Krieg & Frieden
DISKURSVirginia Woolfs „Mrs. Dalloway“: „Da halten wir inne, da stehen wir“
London, ein Tag im Juni 1923. Mrs. Dalloway kauft Blumen, am Abend wird es eine Party geben. Der Krieg ist vorbei. Oder doch nicht? Virginia Woolf schrieb mit „Mrs. Dalloway“ einen epochemachenden Roman, der 100 Jahre später noch seinesgleichen suchen kann.
London, ein Tag im Juni 1923. Mrs. Dalloway kauft Blumen, am Abend wird es eine Party geben. Der Krieg ist vorbei. Oder doch nicht? Virginia Woolf schrieb mit „Mrs. Dalloway“ einen epochemachenden Roman, der 100 Jahre später noch seinesgleichen suchen kann.
„Mrs. Dalloway sagte, sie wolle die Blumen selber kaufen.“ Warum sollte man ein vor 100 Jahren geschriebenes Buch lesen, das mit so einem Satz beginnt? Mit einem Satz, der an Banalität eigentlich nichts zu wünschen übrig lässt?
Clarissa Dalloway wird am Abend eine Gesellschaft geben. Der gesamte Roman wird an einem Tag spielen und mit dieser Party enden. Kann das spannend sein? Lesenswert auch heute noch? Es kann. Es ist. Auch dieser erste Satz ist zurecht in die Literaturgeschichte eingegangen. Denn schon in ihm wird sichtbar, was und wie Virginia Woolf meisterlich zu erzählen vermag. Er verweist auf soziale Gefälle, zugleich aber auch auf das Brechen üblicher Gewohnheiten. Denn schon hier wird eine ungeschriebene Regel verletzt – die Herrin des Hauses lässt üblicherweise Blumen einkaufen, sie kauft sie nicht selber. Noch der unauffälligste und harmloseste Satz in diesem Roman zeigt, wie präzise Virginia Woolf mit Sprache arbeitet.
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