Lass uns streiten - © Foto: Rainer Messerklinger

EU-Erweiterung schneller vorantreiben? Nein!

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Diese Woche streiten die beiden FURCHE-Redakteurinnen Manuela Tomic und Brigitte Quint über die Frage, ob die EU schneller wachsen sollte. Brigitte Quint sagt "Nein".

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Diese Woche streiten die beiden FURCHE-Redakteurinnen Manuela Tomic und Brigitte Quint über die Frage, ob die EU schneller wachsen sollte. Brigitte Quint sagt "Nein".

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Die EU-Erweiterung schneller vorantreiben, wollen selbst jene nicht, die vorgeben, die EU-Erweiterung schneller vorantreiben zu wollen. Beim bevorstehenden EU-Erweiterungsgipfel handelt es sich bestenfalls um eine Art Elfenbeinturm-Politik, bei der die Realität für einen Nachmittag ausgeblendet wird – im schlechtesten Fall um eine Unehrlichkeit.

Das Motiv des Gastgebers ist offensichtlich: Die EU will bei den Staaten des Westbalkan, die sich seit Jahren in einer Warteschleife zum EU-Beitritt befinden beziehungsweise lediglich als Bewerberland anerkannt sind, die Wogen glätten. Denn die Blitzernennung der Ukraine zur Beitrittskandidatin hat am Westbalkan so manchen (zurecht)verstört. Auch will man bei dem Treffen seitens der EU dafür sorgen, dass die betroffenen Regionen ihre Tür nicht noch weiter für andere große Weltmächte (u.a. Russland aber auch China) öffnen werden. Gleichzeitig sagt man in Brüssel hinter vorgehaltener Hand, dass weitere Erweiterungsrunden eine Schnapsidee sind, unverantwortbar wären. Die Europäische Union ist für diesen Schritt schlichtweg zu fragil und hat aktuell genug systeminterne Probleme. Gemeint sind etwa der illiberale Kurs in Ungarn (wie es sich mit Polen verhält, gilt es zu beobachten) sowie die Korruption in Bulgarien, Kroatien, Rumänien und der Slowakei.

Neue Mitglieder machen daher nur Sinn, wenn sie die Union nach vorne bringen. Die Staaten des Westbalkan würden dagegen nur neue Probleme mit sich bringen: So tragen in Montenegro zwei Mafia-Clans offen ihre Konflikte aus, ähnlich in Albanien, das sich außerdem schwertut, die Opposition in die Gesetzgebung einzubinden. Serbiens Regierung wiederum kontrolliert einen Großteil der Medien und in Nordmazedonien wurden unlautere Mittel eingesetzt, um den Namen des Landes zu ändern. In Bosnien-Herzegowina sind indes nötige Reformen ins Stocken geraten, im Kosovo gilt es ersteinmal eine funktionsfähige Marktwirtschaft aufzubauen. Der Kandidatenstatus für die Ukraine war letztlich auch nur ein Trostpflaster, das darüber hinwegtäuschen soll, was die EU in diesem Zermürbungskrieg nicht leisten kann (und will). Zwischen den Zeilen ist das mehr als eindeutig.

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