Schutz und Hilfe – nicht nur mit Waffen - Zur Umfassenden Landesverteidigung gehören neben der militärischen auch die geistige, zivile und wirtschaftliche Ausrichtung sowie neuerdings die ökologische Landesverteidigung. - © Wolfgang Machreich

Welch Geistes Landesverteidigung?

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Neben Soldaten als Quereinsteigern gegen den Lehrermangel soll auch die Geistige Landesverteidigung neu aufgestellt werden – mit neuem Lehrplan und Lehrkräften als externen Informationsoffizieren. Eine gute Idee?

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Neben Soldaten als Quereinsteigern gegen den Lehrermangel soll auch die Geistige Landesverteidigung neu aufgestellt werden – mit neuem Lehrplan und Lehrkräften als externen Informationsoffizieren. Eine gute Idee?

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Arnold Pritz wäre die Idealbesetzung für die von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Bildungsminister Martin Polaschek (beide ÖVP) angekündigte Informations- und Bildungsoffensive zum Thema Umfassende Landesverteidigung. In deren Rahmen sollen „insbesondere junge Menschen für Fragen wie ‚Warum gibt es das Bundesheer oder was bedeutet Geistige und Militärische Landesverteidigung?‘“ sensibilisiert werden.

Pritz unterrichtet seit über dreißig Jahren an einem Lungauer Gymnasium Geschichte und Englisch. Neben dieser pädagogischen Erfahrung verfügt Pritz als Hauptmann der Reserve sowie Blauhelm-Soldat auf UN-Friedensmission in Zypern über reiche militärische Expertise. Und Pritz organisierte mit einem befreundeten Journalisten viele Jahre Workshops an seiner Schule, „wo wir versucht haben, unseren Schülern und Schülerinnen natürlich auch den Sinn der Landesverteidigung zu vermitteln – als überzeugte Österreicher und Milizsoldaten“.

Umso gewichtiger ist seine Meinung zur interministeriellen Auffrischungskur für die Geistige Landesverteidigung: „Wenn die Minister glauben, sie ändern mit solchen Kampagnen etwas am Bewusstsein der Schülerinnen und Schüler, dann geht das weit an der Realität vorbei“, sagt Pritz. „Wenn man das von oben aufsetzt“, sei das „nettes window dressing, aber herauskommen wird da nichts“.

Mehr Geschichte, mehr Miliz

Was bräuchte es statt dieses Fensterschmucks, um jungen Menschen Einsicht in die Geistige Landesverteidigung zu vermitteln? Zur Beantwortung dieser Frage holt Pritz weit in die bildungs- und verteidigungspolitische Verfasstheit Österreichs aus. Er spricht von „systemischen Problemen“ – und zählt dazu die Stundenkürzungen beim Geschichtsunterricht: „Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Demokratie nicht selbstverständlich ist, geht nur über massiven Ausbau der politischen Bildung und des geschichtlichen Bewusstseins ab dem 20. Jahrhundert.“

Auf militärischer Seite sieht er ohne ein funktionierendes Milizheer mit ausreichenden Übungen kein Rückgrat für die Geistige Landesverteidigung in der Bevölkerung. „Stattdessen kleben wir nur Pflaster auf einen Patienten, der längst halbtot ist.“ Unerlässlich für die „begeisternde“ Vermittlung Geistiger Landesverteidigung ist für Pritz zudem, „dass Milizsoldaten authentisch über ihre Erfahrungen berichten – und warum sie das tun“. Wenn ein Informationsoffizier in Uniform ins Gymnasium komme, mache er sich „eher lächerlich“.

Derzeit gibt es in Österreich rund 600 Informationsoffiziere, die Schülerinnen und Schüler über Bundesheer, Grundwehrdienst und Zivildienst informieren oder dem Publikum bei Angelobungen und Leistungsschauen Rede und Antwort stehen. Im April dieses Jahres absolvierten zudem erstmals 21 Salzburger Lehrerinnen und Lehrer aller Schultypen ein dreitägiges Ausbildungsseminar zum „Informationsoffizier/extern“. Das Pilotprojekt ist als Vorzeigemodell der Geistigen Landesverteidigung für alle Bildungsdirektionen in den Bundesländern gedacht.

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