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Feiertag ist mehr als freier Tag

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Nächste Woche ist Nationalfreiertag. Frei ist er, der 26. Oktober, jedenfalls, sogar für die, die sonst an Samstagen Dienst tun oder die Schulbank drücken. Aber ein Feiertag? -

Natürlich wird wie gewohnt am Äußeren Burgtor in Wien ein Kranz niedergelegt werden. Tradition hat auch schon eine Sondersitzung des Ministerrates im erlaucht-intimen Rahmen. Und selbstverständlich paradieren stramme Waden in Wollstutzen über Wiesen- und Waldwege. Fit mach mit.

Dürftig für einen Nationalfeiertag. Armselig erst recht für diesen 26. Oktober. Ist es Gedankenlosigkeit? Mangelt es an Selbstbewußtsein?

Vor dreißig Jahren wurde an diesem Tag - und an keinem anderen — eine neue, entscheidende Epoche der österreichischen Geschichte eingeleitet: Wir sind nicht neutralisiert worden, wir haben aus freien Stücken unsere immerwährende Neutralität erklärt, haben das Neutralitätsgesetz beschlossen.

Halbherzig wurde dieser Nationalfeiertag geschaffen, die einen waren für den 15. Mai, die anderen für den 12. November und die dritten wissen mit der österreichischen Nation nichts anzufangen, halbherzig wurde er wegen der nachklingenden Ressentiments gefeiert und ebenso wird dieses Jubiläum begangen. Ein Nationalfeiertag, der keinem ein Anliegen, allen nur lästige Pflicht ist: Wäre es nicht ehrlicher, ihn abzuschaffen? Mit der Verlogenheit aufzuhören?

Nein, wir brauchen diesen Tag. Wir müssen nur endlich lernen, ihn zu feiern: als Tag der erlebten und gelebten Einheit. Ein Tag im Jahr, an dem das Gemeinsame über das Trennende gestellt wird. An dem Fred Sinowatz gemeinsam mit Alois Mock über die Zukunft nachdenkt. An dem Kurt Waldheim und Kurt Steyrer zusammen erklären, welche Werte sie für die Zukunft unserer Gemeinschaft unverzichtbar halten. An dem Jörg Haider und Valentin Inzko miteinander reden, was sie als Österreicher verbindet.

Fit-Märsche, das ist richtig, dienen ebenfalls der Begegnung. Aber sie müßte dringend auf anderer Ebene gesucht werden.

Oder: Wir brauchen ein Parlament, das sich nicht nur zu einem Verfassungsgesetz, sondern auch zu den damit verbundenen Pflichten bekennt. Das uns und der Welt unmißverständlich den Selbstbehauptungswillen dieser Republik. manifestiert. Das zum Jubiläum eine Friedensbotschaft an die Welt richtet.

Wir müssen diesen Tag auch zur Besinnung nützen: So falsch die Legende ist, daß an diesem Tag der letzte fremde Soldat österreichisches Staatsgebiet verlassen hat, so richtig ist es, daß rund um uns heute noch - vierzig Jahre nach dem Krieg — Besatzungssoldaten stationiert sind.

Also tun wir etwas. Heuer

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