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10 Kilo Zeitgeschichte
Kein Zweifel: Mit dem „Medienkoffer 2“, ein rund zehn Kilogramm schweres Paket mit Materialien zur österreichischen Zeitgeschichte von 1955-1980, läßt sich’s sowohl für Lehrer wie für Schüler im Geschichte- Unterricht arbeiten. Denn der Koffer ist eine zeitgeschichtliche Fundgrube, wenngleich die Materialien in ihrer Qualität zum Teil beträchtliche Unterschiede aufweisen.
Für die wissenschaftliche Leitung und die Zusammenstellung zeichnen solche Spitzenleute auf dem Feld der österreichischen Zeitgeschichte wie Erika Weinzierl, Anton Pelinka, Gerhard Jag- schitz und Peter Dusek verantwortlich.
Davon profitieren alle Allgemeinbildenden und Berufsbildenden Höheren Schulen sowie die berufspädagogischen und pädagogischen Akademien und Institute in Österreich, denen das Unter-richtsministerium den Koffer gratis zur Verfügung stellt. Erwerben können ihn aber auch Pflichtschulen oder Privatleute (beim Verlag Jugend und Volk), freilich zu einem stattlichen Preis: 3600 Schilling müssen für das Paket auf den Tisch gelegt werden.
Zum Inhalt des Koffers selbst: Gut in den Zeitgeschichteunterricht einbauen lassen sich bestimmt die 20 Ubersichts-
folien und die Nachdrucke (Plakate, Flugblätter und Zeitungsnachdrucke).
Daneben finden sich in diesem Paket nicht weniger als zwölf Bücher und drei Broschüren.
Daß dabei Standardwerke zur neueren österreichischen Geschichte wie die von Erika Weinzierl und Kurt Skalnik herausgegebene „Geschichte der Zweiten Republik“, Heinz Fischers „Das politische System Österreichs“ oder Albert Kadans und Anton Peliukas ;,Die Grundsatzprogramme der österreichischen Parteien“ nicht fehlen, ist selbstverständlich.
„Zeitgeschichte im Aufriß“, das Begleitbuch zur gleichnamigen neunteiligen Fernsehserie von Peter Dusek und Norbert Schausbergers „Der Weg zur Republik 1918-1980“ sind gewiß auch überaus brauchbare Unterrichtsmaterialien, ebenso das als Spezialliteratur beigefügte Buch „Spätherbst 1956“, Norbert Rauchen- steiners hochgelobte Arbeit über die erste Feuerprobe für die österreichische Neutralität während des Ungarn-Aufstandes.
Weniger gelungen ist der speziell für den Koffer angefertigte Dokumentationsband zur österreichischen Zeitgeschichte 1955-80. Denn dieser Band bietet einen eher verwirrenden Überblick, ist gespickt mit Kuriositäten, aber ungleich ärmer an
Systematik (die FURCHE kommt darauf noch zurück).
Schwächen dieses Koffers sind, das gewisse Themenkomplexe unserer Zeitgeschichte eher stiefmütterlich behandelt werden. Dazu zählt zweifellos die Wirtschaftsgeschichte.
Wohl finden sich in der Folienmappe Wirtschaftsstatistiken, die — „Schönwetterstimmung“ verbreitend - den hohen Beschäftigtenstand und die niedrige Arbeitslosenrate in Österreich zeigen, keine Statistik weist indes auf die Entwicklung der Inflationsrate oder die zunehmende Staatsverschuldung hin.
Kaum Antworten findet man darauf, welche Entwicklungen der jüngsten Zeit zur Politik- und Demokratieverdrossenheit der heutigen Jugend beigetragen haben mögen - Probleme, die schließlich gerade Gymnasiasten in ganz besonderem Maße berühren.
Dafür finden sich in dem Koffer gleich zwei Publikationen zum Thema Frauenemanzipation. Eine davon, unter dem Titel „Frauen in Österreich“, vom Bundeskanzleramt herausgegeben und geschrieben von Trautl Brandstaller, hat freilich eine stark propagandistische Schlagseite: weniger den Frauen, mehr der (erraten!) erfolgreichen Regierungspolitik gewidmet…
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