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Von Vorurteilen eingekreist

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Bei einem solchen Kontrast sollte eigentlich jedes Argument verstummen, das sich auf die mangelnde Produktivität der Afrikaner bezieht. Dennoch wird es immer vorgebracht, wenn der bestehende Zustand gerechtfertigt werden soll. Nach dem Urteil einer königlichen Unter- such/ungskommission aus dem Jahre 1954 reichen die Löhne der Afrikaner nicht aus, um die wichtigsten Bedürfnisse (Sicherung der Gesundheit, ansprechende Kleidung, Arbeitsfähigkeit) zu befriedigen.

Neben den wirtschaftlichen Fakten geht es in Rhodesien (wie in Südafrika) um das Vorurteil der weißen Siedler, daß die Neger vorweg, aus rassischen Gründen, minderwertige Menschen sind, ungebildet, übel riechend, unsauber, faul und voll Haß. Wie sollen sich aber die Afrikaner eine Grundbildung aneignen, wenn Kolonialverwaltung und nun der Staat keine Möglichkeiten bieten?

Während 1958 etwa 12.000 afrikanische Knaben und Mädchen in eine Grundschule kamen, erhielten in diesem Jahre nur dreizehn Buben und Mädchen ein Abschlußzeugnis, welches ungefähr einer sechsklassi- gen Hauptschule gleicht. Die weißen Siedler wohnen in großen, luxuriösen Häusern; die Neger hingegen in Quartieren, die ursprünglich nur für alleinstehende Wanderarbeiter be stimmt waren, heute aber von ganzen Familien bewohnt werden. Haß? Nach dem rhodesischen Schriftsteller afrikanischer Herkunft Sithole haßt der Neger nicht den weißen Mann an sich; was er haßt, sind „die ungleichen sozialen, wirtschaftlichen, politischen und schulischen Ungerechtigkeiten, die den Afrikaner zu einem zweit- oder drittklassigen Bürger in seinem Geburtsland machen“.

Die Haut und das Herz

Die Weißen hätten nicht das Christentum, sondern Europäertum in das Land gebracht. So schrieb ein evangelischer Pastor vor einigen Jahren: „Arme Siedler, sie denken zuviel an ihre Haut als an ihre Herzen. Was ist der Unterschied zwischen einem weißen und einem schwarzen Mann? Sind wir nicht alle vom selben Blut und stammen wir nicht alle von Adam ab? Das bestürzt mich am meisten — ist Europa noch christlich oder schon heidnisch?“ Wahrscheinlich weder noch. Was Mr. Wilson und die Labour Party in dieser traurigen Affäre ebenso wie vor ihnen Mac- millan, Douglas-Home und die Konservativen interessiert, sind die Ergebnisse von Meinungsbefragungen und Parlamentswahlen. Und beide deuten in eine Richtung, die der politischen Freiheit der Eingeborenen in Rhodesien abträglich ist. Obzwar vor fünf Jahren der radikale Tory Ian Macleod die Gleichberechtigung herbeiführen wollte — er wurde in seinem Amt abgelöst — und ähnliches Reginald Maudling versuchte, hat in Großbritannien seit etwa drei Jahren die Verständnislosigkeit zugenommen. Jetzt scheint es endgültig zu spät zu sein. Und wie schon oben erwähnt: Die „zornigen“ Siedler von Salisbury und Umgebung werden im Verein mit den Aktionären der Minengesellschaften den Zerfall des Commonwealth besiegeln und Großbritannien damit endgültig zu einer nureuropäischen Macht machen.

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