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Goliath walzt David nieder

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Das mühsame Ringen der kleinen Belegschaft im Konsum-

Heimwerkerzentrum in Vösendorf bei Wien (FURCHE 22,/1981) um einen gesetzlich einwandfreien Betriebsrat im sozialistischen Konsum- Imperium neigt sich dem Ende zu. Der Konsum- Goliath walzt den Heimwerker-David nieder.

„Wir ersuchen euch, werte Genossinnen und Genossen, uns im Kampf um unsere Arbeitsstätte und um unsere Arbeitsplätze zu unterstützen.“

Diesen verzweifelten Hilferuf an den SPÖ-Bundesparteivorstand formulierten die sozialistischen Betriebsräte des Konsum-eigenen Heimwerkerzentrums (HWZ) Vösendorf am 22. Juni.

Der Grund: An diesem Tag hatte zuvor Konsum-Vorstandsdirektor Friedrich Schinogl die Heimwerker zu sich in die Firmenzentrale in die Wiener Wolfganggasse zitiert und ihnen eröffnet, daß ihr Betrieb per Ende Juli 1981 gesperrt werden soll.

Die Folge: Zu Beginn der Urlaubszeit, die der Erholung dienen sollte, müssen sich die rund 50 Beschäftigten jetzt vom Schock erholen, demnächst den blauen Kündigungsbrief überreicht zu bekommen.

Drei Beweggründe wollen die Heimwerker aus der von Schinogl formulierten Hiobsbotschaft herausgehört haben: die wirtschaftliche Lage des Heimwerkerzentrums lasse keine positive Entwicklung erwarten, die Räumlichkeiten würden für eine Erweiterung des Vösendorfer Konsum-Einrichtungshauses benötigt, da die Firma Leiner gleich’ nebenan baue, und schließlich gebe es ständige Reibereien zwischen den HWZ-Betriebsräten und den anderen Konsum-Belegschaftsvertretern.

Letzteres stimmt, wenn auch nicht pauschal. Wirklich ein Dorn im Auge war der HWZ-Betriebsrat von Beginn an nur einem: dem Arbeiter-Betriebsratskaiser im Konsum, Alois Šerini.

Und der hatte schon im Frühjahr 1980 vorhergesagt: „Wenn im HWZ ein Betriebsrat gewählt wird, werden wir dafür sorgen, daß die Bude gesperrt wird.“

Der Mann hat Weitblick - oder unerhörte Macht. Jedenfalls geschieht im Konsum-Imperium nunmehr das, was Šerini als letzte Lösung angedroht hatte.

Als „Zwischenlösung“ wurden - die FURCHE berichtete darüber - andere Methoden gewählt: Nicht nur, daß gewaltsam mit Drohungen und Prügel versucht wurde, die Heimwerker von ihrem Vorhaben abzubringen und sie • gefügig zu machen, probierte man auch, ihnen mit willkürlichen Kündigungen die Schneid abzukaufen.

Die Bastlermannen blieben freilich

sich selbst und ihrem am 14. März 1980 gewählten Betriebsrat treu.

Vor dem Schritt, das Problem ebenso rechtlich einwandfrei wie demokratisch durch eine Anfechtung der Heimwerker-Betriebsratswahl beim Einigungsamt zu lösen, schreckten die Konsum-Lenker zurück:

Erstens entsprach die Vösendorfer Wahl dem geltenden Arbeitsverfassungsgesetz. Zweitens war die Gefahr, daß nicht die Heimwerker-Vertretung, sondern das übrige Betriebsrätesystem im Konsum-Imperium bei einem solchen Verfahren aus den Angeln gehoben worden wäre (FURCHE 24/1980), offensichtlich zu groß. Das hätte nämlich die Entmachtung des mächtigen Šerini bedeutet.

Konsum-intern wundert man sich über die Wendung, die der Fall jetzt zu nehmen droht, kaum. Wenn Šerini etwas sagt, munkelt man, habe kein anderer etwas zu reden: kein Konsum-General Manfred Kadits, kein Pcrsonaldirektor Friedrich Schinogl, als dessen Nachfolger der Betriebskaiser bereits gehandelt wird. Und auch kein Aufsichtsrat.

Eine Konsum-Aufsichtsratssitzung am letzten Juni-Wochenende scheint dieses Gerücht zu bestätigen: Dort wurde - nach vorangegangenem Präsidium - der Mehrheitsbeschluß gefaßt, daß für das Vösendorfer HWZ Ende Juli Sperrstund’ ist.

Der Konsum-Goliath walzt den Heimwerker-David nieder.

Womit auch die Hoffnung der Bastler-Belegschaft, daß der Hilferuf an den SPÜ-Bundsparteivorstand unter Bruno

Kreiskys Leitung erhört wird, auf ein Minimum gesunken ist. Denn der Präsident des Konsum-Aufsichtsrates hat auch im Parteivorstand ein gewichtiges Wort mitzureden: er heißt Anton Benya, im konkreten Fall freilich nicht Arbeitnehmervertreter, sondern in der Rolle des Arbeitgebers.

Und nicht nur Gewerkschafter fragen sich nunmehr, wie der beschworene Kampf um jeden einzelnen Arbeitsplatz mit der Kündigung von rund 50 Heimwerkern zusammenpaßt.

Die Argumentation, daß wirtschaftliche Gründe die HWZ-Sperre erfordern, steht auf tönernen Füßen. Abgesehen davon, daß derartige Bastlerläden ausgesprochene Goldgruben sind, war auch Schinogl nicht bereit, dies gegenüber der FURCHE zu bestätigen: „Wer sagt denn, daß es dem HWZ schlecht geht?“

Der letzte Versuchsballon in dieser Frage scheint allerdings aucty geplatzt zu sein: Der Verdacht, das HWZ-Jahr 1980 habe bei einem Umsatz von rund 78 Millionen Schilling mit einem Fehlbetrag von etwa 14 Millionen Schilling abgeschlossen (FURCHE 22/1981), erscheint zwischenzeitlich in einem anderen Licht.

Schon eine erste, oberflächliche Prüfung durch Konsum-Revisoren konnte, atmen die Heimwerker auf, zumindest den Verbleib von etwa fünf Millionen Schilling aufklären: sie errechnen sich großteils in Konsum-internen Organisationsmängeln. Was kein besonders gutes Licht auf das Management wirft. Vielleicht will man es sich deshalb auch ersparen, den restlichen neun Millionen Schilling auf die Spur zu kommen.

„Die bleiben", befürchtet ein Gewerkschaftsvertreter, „dann an der Belegschaft hängen, die man jetzt auf die Straße setzt.“ Und er plädiert dafür das HWZ zumindest erst dann zu sperren, wenn die HWZler von möglichen Vorwürfen reingewaschen sind.

Doch dafür hat man im Konsum-Imperium kein Verständnis. Dort will man zusperren - und zwar rasch: weil Šerini dann den separaten HWZ-Betriebsrat nicht mehr fürchten muß. Und: „Weil sich dann die Schreiberei in der FURCHE aufhört“, soll auch am Wochenende gefallen sein.

Woher diese Hoffnung?

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