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Migs uber Sinai

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Seit einigen Monaten ist bekannt, daß russische Piloten ägyptische Flugzeuge über dem Gebiet der VAR und über dem Mittelmeer fliegen. Bis vor einigen Wochen wurden sie nicht im Kampf gegen israelische Jagdbomber eingesetzt, heute beschränkt sich ihre Aktivität auf die inneren Landesteile Ägyptens, und auf die Großstädte Alexandrien und Kairo, um dort die russischen Industrie- und Verteidigungsanlagen zu schützen. Seit Mitte April werden keine israelischen Einsätze mehr in diese Gebiete geflogen, um eine Konfrontation mit russischen Piloten zu vermeiden.

Erst die neue russische Luftabschirmung, die bis zu den beiden Befe-stigungslinaen des Suezkanals reicht, gab Ägypten eine neue Chance, den Abnützungskrieg am Suez selbst zu intensivieren. Die USA versuchten, den russischen Einsatz in Ägypten mit ihrem eigenen in Kambodscha in Einklang zu bringen. Dadurch wird der Nahost-Konflikt mehr und mehr zu einer direkten Ost-Westkonfrontation.

Die Zahl der russischen Schiffe im Mittelmeer ist in den letzten Wochen auf 65 Einheiten gestiegen. Unter ihnen finden wir vier Zerstörer, bestückt mit Meer-zu-Meer-Raketen(sea to sea missiles) und Meer-zu-Luft-Raketen (sea to air mdssilis), ferner fünf Zerstörer, die mit den bekannten Cachon-Raketen bestückt sind ein 26.00-Tonnen-Kreuzer, der die oben genannten Raketenarten mit sich führt, sieben Fregatten des Typs „Riga“, zehn Zerstörer, die als U-Boot-Jäger dienen, zehn U-Boote, zwei Atom-U-Boote, fünf Landungsboote, die mit „Schwarzmützen“ bemannt sind, einer russischen Art von Marines, die bei Kommando-Aktionen eingesetzt wird, fünf Abhorchboote für Spionagezwecke, meist als Fischerboote getarnt, und schließlich fünfzehn Versorgungs- und Proviantschiffe. Im letzten Monat kamen außerdem noch die beiden Helikopterträger „Leningrad“ und „Moskwa“ dazu.

Bis zum Jahre 1963 gab es so gut wie gar keine russische Mittelmeerflotte. Nur ab und zu passierten sowjetische Schiffe die Dardanellen in Richtung Mittelmeer, kehrten jedoch bald wieder in das Schwarze Meer zurück, da sie im Mittelmeer keine Basen hatten. Nach der Raketenkrise in Kuba, als die Sowjetunion durch den verstorbenen Präsidenten Kennedy gezwungen wurde, ihre Raketen dort wieder abzumontieren, faßte man im Kreml den Beschluß, selbständige Flotteneinheiten aufzubauen. Vor vier Jahren, als das schwache Baath-Regime in Syrien vor einer ernsten Krise stand, faßten die Sowjets zuerst in Latakla Fuß, um diesem Regime Rückendeckung zu geben.

Ein Jahr nach dem Sechstagekrieg wurden russische Instruktoren in allen Kommandanturen der ägyptischen Armee bis zur Größe eines Bataillons eingesetzt, trotz vielfacher Opposition der ägyptischen Offizierskaste. Allerdings, zu einer Säuberungsaktion der antisowjetischen Offiziere kam es erst vor einigen Wochen, nachdem junge linientreue

Kader herangebildet worden waren. Schätzungsweise hat bis heute Rußland rund zehn Milliarden US-Dollar für Waffen und Wirtschaftehilfe wahrend der letzten fünfzehn Jahre im Nahen Osten investiert. Weitere Millionen gaben die Ostblockvasallen. Als Gegenleistung erhielt die Sowjetunion nicht nur Flottenbasen, sondern auch die Möglichkeit, ihre modernen Waffen im Kampfe zu erproben. Die russischen Instruktoren haben auch die Aufgabe, die Ein-satzmöglichkeiten der neuen Mig 23, der verbesserten Mig 21-Maschinen, sowie der SA 2- und SA 3-Raketen zu prüfen.

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