Wie grün sind die Roten?

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dieFurche: SPÖ-Chef Viktor Klima sieht in Ihrer Kandidatur drei erfreuliche Signale verwirklicht: quer, grün, weiblich. Sind das die Kriterien für politischen Erfolg in der SPÖ?

Sima: Zu den Quereinsteigern: es ist für Parteien ganz gut, wenn sie Impulse von außen bekommen. Was die Frauen betrifft: bei den Wahlkampfthemen sind Frauen sehr dominant. Der Frauenanteil in der Politik wird meiner Meinung nach immer mehr zunehmen.

dieFurche: Und das grüne Signal? Mit Ihrem Eintreten für eine bestimmte Lebensmittel- und Tierfutterpolitik vertreten Sie doch eindeutig grüne Positionen?

Sima: Ich finde, es ist wichtig und höchste Zeit, daß die Sozialdemokraten auch in diesem Bereich einen Schwerpunkt setzen. Gerade die Frage nach der Lebensmittelqualität, wird den Leuten immer wichtiger.

dieFurche: Hätten Sie auch für die Grünen kandidiert, wenn Sie von ihnen gefragt worden wären?

Sima: Die Frage stellt sich nicht. Ich bin bei der SPÖ als unabhängige Kandidatin und möchte in und mit diesem Team etwas erreichen.

dieFurche: Wer vermittelt nun mehr "Frauen-Power"? Die Grünen verwenden diesen Ausdruck in ihrem Wahlprogramm. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Rudas beschreibt Sie als "die Frau, die uns die Power gibt".

Sima: Jede Frau in der Politik - egal von welcher Partei - vermittelt, daß Frauen immer wichtiger werden. Die Politik war und ist, so wie die Wissenschaft, sehr männerdominiert. Je mehr Frauen politisch aktiv sind und sich einsetzen, umso besser.

dieFurche: Was können die Roten, was die Grünen nicht können?

Sima: Ich gehöre nicht zu jenen, die andere mit Schlamm bewerfen. Ausschlaggebend ist für mich, daß ich jetzt in der Regierungspartei bin und da mehr bewirken kann.

dieFurche: Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer politischen Tätigkeit setzen?

Sima: Wofür ich mich einsetzen möchte, ist der Gentechnik-Bereich. Das habe ich studiert, das ist mein Steckenpferd. Weiters der ganze Lebensmittelsektor, die Landwirtschaft, der Atombereich und das eine oder andere im Umweltschutz. Punkto Einstellung zur Lebensqualität hat sich in den letzten Jahren im Bewußtsein der Menschen einiges verändert. Der Futtermittelsektor hingegen wurde noch stark vernachlässigt.

dieFurche: In Ihrer Diplomarbeit behandelten Sie - grob vereinfacht - die Frage, welche Auswirkungen ein bestimmtes Antibiotikum hat. Sie verwendeten dabei gentechnische Methoden. Auch wenn es nicht unbedingt einen Widerspruch darstellt, wundert es doch ein bißchen, daß Sie heute als Gegnerin der Gentechnik auftreten.

Sima: Das war für mich insofern nie ein Problem, weil ich schon immer gesagt habe, daß die Gentechnik in der Landwirtschaft und im Lebensmittelbereich einfach nicht sinnvoll ist. In der Medizin ist man eher bereit ein Risiko einzugehen, weil es darum geht, eventuell Leben zu retten. Für die Antimatschtomate ein Risiko einzugehen, ist den meisten Leuten zu viel und mir eben auch. dieFurche: Welches Risiko gehe ich denn ein, wenn ich eine Antimatschtomate esse?

Sima: Das Risiko liegt nicht im Essen, es ist die Herstellung des Produkts: Ich gebe in die Tomate Gene, die aus Bakterien kommen, ohne zu wissen, wo diese Gene im Gesamtsystem landen. Man kann das nicht örtlich lokalisieren, man weiß nichts über die Wechselwirkung, über die Verbreitung. Das Stichwort dazu heißt heute: lokaler Gentransfer.

dieFurche: Renee Schroeder, die Ihre Diplomarbeit am Institut für Mikrobiologie und Genetik betreut hat, gilt als hervorragende Wissenschafterin. Trotzdem traut sie es sich nicht zu, "Verkehrsregeln für die Gentechnik" aufzustellen, mit der Begründung, ihr fehle es an Erfahrung. Sie trauen sich diese Aufgabe zu?

