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Der KGB ist absolute Spitze

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Die Gestalt Andrej Sacharows wird in den Debatten und schweren Krisen der sowjetischen Demokratie - Wie lange wird der Weg noch dauern? -immer mehr Bedeutung erhalten. Sechs Jahre totaler Isolation in Gorki (heute wieder Nischni-nowgorod) und die Jahrzehnte der Verfolgung hatten seine Gesundheit zerstört gehabt. In Gorki waren fünfunddreißig KGB-Beamte rund um die Uhr mit der Bewachung und sadistischen psychischen Zermürbung Sacharows beschäftigt.

Das Raffinement, die Hartnäk-kigkeit und die geradezu irrationale Dimension dieser Maßnahmen erfährt man kl Andrej Sacharows im Piper-Verlag erschienenen Memoirenband „Mein Leben". Bei der Lektüre stellt man fest, daß hier die Tatsachen auch die bizarrsten westlichen Phantasien übertroffen haben. In der Zentrale des KGB in Moskau ließ sich eine große Abteilung des Hauses ständig Aktivitäten zur Person Sacharows einfallen, beispielsweise wurden mehrere Male die Manuskripte des Autors auf mafiose Weise gestohlen.

Die Fähigkeiten des Sowjetstaates in Organisation, Wirtschaft, Industrie, Landwirtschaft, letztlich sogar in der militärischen Aufrüstung haben versagt, das alles führte - Gott sei Dank - zu Glasnost und Perestrojka. Dank eines gigantischen Aufwandes konnte lediglich die Weltraumfahrt halbwegs mit dem Westen mithalten. Im Bereich des Geheimdienstes aber war und ist der KGB wohl immer noch absolute Weltspitze. Hier scheint sich die Kreativität des kommunistischen Systems geradezu überwältigend entfaltet zu haben.

Dazu empfiehlt es sich, Oleg Gordiewskis und Christopher Andrews bei Bertelsmann erschienenes Werk „KGB" zu lesen. Da dieser Band 959 Seiten, Sacharows Memoiren 939 Seiten Umfang haben, werden sich leider nur wenige-Leser finden. Ohne das Studium dieser Werke läßt sich aber manches sehr Wesentliche nicht in vollem Ausmaß erkennen, etwa die große historische Bedeutung des frühen Sacharow für die Sowjetmacht.

Ohne seine (unter genauer Beobachtung durch den KGB gebaute) Wasserstoffbombe, von der er selbst schreibt, sie hätte „die Bombe von Hiroshima um mehrere tausendmal" übertroffen, wäre es möglicherweise gar nicht zum Kalten Krieg gekommen. Stalin wäre nämlich nicht in der Lage gewesen, den USA gegenüber so aufzutreten, wie er es dank Sacharows Bombe tun konnte.

Die vielschichtigen Hintergründe der Moskauer Machtpolitik sind längst noch nicht alle deutlich geworden. Auch heute sollte stets bewußt bleiben, daß trotz Glasnost die Perfektion der byzantinischen Diplomatie mit ihrem Geheimdienst manche Überraschungen bescheren kann. Oder wird.

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