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Würgegriff des roten Riesen

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Angesichts der Sitten, die im sozialistischen Konsum- Imperium in Sachen Betriebsdemokratie herrschen, muß die im SPÖ-Programm erhobene Forderung, diese,,Demokratie als Gestaltungsprinzip aller Bereiche unserer Gesellschaft (zu) verwirklichen“, als gefährliche Drohung erscheinen. Im Konsum ließen Sozialisten sozialistische Betriebsräte den bisher übelsten A uswuchs des Betriebsterrors in Österreich spüren. Und allerhöchste Parieigrößen haben davon gewußt - und die unfaßbaren Methoden geduldet.

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Angesichts der Sitten, die im sozialistischen Konsum- Imperium in Sachen Betriebsdemokratie herrschen, muß die im SPÖ-Programm erhobene Forderung, diese,,Demokratie als Gestaltungsprinzip aller Bereiche unserer Gesellschaft (zu) verwirklichen“, als gefährliche Drohung erscheinen. Im Konsum ließen Sozialisten sozialistische Betriebsräte den bisher übelsten A uswuchs des Betriebsterrors in Österreich spüren. Und allerhöchste Parieigrößen haben davon gewußt - und die unfaßbaren Methoden geduldet.

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Das hat sich noch kein Privatunternehmer leisten dürfen. Gewerkschaftssekretär Gerhard Loibl ist als Sozialist entsetzt, wie Konsum-Sozialisten den frei gewählten sozialistischen Betriebsrat im Konsum-Heimwerkerzentrum Vösendorf bei Wien niedergemacht haben.

Weil der Konsum und seine Betriebsratskaiser, Alois Šerini für die Arbeiter und Erna Deihsen für die Angestellten, weder durch Gewalt die Betriebsratswahl im Vösendorfer HWZ verhindern noch den am 14. März 1980 gewählten Betriebsrat mit legalen Mitteln aus dem Sattel heben konnten, wurden die Heimwerker unter Druck gesetzt.

Nachdem willkürliche Kündigungen vor Jahresfrist vereitelt werden konnten, versuchten die sozialistischen Arbeitsplatzsicherer einen - wahrscheinlich aber nur ihrer Ansicht nach genialen - letzten Schachzug: Sie informierten die HWZ-Belegschaftsvertreter Theo Lehner, Franz Pimingsdorfer und

Franz Komoly am 22. Juni, daß der Baubedarf- und Bastlerladen an der südlichen Wiener Stadtgrenze per Ende Juli aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden müsse (FURCHE 26/1981).

Mit anderen Worten: Wird der Betrieb gesperrt, gehen die rund 50 Arbeitsplätze verloren, hat auch der HWZ-Betriebsrat sein Recht verloren.

In ihrer Verzweiflung richteten die Heimwerker einen Hilferuf an den SPÖ-Bundesparteivorstand unter Kanzler Bruno Kreisky mit dem Ersuchen, „uns im Kampf um unsere Arbeitsstätte und um unsere Arbeitsplätze zu unterstützen“ (Brieftext).

Obwohl jedes SPÖ-Mitglied das Recht hat, sich an den Parteivorstand zu wenden, hat man dort nicht für alle Anliegen offene Ohren. Den HWZ- Mannen etwa bestätigte man lediglich lapidar den Erhalt ihres Schreibens, „das sich mit der Sperre Eures Betriebes beschäftigt. Wir haben es an den

ÖGB weitergeleitet, weil der Bundesparteivorstand in dieser Angelegenheit nicht Schiedsrichter sein kann und darf.“

Der weitergeleitete Hilferuf kam damit just in die richtigen Hände: in jene des ÖG.B-Präsidenten Anton Benya…

Wäre es1 um einen kleinen Greißler gegangen, hätte der ÖGB-Apparat zu rotieren begonnen. So aber ist es um das Konsum-Imperium und seinen Aufsichtsratsvorsitzenden Anton Be-

nya gegangen. Und daher rotierte im ÖGB nichts.

Dafür aber im Konsum.