Sima: Ich glaube, daß Renee Schroeder das sehr wohl könnte. Aber sie ist halt mehr Wissenschafterin als ich es war. Ich hatte nie den Drang, jahrelang jeden Tag und jedes Wochenende im Labor zu stehen, um kleine Details zu erforschen. Die Frage ist, ob man kompletter Experte sein muß, um in diesem Bereich politische Überlegungen anzustellen. Die Gentechnologie ist ja ein sehr stark gesellschaftspolitisches Problem. Insofern handelt es sich bei mir um einen glücklichen Zufall, daß ich mich eben auf einer bestimmten wissenschaftlichen Ebene besser auskenne als andere Politiker, die in diesem Bereich tätig sind. Diese Kenntnis sehe ich aber nicht als Voraussetzung. Ich finde, es sollte gute Experten geben, die ihre Sichtweise darstellen. Die Entscheidung am Schluß muß die Politik treffen, die nicht nur von wissenschaftlichen Grundsätzen geleitet ist, sondern fragt, was gut für die Menschen ist.

dieFurche: Wäre es nicht sinnvoller, den Politikern gute wissenschaftliche Beratung zur Verfügung zu stellen? Sind Wissenschaft und Politik überhaupt kompatibel?

Sima: Was ersteres betrifft, wäre das natürlich eine Möglichkeit. Ich selbst sehe mich weniger als Wissenschafterin denn als Politikerin. Das war schon so in meiner Zeit bei Global 2000.

Zur Kompatibilität von Wissenschaft und Politik: Es gibt zwar Ausnahmen, aber allgemein ist es ein Problem, denn viele Wissenschafter begehen den Fehler, wenn sie zu einer breiteren Öffentlichkeit sprechen, daß sie reden, egal ob jetzt wer was versteht oder nicht.

dieFurche: Global 2000 betreibt gerne Panikmache. Das publikumswirksame Bild der explodierenden Tomate ist noch in Erinnerung. Werden Sie diesen Stil beibehalten?

Sima: Dazu muß ich feststellen: Global 2000 hat auf die redaktionelle Gestaltung der Zeitungen keinen Einfluß. Es werden Presseaussendungen verschickt, an den Medien liegt es, wie sie damit umgehen.

dieFurche: Fehlt es in Österreich nicht an positiven Beispielen, wo gezeigt wird, wie man die Gentechnik für den Menschen nutzen kann?

Sima: Das ist für mich kein Problem, sondern ein Vorteil! Die Aufgabe einer Umweltschutzorganisation besteht nicht darin, für Ausgleich zu sorgen. Das ist Aufgabe der Medien. Warum sollten wir positive Beispiele bringen? Warum sollten wir irgendeine positive Kampagne machen, wenn dieser Bereich bei uns nichts verloren hat? Da gibt es genügend andere, die Plattform für Gentechnik etwa. Ich denke, die Aufgabe einer Umweltschutzorganisation ist es, die Gefühle der Spender, von denen sie finanziert wird, so gut wie möglich zu vertreten.

dieFurche: Lothar Lockl, Sprecher von Global 2000, zeigte sich verwundert darüber, daß zwei Jahre lang Forderungen wie der befristete Freisetzungsstop gentechnisch veränderter Pflanzen nicht umgesetzt wurden. Ansprechpartnerin war die SPÖ-Ministerin für Konsumentenschutz. Was wird sich durch Ulli Sima in der Politik jetzt ändern?

Sima: Ich sehe diese Vorwürfe ein bißchen differenzierter. Es gibt Forderungen, die umgesetzt wurden: Österreich hat ein Import- und Anbauverbot für gentechnisch veränderten Mais erlassen. Was hingegen die Bekanntmachung von Lebensmittelsündern betrifft, ist nichts weitergegangen. Ich will eindeutig klarstellen, daß es auch von uns an Ministerin Barbara Prammer Kritik gegeben hat. Es ist mir wichtig, daß es nicht heißt: Jetzt ist die Sima bei der SPÖ, jetzt ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. So ist es nicht. Wenn man zu einer Partei kommt, will man ja Dinge dort anders machen oder intensiver oder zumindest einen Schwerpunkt setzen.

dieFurche: Das Gentechnikvolksbegehren ist nur in geringem Maß umgesetzt worden. Was wäre für Sie ein großer Erfolg Ihrer Arbeit bei der SPÖ?

Sima: Mein langfristiges Ziel ist, daß es in Österreich keine gentechnisch veränderten Lebensmittel gibt; das setzt sich aus vielen kleinen Komponenten zusammen: Kennzeichnungspflicht, Verbot der Freisetzung, ...

Das Gespräch führte Sigrid Schamall ZUR PERSON Gentechnikgegnerin Who are we? Where do we come from? and What are we going to eat? Dieses Zitat ist der Diplomarbeit von Ulli Sima vorangestellt, mit der sie 1994 ihr Studium der Molekulargenetik beendete. Ulrike Sima, geboren 1968 in Klagenfurt, ging in Großbritannien und Luxemburg zur Schule, bevor sie ihr Studium an der Universität begann. Während ihrer Studienzeit war sie in der Studentenpolitik engagiert. Vor ihrer Nationalratskandidatur arbeitete Sima bei der Umweltschutzorganisation "Global 2000", wo sie für die Gentechnik-Kampagne der Organisation verantwortlich zeichnete.

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