Österreichs hl. Kühe sind nicht auf dieses Land beschränkt. - Ein Blick in die Schweiz zeigt, dass man sich auch dort schwer damit tut, einmal aufs politische<br />
Parkett getriebene Prinzipien wie die Neutralität zu hinterfragen.<br />
  - © Fotomontage: Rainer Messerklinger (unter Verwendung eines Fotos von iStock/reisefreak)

Neutralitätsdebatte: „In Selbstlüge ist Österreich Weltmeister“

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Österreichs Teilnahme am Luftverteidigungssystem „Sky Shield“ fügt der Endlos-Neutralitätsdebatte eine Schleife hinzu und zeigt, wie die FPÖ von der Bewirtschaftung heiliger Kühe profitiert.

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Österreichs Teilnahme am Luftverteidigungssystem „Sky Shield“ fügt der Endlos-Neutralitätsdebatte eine Schleife hinzu und zeigt, wie die FPÖ von der Bewirtschaftung heiliger Kühe profitiert.

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Wenn zwei das Gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe. „Für Österreichs Armee ist ‚Sky Shield‘ gleichsam ein Geschenk des Himmels“, kommentiert die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) den Beitritt des neutralen Nachbarn zum europäischen Luftverteidigungssystem. Dass dieser Himmelsschild der neutralen Schweiz ebenfalls nicht ungelegen kommt, spart der Beitrag aus. Denn im Unterschied zur Schweiz, so die Argumentation, sei die österreichische Armee „mittlerweile so schwach, dass sie nur funktioniert, wenn sie mit anderen Ländern kooperiert“. Österreich habe sich in den vergangenen Jahrzehnten bei der Verteidigung zu viel auf die Geografie verlassen, „diese Lage ausgenutzt, um die Verteidigung günstig an die NATO gleichsam auszulagern“. Die Schweiz in gleicher verteidigungspolitischer Gunstlage gebe zwar gemessen am BIP ähnlich viel für Verteidigung aus (0,8 Prozent) wie Österreich, „weil sie aber um einiges wohlhabender ist als der Nachbarstaat, sind ihre Verteidigungsausgaben pro Kopf gerechnet ein Drittel höher“.

Im Unterschied zur Schweiz habe beim Nachbarn der Sky-Shield-Beitritt auch größere Wellen geschlagen und „im Land eine aufgeregte Neutralitätsdebatte ausgelöst“, schreibt die NZZ. Zwar mache sich kaum jemand in der österreichischen Bevölkerung tiefschürfende Gedanken darüber, was die Neutralität mittlerweile genau bedeute, analysiert das neutralitätsgeschulte Schweizer Auge, „besonders die rechtspopulistische FPÖ treibt aber mit dem Thema Neutralität gerne die anderen Parteien vor sich her“.

Neutralitätskuh im EU-Stall?

Mit einem gehörigen Schuss Ironie gewürzt, bringt diese Außensicht die österreichische Innenpolitik auf den Punkt. Zudem wird im selben Blatt kritisiert, dass es auch dem Bundesrat in Bern 16 Monate nach Kriegsausbruch in der Ukraine nicht gelungen sei, „die Schweizer Neutralitätspolitik den neuen Realitäten anzupassen oder seine Position zumindest schlüssig zu erklären“. Ein Beleg, dass der sicherheitspolitische Balken im eigenen Auge nicht geleugnet wird. Russlands Krieg hat die Teufel in den Neutralitätsdetails hüben wie drüben der Grenze offengelegt und macht die davor schon nicht einfache sicherheitspolitische Einbindung der heiligen Kuh Neutralität in den gesamteuropäischen Stall noch schwieriger.

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