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Die Salzburger Domgrabungen

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Die Domgrabungen in Salzburg wurden in den Jahren 1956 bis 1958 durchgeführt. Sie standen in engstem Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Domes und dar Errichtung einer Unterkirche als Grablege für die Erzbischöfe. Da vorauszusehen war, daß man beim Aushub für diese Gruft auf mittelalterliche und möglicherweise auch römische Biau-reste stoßen würde, wurde vorerst eine Versuchsgrabung außerhalb des Domes angesetzt. Dabei hatte Museumsdirektor Doktor

G. Trathnigg, der Leiter dieser ersten Grabungisphase, das Glück, Teile des spätromanischen Domes, wie Chorquadrat, Querhaus- und Langhausansatz anzuschneiden; auch konnte er die zum damaligen Zeitpunkt noch kühne Vermutung aussprechen, der hochmittelalterliche Dom sei fünfschiffig gewesen. Überdies wurde die aus einer Zeichnung erschlossene Tatsache, daß der alte Dom weiter nördlich lag und abweichend vom heutigen orientiert war, archäologisch bestätigt.

Ermutigt durch diesen verheißungsvollen Auftakt wurden 1957 die Grabungen unter Einsatz erheblicher Mittel im Dominneren unter der Vierung und dem nördlichen Querhausarm und außen entlang der nördlichen Domflanke systematisch in Angriff genommen, 1958 fortgesetzt und vorläufig zum Abschluß gebracht. Die wissenschaftliche Leitung der Grabung hatte Staatsarchäologe Doktor

H. Vetters, die administrative Führung lag in den Händen von Landeskonservator Doktor Th. Hoppe, die technische Durchführung besorgte die Baufirma Ing. F. Ennemoser. Dabei ist festzuhalten, daß die Untersuchungen nie in diesem Umfang und mit dieser Intensität hätten durchgeführt werden können, wenn nicht der Dombaiuaussohuß über ausdrückliche Weisung von Erzbischof Dr. Rohracher die Kosten für die Grabungen im Dominneren übernommen und über die zwangsläufig ein-

tretende Bauverzögerung hinweggesehen hätte.

Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen. Die Vorstellung von der Gestalt des mittelalterlichen Domes, die sich früher allein auf alte Ansichten und schriftliche Quellen stützen mußte, hat sich weitgehend geklärt. Wir wissen nun, daß der Bau von 118 zwar die Schiffsbreiten und einzelne gewissermaßen als Entwicklungskeime wirkende Bauteile übernommen bat, im gesamten aber eine einheitlich angelegte gewölbte Kreuzbasilika von gewaltigen Ausmaßen war. Sie bestand aus einer vermutlich vom alten Bau übernommenen Doppelturmfront, einem fünf-schiffigen Langhaus mit einfachem Stützenwechsel, einem apsidenbesetzten Querhaus, einem Chorquadrat mit Apsis, einem achteckigen Vierungsturm und einer unter Vierung und Chorhaupt sich erstreckenden dreischiffi-gen Hallenkrypta. Reste der aus Untersber-ger Marmor gemeißelten Bauplastik lassen die künstlerische Qualität dieses Baues ahnen, der nicht bloß seiner Größe wegen mit den rheinischen Kaiserdomen und den französischen Pilgerkirchen wetteifern konnte. An Vorgängerbauten ließen sich eine dreischifftge Basilika vermutlich mit Chorturm aus ottoni-scher Zeit und der 767 bis 774 errichtete Gründungsbau des heiligen Virgil herausschälen. Wenn die Deutung der zweifelsfrei dreischiffigen frühkarolingischen Anlage mit Mittelapsis als Basilika zutrifft, dann war sie der älteste Bau dieser Art im ostfränkischen Reich. Erwähnt sie, daß auch über den von Erzbfcchof Wolf-Dietrich 161 begonnenen, im rechten Winkel zum Solaribau angelegten Dom Aufschlüsse gewonnen wurden.

In der museal ausgestatteten Chorkrypta, an zwei Stellen auf dem Residenzplatz und in der Unterkirche, deren Raumgliederiung sich weitgehend an die alten Mauerzüge hält, hat man die steinernen Zeugnisse der früheren Dome sichtbar erhalten. Es wäre dringend zu wünschen, daß die noch ausstehende Grabung auf dem Domplatz bald ins Werk gesetzt wird, damit auch die mit dem Westabschluß der Salzburger Dombauten zusammenhängenden Fragen gelöst werden. Erst dann können die weit über den lokalen Rahmen hinaus bedeutsamen Bauuntersuchungen als abgeschlossen gelten und deren Ergebnisse entsprechend veröffentlicht und zur Diskussion gestellt werden.

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