Nach einer gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat des Fast-Filialbetriebes der SPÖ am 26. Juni wurde den Vösendorfer HWZ-Be- legschaftsvertretern offiziell mitgeteilt, daß beschlossen wurde, „das Heimwerker-Zentrum Vösendorf aus betriebswirtschaftlichen Gründen zu schließen“.

Obwohl diese Entscheidung vom Vorstand beantragt worden war, wollen Konsum-Mitarbeiter zudem wissen: Bepya selbst habe auf diese Lösung gedrängt und nicht nur einmal die Laxheit kritisiert, mit der der mächtige Konsum den Fall des ohnmächtigen Vösendorfer Betriebsrates behandle.

Wie überhaupt der Gewerkschafter Benya im Konsum nicht wiederzuerkennen ist: So soll in der erwähnten Aufsichtsratssitzung vom 26. Juni ein von der - Angestellten-Betriebsrätin Deihsen im Sinne des SPÖ-Programms (siehe Zitate) und der ÖGB-Beschlüsse gestellter Antrag auf paritätische Besetzung des Aufsichtsrates empört abgedreht worden sein.

Für die HWZ-Belegschaft sprangen schließlich nur noch die niederösterreichischen Privatangestelltengewerkschafter in die Bresche und versuchten, zwischen der Konsum-Geschäftsführung unter Generaldirektor Manfred Kadits und den Konsum-Mitarbeitern im Vösendorfer Heimwerkerzentrum eine Aussprache herbeizuführen.

Das Gespräch ging am 7. Juli über die Bühne - und bald auf den Kern der Sache ein. Kadits, seit 1946 selbst SPÖ- und Gewerkschaftsmitglied, ließ seine Parteifreunde auf der Gegenüberseite wissen, daß der Konsum die „Extrawurst" (Kadits) eines frei gewählten

Betriebsrates im Vösendorfer HWZ nicht dulden könne.

Und was getan werden müßte, damit der Betrieb weiter bestehen kann?

Kadits versteckte sich nicht länger hinter dem betriebswirtschaftlichen Vorwand, der eine Sperre notwendig mache, sondern stellte klar: die Vösendorfer müßten auf ihre „Extrawurst" verzichten.

Der Vermittlungsvorschlag von Gewerkschaftssekretär Josef Tessar, die gewählten HWZ-Vertreter in den eigentümlich konstruierten Konsum-Betriebsrat (FURCHE 24/1980) zu integrieren, scheiterte am Widerstand der Betriebsratskaiser Šerini und Deihsen.

Die Gegenforderung lautete auf Kapitulation der Heimwerker: auf Rücktritt. Wenn also der gesetzlich einwandfreie Betriebsrat im Vösendorfer Heimwerkerzentrum weiter besteht, wird der Betrieb „aus betriebswirtschaftlichen Gründen“ am 31. Juli 1981 gesperrt. Ohne frei gewählten Betriebsrat kann aber das Heimwerkerzentrum weiterbestehen.

Dieser bisher wohl übelste Auswuchs des Betriebsterrors in Österreich mit derart unfaßbaren und unsauberen Methoden geschah praktisch vor den Augen allerhöchster Parteigrößen. Die wohlklingenden Bekenntnisse und Forderungen des SPÖ-Parteiprogramms (siehe Kästen) wurden vorderhand durch diese Lektion zu leeren Phrasen.

Der Würgegriff des roten Riesen erstickte jedenfalls die eigenständige Heimwerker-Belegschaftsvertretung: „Wenn wir auch nur einen einzigen Arbeitsplatz retten können, haben wir die Pflicht, zurückzutreten - alles andere können wir nicht verantworten“, sahen sich Lehner und seine Kollegen zur Kapitulation gezwungen.

Am 9. Juli um acht Uhr trat der HWZ-Betriebsrat mit Wirkung Ende Juli zurück - und hofft seither, daß auch der Konsum Wort hält. Wobei ein Gewerkschaftssekretär trotzdem befürchtet: „In ein paar Monaten werd’n S’ in Vösendorf ka G’sicht mehr kennen.“ ‘

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