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Und nun: Akademiker und Maturante

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Im Oktober 1950 hatte das 4. Lohn- und Freisabkommen die schon durch die früheren Abkommen stark nivellierten Bezüge der öffentlich Angestellten durch einen für alle Beamten gleich hohen Teuerungszuschlag noch weiter einander angeglichen; daran änderte auch das im März 1951 durchgeführte Nachziehverfahren nur wenig. Die berechtigte Unzufriedenheit der mittleren und höheren Beamten veranlaßte daher den Verband der geistig Schaffenden, vom damaligen Finanzminister Dr. Margaretha eine Valorisierung der Gehaltsätze von 1946 auf das Vierfache zu erbitten; wer schon mehr hatte, dessen Bezüge sollten um 20 Prozent erhöht werden. Der Finanzminister anerkannte dieses Prinzip, mußte aber sein Angebot auf das 3.8-fache herabmindern, da von anderer Seite eine Erhöhung der Familienzulagen gefordert worden war. Als dann die Gewerkschaften die Forderung durchdrückten: Erhöhung aller Bezüge um 10 Prozent plus 140 Schilling, mindestens aber um 24 Prozent, blieb der Regierung nichts übrig, als die Gehaltserhöhung der mittleren und höheren Beamten vom 3.8fachen auf das 3.7fache von 1946 zu verringern. So blieb es bis zum Juni 195 3.

Als nun der neue Finanzminister Dr. Karnitz 195 3 endlich die Entnivellierung durch etappenweise Erhöhung der Bezüge auf das 4.7fache von 1946 durchführen wollte (wer schon mehr hatte, sollte natürlich seine Bezüge behalten), strebten die Gewerkschaften eine neuerliche Nivellierung mit der Forderung an, daß der Vorschlag des Finanzministers nur für die mittleren und höheren Beamten gelten sollte, während die Grundgehalte der unteren Beamten vom Jahre 1946 zunächst um 50 Schilling gesteigert und dann mit 4.4 vervielfacht werden sollten. Hiedurch sollten diese auf das mehr als 4.7- bis zum 5.7fachen von 1946 gesteigert V :rden.

Dieser Regelung hat der Nationalrat zugestimmt, sie wurde in Raten durchgeführt: 1. Etappe ab 15. Juli 1953, 2. Etappe ab 1. Oktober 1954, 3. Etappe laut Bundesvoranschlag ab 1. Juni 195 5. Mit ihr ist aber keineswegs eine Entnivellierung erreicht. Vergleichen wir zunächst das Verhältnis (die ,,Spannung“) zwischen dem Mindest- und dem Höchstbezug brutto:

Gehaltsgesetz............. 100:1244

1. September 1946 ........ 100: 964

1. Juli 1947 ............. 100: 824

1. Lohn- und Preisabkommen 100: 718

2. Lohn- und Preisabkommen 100: 674

3. Lohn- und Preisabkommen 100: 642

1. Nachziehverfahren ...... 100: 670

4. Lohn- und Preisabkommen 100: 632 ())

2. Nachziehverfahren ...... 100: 659

5. Lohn- und Preisabkommen 100: 811

Derzeit ................. 100: 943

Viel wichtiger aber ist das Verhältnis der Nettobezüge. Hiezu seien die Beträge angeführt, die ein verheirateter, kinderloser Beamter nach Abzug der Krankenkasse-, Pensions- und Wohn-bauförderungsbeiträge und der Lohnsteuer nach Gruppe II tatsächlich erhält:

Gchaltt- derzeit gesetz- brutto netto

Mindestgehalt (E 1) 172.— 976.50 902.60 Höchstgehalt (A I 7) 2.140.— 9.202.— 5.925.30

(Die Steuergruppe I wurde zum Vergleich nicht herangezogen, da es Beamte der Dienstpostengruppe I im Alter unter 40 Jahren kaum gibt; andernfalls Nettobezug S 5111.20.)

Der Mindestgehalt verhält sich zum Höchstgehalt laut Gehaltsgesetz brutto 100:1244, netto etwa 100:1000, derzeit brutto 100:943, netto aber nur 100:653.

Die Spannung zwischen dem Einkommen eines 18jährigen Amtsgehilfen und jenem eines 65jährigen Sektionschefs (Leiters einer Finanzlandesdirektion, des Wiener Polizeipräsidenten, des Kabinettsdirektors usw.) beträgt also lediglich 1:6,5. Vergleiche mit dem Einkommen leitender Funktionäre im Wirtschaftsleben liegen nahe...

Da gegen diesen Vergleich eingewendet werden könnte, daß es nur wenige 18jährige Amtsgehilfen und nur wenige Sektionschefs der höchsten Gehaltsstufe gibt, nachstehend ein Vergleich des Endgehaltes eines Amtsgehilfen mit dem in der Regel erreichbaren Höchstgehalt eines Maturanten:

Gehalts- derzeit getetz brutto netto

Amtsgehilfe (E 18) 324.— 1.492.30 1.326.70

Wirkl. Amtsrat (B IV 9) 820.— 3.526.— 2.753.20

Nach dem Gehaltsgesetz betrug diese Spannung brutto 253, derzeit brutto 236, netto aber nur 208 (ähnlich verhält sich natürlich die Höhe der Pensionen). Der Ruhegehalt eines erst mit 20 Jahren angestellten Beamten mit Matura nach 40jähriger Dienstzeit ist also nur doppelt so hoch wie jener eines Amtsgehilfen, der schon im Alter von 14 Jahren erwerbstätig sein konnte.

Vorliegende Darstellung begründet die Forderung der Akademiker und der Maturanten, das Verhältnis ihrer Nettobezüge zu jenen der anderen Verwendungsgruppen wiederherzustellen („nachzuziehen“), etwa durch Valorisierung ihrer Grundgehalte von 1946 auf das 5.7fache.

Dadurch würde sich beispielsweise der Bruttogehalt des wirklichen Amtsrates am Ende seiner Dienstzeit von 3526 Schilling auf 4100 Schilling, der Nettogehalt auf etwa -3100 Schilling erhöhen, also das 2.34fache des Endgehaltes eines Amtsgehilfen erreichen — gegenüber dem 2.08fachen jetzt und dem — freilich brutto — 2.53fachen nach dem Gehaltsgesetz.

Der Anfangsgehalt eines wirklichen Hofrates würde von derzeit brutto 4386 Schilling auf brutto 5814 Schilling, netto von 3291.80 Schuling auf etwa 4100 Schilling steigen, also auf das 3.17fache des Endgehaltes eines Amtsgehilfen — gegenüber dem 2.4fachen jetzt und dem (brutto) 3.4fachen nach dem Gehaltsgesetz.

Derartige Ueberlegungen erhärten die vom Akademikerbund und der Interessengemeinschaft der Akademiker im öffentlichen Dienst unterstützte Forderung des Verbandes der geistig Schaffenden:

Nachziehung der Bruttogeh alte der Akademiker (Verwendungsgruppe A, Richter, Lehrer Li) und der Maturanten (Verwendungsgruppe B, Lehrer L 2) auf das Beamten anderer Verwendungsgruppen schon seit Juli 1951 zustehende Valorisierungs-ausmaß des 5.7fachen der Grundgehalte des Gehaltsüberleitungsgesetzes vom 12. Dezember 1946. Auch dann würden die Nettobezüge noch immer weit hinter dem Index der Lebenshaltungskosten (6.8) zurückbleiben.

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