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Die Dachkonstruktion des Stephansdomes

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Mit der feierlichen Eröffnung des Stephans- domes am Goldenen Sonntag dieses Jahres wird ein neues Blatt in der Geschichte des ersten Wahrzeichens der Stadt an der Donau utnge- wendet. Das Kapitel begann in den stürmischen Frühjahrstagen des Jahres 1945 mit Brand und Zerstörung und endet mit dem ersten Ergebnis der Wiederherstellung, Der Dom kann nunmehr, nach nicht ganz drei Jahren, seiner Bįe- stimmung, wenn auch vorläufig nur notdürftig, wieder zugeführt werden.

Der Vorübergehende hat in der ersten Zeit der Bauarbeiten von diesen nicht viel bemerkt. Sie spielten sich in der Hauptsache innerhalb der Kirche und der Türme ab und blieben dem Auge unauffällig. Erst als es sich oberhalb der Einfamilienhäuser mit Garten bequem Platz, während der Dachraum kirchturmhoch ist. Die Dachkonstruktion hat neben ihrem eigenen Gewicht eine doppelte Lage aus glasierten Dachziegeln zu tragen und den über den Dächern der umliegenden Stadt verstärkt angreifendem Wind standzühalten. Eine Belastung durch Schnee brauchte nicht berücksichtigt zu werden, da die Dachneigung mittelalterlicher Steildächer eine Schneeansammlung nicht zuläßt. Die Konstruktion des Langhauses besteht aus einer Reihe von Fachwerkbindern, die quer zur Längsachse des Gebäudes stehen. Sie sind in zwei Geschossen gegliedert. Im unteren Geschoß liegen über den beiden Seitenschiffen zwei dreieckige Binderteile die auf ihren Spitzen das obere Geschoß, den Binderteil über dem Mittelschiff tragen. Da die Steinpfeiler des Domes in den Außenwänden mehr Last aufnehmen können als die mittleren Pfeilerreihen, wird auf sie der Windangriff übertragen. Diese gewünschte Lastver- teilung wird durch die Art der Binderlagerung erreicht. Sie sind auf den Außenwänden mit festen Lagerkörpern über den Mittelpfeilern auf Rollen, also beweglich gelagert.

Die Gespärre des Chordaches sind ähnlich ausgebildet wie im Langhaus. Technisch interes. sant ist die bauliche Durchbildung über der Apsis. Ihr Dach ist gegen WindanfaM besonders ungünstig geformt, da der Dachquerschnitt ein sehr spitzes Dreieck ist. Einer Höhe von rund 25 Meter steht nur eine Basis von 12 Meter gegenüber. Außerdem stützt sich dieses Dach nur auf einer Seite an das Chordach, während es nach der anderen frei steht. Der Windanfall muß hier durch einen einzigen Vollwandbinder aufgenommen werden, der als räumliches System nach den neuesten Grundsätzen des Stahlbaues ausgebildet ist. Auf den beschriebenen Bindern liegen die sogenannten Pfetten, waagrechte Stränge von gewalzten Stahlträgern. Auf ihnen sind senkrecht, also vom First nach der Traufe zu laufend, die Sparren befestigt. Diese tragen die eigentliche Dachhaut, die Dachziegel auf hölzernen Latten verlegt.

Wenn der alte Dachstuhl von innen gesehen mit seinem Gewirre von Hölzern ein gigantisches Bild bot, wird die neue Dachkonstruktion’ mit ihren einfachen und klaren Strebenzügen den Eindruck eines Domes auf dem Dome erwecken. Ein System von eisernen Stiegen und Laufstegen in allen Höhenlagen wird es ermöglichen, jeden Punkt der Dachfläche ohne Beschwer zu erreichen, insbesondere die Dachlucken, in gleicher Zahl und Anordnung vorhanden, wie sie das alte Dach hatte. Sie machen jeden Punkt der Dachfläche den Handwerkern, aber auch den Feuerwehrleuten zugänglich.

Die Montage . der Langhauskonstruktion ist nun beendet und bald wird die Eindeckung beginnen, mit den gleichen bunten, glasierten Ziegeln, wie es früher war. Die Ausarbeitung des Chor- und Apsisdaches ist im Konstruktionsbüro und in der Werkstätte im Gange und wird in nächster Zeit auch an der Baustelle in Erscheinung treten.

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