6898681-1980_20_06.jpg
Digital In Arbeit

Ein Fall für den Staatsanwalt

19451960198020002020

Nicht die unfaßbaren Zustände, wie im Konsum Österreich die A rbeitnehmermitbestimmung gehandhabt wird, sondern der Umstand, daß die Öffentlichkeit davon Kenntnis erhalten hat, regt die Beteiligten auf. Deshalb beschloß man am 8. Mai bei einem Gipfelgespräch zwischen Spitzengewerkschaftern und Konsum-Größen eine Informationssperre über die Vorfälle im Heim werkerzentrum (H WZ) Vösendorf (FURCHE 17 und 19/1980).

19451960198020002020

Nicht die unfaßbaren Zustände, wie im Konsum Österreich die A rbeitnehmermitbestimmung gehandhabt wird, sondern der Umstand, daß die Öffentlichkeit davon Kenntnis erhalten hat, regt die Beteiligten auf. Deshalb beschloß man am 8. Mai bei einem Gipfelgespräch zwischen Spitzengewerkschaftern und Konsum-Größen eine Informationssperre über die Vorfälle im Heim werkerzentrum (H WZ) Vösendorf (FURCHE 17 und 19/1980).

Werbung
Werbung
Werbung

Zu diesem Gipfelgespräch hätte es eigentlich schon früher kommen sollen: Im Vertrauen darauf hatte die Belegschaft des Heimwerkerzentrums Vösendorf am 5. Mai nach vier Stunden Arbeitsniederlegung den Betrieb wieder aufgesperrt (FURCHE 19/1980). Den H WZ-Leuten ging es darum, ihren Kollegen Roman Rint vor der ungerechtfertigten Kündigung durch den Konsum zu retten.

Ursprünglich wurde die entscheidende Aussprache für den 7. Mai anberaumt. Pünktlich um 13 Uhr kreuzte auch die Delegation der Gewerkschafter und der HWZ-Betriebsräte unter Führung von ÖGB-Vizepräsident Alfred Daliinger am vereinbarten Treffpunkt im Parlament auf.

Wer nicht kam, war die Konsum-Seite: es wäre ein Terminirrtum vorgelegen ...

Daraufhin setzten die Heimwerker ab 15.45 Uhr am 7. Mai ihren am

5. Mai unterbrochenen Streik fort: der Konsum-Betrieb wurde erneut zugesperrt, diesmal bis zum nächsten Tag um 17.40 Uhr.

Am 8. Mai war es dann so weit: ab 13.45 Uhr prallten im Vorstandszimmer des SPÖ-Klubs im Parlament die Meinungen aufeinander - und dies teilweise so lautstark, daß selbst zwei Polstertüren nur ungenügend Schallschutz boten.

Eine Stunde vor diesem Auftritt legte sich ÖGB-Vizepräsident Daliinger auf ein Ergebnis fest. „Die Kündigung von Rint” , bekräftigte er im Gespräch mit der FURCHE, „ist ungerechtfertigt.” Außerordentlich bedauere er es, „daß es zu keiner amikalen Lösung gekommen ist”.

Konsum-Generaldirektor Manfred Kadits, unter anderem von Direktor Thomas Lachs und Konsum-Betriebskaiser Alois Serini assistiert, versuchte, bei seinem Eintreffen gelassen zu wirken. Jovial lächelnd gab er sich überzeugt, daß es zu einer zufriedenstellenden Lösung kommen werde.

Eineinhalb Stunden später, bei einer Sitzungsunterbrechung, reagierte er auf die Frage, ob sich eine positive Lösung abzeichne, gereizt: „Es gibt von mir aus dazu sicherlich in der nächsten Zeit keinen Kommentar”. Schweigsam erwies sich auch Serini: „Von mir er-fohrn S' nix”.

. „Ich kann garantieren”, hatte zuvor schon Gewerkschaftsunterhändler Heimut Braun fallen lassen, „daß heute niemand bereit ist, etwas zu sagen”. Ubersetzt heißt das: ab sofort Informationssperre im Fall Vösendorf!

Einzig und allein Dallinger ließ anklingen, was turbulent hinter den Polstertüren ausgehandelt wurde: Eine Lösung Für Rint zeichnet sich ab. Das heißt, daß seine Kündigung zurückgenommen werden wird.

Zumindest ein Erfolg.

Weniger beruhigend ist hingegen der zweite Teil der Dallinger-Andeutung: „Das Verhandlungsergebnis hat auch eine Zukunftsperspektive”.

Da keiner der Beteiligten bereit ist. etwas darüber zu sagen, besteht Grund zur Annahme, daß die ausgehandelte Lösung problematisch ist. Sie muß so problematisch sein, daß man sich gezwungen sieht, sie vor der Öffentlichkeit geheimzuhalten.

Wenn man zudem in Rechnung stellt, daß beide Seiten in den Verhandlungen einen Erfolg erzielen mußten, so-scheint der Erfolg für die streitbaren Heimwerker klar: eben die Zurücknahme der Rint-Kündigung.

Zudem hat zwischenzeitlich Konsum-Direktor Walter Eiseisbrecher -nach dem Erscheinen der letztwöchigen FURCHE - mündlich zugesagt, auch die Kündigung der Angestellten Sali-egger werde zurückgenommen.

Und der Erfolg für die Konsum-Seite? Der könnte theoretisch nur darin bestehen, das zu erreichen, was Alois Serini als Betriebsratsobmann der Konsum-Arbeiter mit Gewalt nicht erreicht hat: daß dem am 14. März rechtmäßig gewählten Betriebsrat im Heimwerkerzentrum Vösendorf die Eigenständigkeit genommen wird.

Für eine derartige „Zukunftsperspektive” spräche auch die Angst der Konsum-Gewaltigen vor Beispielsfolgen: Bliebe nämlich der Heimwerker-David erfolgreich, würde wahrscheinlich in kürzester Zeit das zentrale Betriebskaiserreich im Konsum zerfallen. Vösendorf Fände Nachahmer.

Einstweilen schweigen sich jedenfalls die Beteiligten aus, zumindest was das Gipfelgespräch betrifft. Ansonsten werden einige doch reden müssen: die Vorfälle rund um die Betriebsratswahlen im Heimwerkerzentrum Vösendorf beschäftigen bereits die Staatsanwaltschaft Wien.

Gegen den gelernten Tischler Alois Serini und seine Kollegin Erna Deihsen wurde Strafanzeige wegen des Verdachtes der Verhinderung einer Wahl und Verhinderung sowie Störung einer Versammlung erstattet.

„Wer mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung eine Wahl... verhindert oder absichtlich stört, ist”, bestimmt das neue Strafgesetz, „mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen”.

Ebenso wird die „Verhinderung oder Störung einer Versammlung” mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagsätzen strafrechtlich geahndet.

Nunmehr versucht die Staatsanwaltschaft zu klären, ob der zweimalige Kraftakt, mit dem Serini und seine Gefolgsleute die wahlvorbereitende Betriebsversammlung der Heimwerker im heurigen Winter zu sprengen versuchten FURCHE 17/1980), einen strafrechtlichen Tatbestand darstellt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung