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Kaffee ist Geld

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„Kaffee ist ein todsicheres Geschäft, Achille“, sagte mein Freund Bruno Lombata. Um ein doppeltes Geschäft zu machen, eröffneten wir ein „Cafe Espresso“.

Der einzige Haken war die Kaffeemaschine. Die Dinger sind teuer und rentieren sich nur, wenn sie ständig in Betrieb sind. Dann aber ist alles ein Kinderspiel: man steckt das Kaffeepulver oben hinein und dreht lässig an einem Hebel, der Apparat beginnt — natürlich mit Atmosphären — zu zischen und — „eeco il cafe!“

Wir hatten uns auch den richtigen Fleck ausgesucht. Als Italiener verstanden wir etwas davon: Ecke 53. Straße, wo es viel Laufkundschaft gibt. Die ersten Kunden verlangten Milch, Coca-Cola und „Hamburgers“.

Unser Prinzip war: Jeder Gast wird befriedigt!

Bruno lief schnell um die Ecke und holte die Sachen aus Johnsons Milk-Bar und Macs Drugstore. Natürlich konnten wir die Ware nicht teurer verkaufen, aber das war auch nicht so wichtig. Schließlich war unsere Spezialität Kaffee. Ich bediente unterdessen die Kaffeemaschine, die auf vollen Touren lief, und Bri-gida Bompelli füllte den Kaffee in Johnsons leere Milchflaschen.

Irgendwohin mußten wir ja damit.

Als wir abends Kasse machten, hatten wir 1,30 Dollar eingenommen. Das waren Trinkgelder vom Verkauf der Milch und der Sandwiches, die wir um die Ecke geholt hatten. Kaffee hatten wir keinen verkauft.

„Die Maschine wird sich schon rentieren, Herr Perigli, wenn sie erst richtig in Betrieb genommen ist“, meinte Brigida. Wir kippten erst einmal den Kaffee aus Johnsons Milchflaschen aus, um Platz für neuen zu schaffen. Denn wer konnte voraussagen, wie sich das Geschäft am nächsten Tag anlassen würde.

Es ging besser, als wir dachten. Die Leute drängten sich förmlich in unserem Laden und Bruno hatte alle Hände voll zu tun, um Bier, Milch und belegte Brote herbeizuschaffen. Bei Johnsons gaben sie ihm als Stammkunden einen Rabatt von zwei Prozent und den gleichen bekam er in Macs Drugstore. Kaffee verkauften wir keinen. Dazu hätten wir auch keine Zeit gehabt, denn ich stand unablässig an der Maschine und Brigida füllte die Flaschen.

„Vielleicht liegt es an der Sorte“, meinte sie abends, als wir Kasse machten. Obwohl wir nur zwei Prozent verdienten, hatten wir ein hübsches Stück Geld gemacht, denn unser Umsatz war gewaltig. Als Italiener hatten wir das vorausgesehen: 5 3. Straße, unser Laden lag richtig!

Am nächsten Tag nahm ich eine mildere Sorte. „Wie geht das Geschäft, Achille?“ rief mir Bruno, der nun auch in Finleys Fischküche zwei Frozent Rabatt bekam, in einer Atempause zu. „Danke, der neue läßt sich besser an. Gießt sich leichter in die Flaschen. Wir nehmen jetzt auch die Bierflaschen von Mac!“ Die Maschine lief wie wild und ich hatte inzwischen so viel Routine, daß ich trotzdem lässig am Hebel drehen konnte.

Abends, als wir Kasse machten, hatte Brigida die Idee. „Wie wäre es, Herr Perigli, wenn wir den Kaffee umsonst ausgäben?“ Wir fanden den Vorschlag nicht schlecht.

Wir kommen jetzt ganz gut durch. Tagsüber haben wir furchtbar viel zu tun, um den Kaffee fertigzumachen und auszuschenken. Kaffee ist jetzt unser großer Artikel, andere Sachen werden nicht mehr gefragt. Brigida arbeitet abends in Johnsons Milk-Bar, Bruno ist bei Finleys Fischküche untergekommen, und ich bediene eine Bierfontäne in Macs Drugstore. Von dem Geld, das wir verdienen, leben wir. Es reicht auch noch für den Kaffee, den wir tagsüber in unsere Maschine schütten. Wir haben ja gleich gewußt, daß Kaffee Geld bringt!

Staats wegen aufdrängt. In Oesterreich dies um so mehr, als sich hier mit dem Uebergang von einem vieljährigen militärischen Vakuum zu fast voller Wehrfreiheit noch die eine volle Sicherheit nicht unbedingt gewährleistende pflichtige Neutralität verbindet.

Faßt man die Wissenschaft von der Landesverteidigung als die Summe aller Urteile über die Grundfragen des Krieges, seiner rechtsverbundenen Vorbereitung und Führung, als die Summe aller Lehren (Theorien) und deren praktischer Anwendung, schließlich als die Summe aller einschlägigen Geschichtserfahrungen auf, dann fällt es nicht schwer, auch ein System dieser Wissenschaft aufzustellen, die ohne ein solches aus dem derzeitigen verworrenen Zustand nicht hinausfinden wird. Ein derartiges System kann nicht anders aufgebaut sein, als es bei anderen Wissenschaften der Fall ist, es wird somit als Teilgebiete in sich aufzunehmen haben: 1. Wehrphilosophie, 2. Wehrrecht, 3. Wehrlehre (Theorie), 4. Wehrpolitik, 5. Wehrgeschichte und 6. Hilfswissenschaften. Die sich sofort ergebende naheliegende Frage, an welchen Schulen die Landesverteidigung zu lehren sei, beantwortet sich in ziemlich eindeutiger Weise. In den niederen zivilen Schulen kommt die Landesverteidigung als Teil der Bürgerkunde in Betracht; an Militärschulen hätte das Schwergewicht auf dem Recht, der Theorie und der Geschichte nebst den Hilfswissenschaften zu ruhen, während es an den zivilen Hochschulen darauf ankäme, eine allgemeine grundsätzliche Einführung in die Hauptwissenszweige der Landesverteidigung zu bieten. Alle Hochschüler, die einmal in den Staatsdienst, sei es als Diplomaten, Verwaltungsbeamte oder als Lehrer einzutreten gedenken, oder die sich der Politik und Presse widmen wollen, zugleich Reserveoffizier zu werden erstreben, sollten die Hochschule nicht verlassen, ohne daß sie von den Hauptkapiteln der Landesverteidigung im erforderlichen Ausmaße klare Vorstellungen mitbekommen. Es ist dabei eine sekundäre Frage, ob dieses Wissen im Wege eines allgemeinen Einführungskollegs im Rahmen eines Studium generale vermittelt wird oder aber in historisch orientierten bzw. rechts- und staatswissenschaftlichen Spezialvorlesungen auf der einen oder anderen Fakultät. Die Darstellung des geschichtlichen Ablaufes mündet zwangsläufig in die durch die Verfassung gesetzlich geformte Wehrordnung, die rechtswissenschaftliche Betrachtung kann wieder ohne historische Kommentierung nicht auskommen.

Im Oktober 1955 begannen am Kings College der Londoner Universität unter Leitung Michael Howards vom Departement of History Vorlesungen unter der Benennung „War studies“, die an Stelle der früheren „Military studies“ treten; die geänderte Benennung trägt der in der neuen Zeit eingetretenen Ausweitung des Stoffes (total war) Rechnung. Die zwei Jahre währenden Vorlesungen mit drei bis fünf Wochenstunden umfassen zeitlich die letzten 200 Jahre und gliedern sich in die Fächer: 1. Kriegsgeschichte 1750 bis 1914 (u. a. Wehrgesetz, Strategie, Finanzen, Verfassungsfragen, Außenpolitik, Bündnisse, Wirtschaft, Technik, zivile Kriegsorganisation); 2. Weltkrieg 1914 bis 1918 bis Gegenwart (u. a. Rüstung, Oberkommando, Blockade, Hinterland, Propaganda, totaler Krieg, Wehrwirtschaft, strategischer Bombenkrieg, Kriegsmoral, Atomkrieg, Verteidigungspolitik); 3. Rechtsprobleme des Krieges (u. a. Erhaltung der Disziplin, Standrecht, Kriegsgerichte, Rechte und Pflichten der Neutralen, Bürgerkrieg, materielle Kriegserfordernisse, Kriegsfinanzen, Besatzungsfragen). Diehier nicht angeführten Themen des Seekrieges nehmen natürlich in England einen breiten Raum in den Vorlesungen ein. In Sowjetrußland erprobt man eine weitgehende An-gleichung der militärischen an die zivilen Hochschulen, indem die Landesverteidigungswissenschaft als Fakultät gilt. Die Absolventen der Militärhochschulen erwerben die Grade „Privatdozent“, „Magister“ und „Doktor der Militärwissenschaften“. In den USA gibt es, wie die deutsche „Wehrwissenschaftliche Rundschau“ berichtet, unter zehntausenden Lehrstühlen „keinen einzigen ausschließlich für Kriegsgeschichte“, doch werden überall Teilvorlesungen über die beiden Weltkriege, über amerikanische und moderne Kriegsgeschichte, über Seekrieg, Wirtschaftsgeschichte des modernen Krieges, Politik und Strategie, Soziologie der Kriege und über die Rolle des Krieges in der modernen Welt gehalten. An allen großen Universitäten, das ist an mehr als 100, bestehen Reserveoffizierskurse für die Studenten. Die USA besitzen auch — ähnlich dem britischen „Imperial Defense College“ — eine eigene Diplomaten-und Militärhochschule, die in zehn Monaten die wichtigsten Fragen der Landesverteidigung (Heer, Luftwaffe, Marine, Diplomatie, Außenpolitik, neue Waffen, UNO, Kriegsverhütung, Wehrwirtschaft) vor etwa 100 Hörern vorträgt. An der eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich werden militärische Fächer für Schweizer honorarfrei gelesen. Im Wintersemester 1955/56 finden Vorträge über Truppenführung (Völkerrecht, Landkrieg, Neutralitätsrecht, Staats- und verfassungsrechtlicher Aufbau der Landesverteidigung, Strategie, Luftwaffe, Wehrwirtschaft), Kriegstechnik und Sport (einschließlich Schießen) statt. Die vom Oberstbrigadier Professor Dr. Steiger geleitete „XL Abteilung für Militärwissenschaften“ umfaßt noch eine „Vorschule“ und eine „Militärschule“ für Instruktionsoffiziere, letztere mit 36 Fächern. Für Deutschland gibt uns Eberhard Kessel („Die .Bildung' des Soldaten“) ein Bild von ähnlichen Bestrebungen. 1807 wollte man den Bürger- und Militärstand an den Universitäten gemeinsam heranbilden, Scharnhorst beabsichtigte, die Kriegsakademie wie eine Zivilhochschule einzurichten. 1848 hatte man den Plan, die Militärhochschulen durch Lehrstühle an den Universitäten zu ersetzen, und noch in den dreißiger Jahren ließ der damalige Chef der Heeresleitung, Walter Reinhardt, für die Reichswehr Universitätskurse abhalten, denen auch Professoren, Parlamentarier und Wirtschafter beigezogen waren. Alle diese Versuche scheiterten aber an der Unmöglichkeit, militärische und zivile Hochschulen irgendwie „gleichzuschalten“. 193 5 wurden in Deutschland an einigen Hochschulen Lehrkanzeln für „Wehrwissenschaften“ eingerichtet. In Oesterreich gab es bisher nur sehr bescheidene Ansätze, Militärwissenschaften an den Hochschulen heimisch zu machen. 1918 gab es eine Vorlesung „Militärrecht“, nach 1918 über „Militärstrafprozeßrecht“, später versuchte man es seit 1940 mit Vorlesungen über „Neuere Kriegs- und Heeresgeschichte“ — man kam somit über vereinzelte Teilgebiete nicht hinaus. Vom Bundesheer wurden 1920 auf Antrag des Generalstabsobersten Franz Schubert Generalstabsoffiziere zum Studium der Staatswissenschaften an die Universität kommandiert, i was allerdings bloß einseitig der Heeresverwaltung Vorteile brachte.

Die Frage der Pflege der Landesverteidigung als wissenschaftliches Fach an den Hochschulen kann in Oesterreich auf bedeutende Fürsprecher hinweisen. Lorenz von Stein, der dreißig Jahre in Wien lehrte, sagte: „Eine Staatswissenschaft ohne Lehre vom Heerwesen ist ewig unvollständig, eine Lehre vom Heerwesen ohne Staatswissenschaft ist stets prinzipienlos“, und Othmar Spann bezeichnete „die Organisation einer Armee selbst als auch die Führung der Armee als Teil des Staates als eine reine staatsmännische Aufgabe“. Diese Erkenntnis ist vielfach in Vergessenheit geraten, und es werden auch noch mancherlei Vorurteile zu entkräften sein, die eine ausschließlich wissenschaftliche Angelegenheit mit weltanschaulichen und politischen Erwägungen vermengen. Man befürchtet nämlich da und dort, Vorlesungen über Landesverteidigung könnten den „Militarismus“ oder den „kriegerischen Geist“ fördern und das Bekenntnis zum Frieden gefährden. Verkannt wird hierbei, daß jede rein wissenschaftlich gebotene Lehre auf welchem Wissensgebiete immer allen nur denkbaren Anschauungen gleicherweise die Wege öffnet; bezeichnenderweise hat die gute amerikanische Diplomaten- und Militärhöchschule auch „für die Verantwortlichkeiten und Pflichten des Friedens“ zu wirken. Jedenfalls bleibt es aber eine der vornehmsten Aufgaben der Wissenschaft, eine wirkliche univer-sitas zu sein, die ein so umfangreiches Gebiet wie die Landesverteidigung nicht übersehen darf, sie müßte denn ihren Charakter als globus scientiarum verlieren und das in einer Epoche, die seit einem halben Jahrhundert in der ganzen Welt vom Kriege her ihr ganzes Gepräge empfängt.

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