe - beim Wohnen, im Krankheitsfall usw. - desto reichlicher fließt, je weniger man sich selbst helfen kann, muß sich ja jeder als Narr vorkommen, der in der Gegenwart auf Konsum verzichtet, damit er dann im Notfall .dem Staat Geld spart.

In einem System, wo es legitim erscheint, staatliche Leistungen exzessiv auszunützen, weil der Staat so oder so einen immer größeren Teil des Erwerbseinkommens abkassiert, muß es systemfremd werden, zu sparen. Uberhaupt, wenn dann überdies die Systemfremdheit noch mit einer angedrohten Steuer auf Spareinlagen angezeigt wird.

Einer, der es wissen muß, Nationalbankpräsident Koren, meinte kürzlich zum Thema: „Wenn ihnen zum Weltspartag wieder nichts anderes einfällt als erfundene Sparrekorde,

g'hören's in d'Würscht!". Dem weiß ich nichts hinzuzufügen.

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