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UNERLÖST?

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Im Schulbücherverlag zu Agram erschien ein Buch über die Geographie Jugoslawiens. Der Verfasser, Prof. Dr. Rüde Petrovic, schreibt auf den Seiten 6 und 7: „Jenseits der Grenzen liegt Slowenisch-Kärnten mit den Städten Villach und Klagenfurt. Hier wohnen 100.000 Slowenen.“ Auf der Seite 168 ist zu lesen, daß „die gerechten Forderungen des slowenischen Volkes nicht erfüllt“ worden seien und: „Slowenisch-Kärnten blieb noch weiterhin bei Oesterreich.“

Die Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Juni 1951, abgedruckt im Textband 14 durch das Oesterreichische Statistische Zentralamt, zeigen auf Seite 36 eine nach den neun politischen Bezirken Klagenfurt-Land und -Stadt, Villach-Land und -Stadt, Hermagor, St. Veit an der Glan, Spittal an der Drau, Völkermarkt und Wolfsberg aufgeschlüsselte Tabelle, aus der ersichtlich ist, daß bei einer Wohnbevölkerung von 474.767 Personen 22.534, das sind 4,8 Prozent, Slowenisch als Umgangssprache angaben. Woher Professor Petrovic die fehlenden 77.466 Menschen bezieht, ist schleierhaft.

Was die „gerechten Forderungen des slowenischen Volkes“-“angeht, --haben •-beispielsweise' unser(obersten Unterricb.tsfcehörderi'einj derartiges Maß altösterreichischer Toleranz bewiesen, daß es einigen deutschnationalen Schreiern in Kärnten zuviel war! Im übrigen sind die Rechte der slowenischen Minderheit im Staatsvertrag festgelegt und keine der Garantiemächte fand bisher Anlaß, einzuschreiten.

Wohl aber wäre es angezeigt, daß unser Außenamt einschritte gegen die zu Lehrzwecken — und in der 4. Auflage! — verbreitete Ansicht, es sei diesseits der Karawanken noch jemand zu „erlösen“. Was würde man in Agram sagen, spräche ein österreichisches Lehrbuch von Aßling, Krainburg, Cilli und Marburg, die „noch weiterhin bei Jugoslawien verblieben“?

FEHLANZEIGE: LANDESFROSCH

Die Wetterdienststelle Innsbruck der Zentralanstalt für Meteorologie ist gemäß Stellenplan mit einem einzigen Meteorologen besetzt. Es läßt sich nun nicht vermeiden, daß der Wissenschaftler einmal auf Urlaub geht oder krank wird. Logischerweise müßte in solchen Fällen die Wettervoraussage entfallen. Das wäre aber in einem Fremdenverkehrsland wie Tirol, wo überall die Wetterberichte aushängen, peinlich. Nein, der Wetterbericht bleibt nicht aus. Aber — so beklagen sich die Tiroler mit gutem Recht — man gibt „Wiener Wetter“ durch.

Ob die Wetterfrösche auf höchster Sprosse (sprich Staatsleiter) oder auf etwas niederer (sprich Landesebene) amtieren, ist keine Frage vollendeter oder beschränkter Föderativität, und sollte auch kein Problem des Stellenplanes sein, sondern eine rein wissenschaftliche Angelegenheit. Es kann dem Rufe eines Staates, der sich letzthin erst rühmte, an der dritten Stelle des europäischen Fremdenverkehrs zu stehen, keinesfalls dienen, wenn durch die nun einmal geographisch bedingte große West-Ost-Ausdehnung Berichte unseren Gästen vor die Nase gehängt werden, die zwangsweise Differenzen über die bekannten Unsicherheitsfaktoren einer Wettervoraussage hinaus aufweisen.

Da es bei unseren leitenden Stellen, die politisches Wetter machen, die bewährte Doppelbesetzung gibt, könnte der Proporzadler mit seinen zwei Köpfen auch nach Innsbruck fliegen. Oder sollte die Stelle eines Meteorologen am Ende zu schlecht bezahlt sein?

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