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CORNELIU MANESCU /ANERKENNUNG FÜR GESCHICKLICHKEIT

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Zum erstenmal in der Geschichte der UNO wurde ein Kommunist als Präsident der Generalversammlung akzeptiert. Die kommunistischen Staaten hatten bis jetzt mit ihren Kandidaten (vor mehreren Jahren wurde ein Pole vorgeschlagen, dann ein Ungar), immer Schiffbruch erlitten. Erst die Rumänen, die in nun schon gewohnter Unorthodoxie

ihren eigenen Kandidaten zunächst ohne Ostblockunterstützung lancierten, gelang es, nicht nur die kommunistischen Stimmen, sondern auch die der westlichen Staaten und der Staaten der „dritten Welt“ zu erhalten. Dieses Votum geht vor allem auf das Konto des unabhängigen Kurses, den die rumänische Außenpolitik auch vor der UNO schon mehrfach unter Beweis stellte. Spektakulärstes Beispiel dieser „Abweichungen“ war die rumänische Haltung im Nahostkonflikt, wo es Rumänien ablehnte, der sowjetischen proarabischen Resolution zuzustimmen.

Wenn auch Alleingänge der rumänischen Außenpolitik im allgemeinen mehr mit dem Namen des rumänischen Ministerpräsidenten Maurer verknüpft werden, ist Manescus Einfluß auf die Diplomatie Bukarests nicht zu unterschätzen. Elegant und sprachengewandt, ein Routinier des diplomatischen Parketts, war er einer der Hauptverantwortlichen für die Öffnung der rumänischen Außenpolitik nach dem Westen, für die Ausweitung des Handels mit dem westlichen Europa und die Normalisierung der deutschrumänischen Beziehungen.

Corneliu Manescu wurde 1916 in Ploesti, dem bekannten Erdölzentrum in der Walachei, als Sohn eines königlichen Regierungsbeamten geboren. Schon als Student — er studierte Rechtswissenschaften und Nationalökonomie an der Universität von Bukarest — schloß er sich der illegalen kommunistischen Studentenbewegung an. Während des Krieges redigierte er Artikel für die Zeitschrift der kommunistischen Untergrundbewegung. Nach

Kriegsende führte Manescus Weg steil aufwärts: 1948 wurde er zum Leiter der politischen Abteilung der Armee ernannt, im Rang eines Generalleutnants wurde er stellvertretender Minister für Landesverteidigung. 1955 wechselte er in die Wirtschaftspolitik über, bis 1960 war er stellvertretender Leiter des staatlichen Planungskomitees. 1960 wurde er auf einen Schlüsselposten der rumänischen Diplomatie berufen — auf den Botschafterposten in Budapest. Schon ein Jahr darauf übernahm er die Leitung des Außenministeriums.

1965 wurde Manescu auch Mitglied des Zentralkomitees der rumänischen KP. In dieser Eigenschaft reiste er noch im selben

Jahr mit Parteichef Ceausescu nach Moskau, wo die rumänische Delegation von den Sowjets die Anerkennung der rumänischen Souveränität, wie sie das Zentralkomitee im April 1964 neu definiert hatte, erreichte. Damit wurden die Beziehungen zwischen Rumänien vmd der UdSSR auf eine neue Grundlage gestellt, die der Emanzipation der ehemaligen „Satellitenstaaten“ und dem entstehenden kommunistischen „Polyzentrismus“ Rechnung trug.

Diese Politik der relativen Unabhängigkeit, gegenüber der UdSSR demonstrierte Manescu schon im Dezember 1965 vor der Vollversammlung der UNO. In den darauffolgenden Monaten richteten sich die Anstrengungen der rumänischen Außenpolitik vor allem nach Frankreich, wo die unorthodoxen Methoden Rumäniens auf besondere Sympathie stießen, und auf die Bundesrepublik, die von Bukarest als erstem kommunistischen Staat anerkannt wurde. Auf Grund dieser Erfahrungen erwarten sich viele von Manescu einen objektiveren und „neutraleren“ Kurs als ihn sein Vorgänger, der Afghane Abdul Rahman Pazhwah, praktiziert hatte.

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