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Im Namen der Republik

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Das SPÖ-Programm 1978 ist dafür, daß Betriebe, „die die Wahl von Betriebsräten behindern oder einschränken, von jeder öffentlichen Förderung“ ausgeschlossen werden sollen.

Und es postuliert den hehren Grundsatz: „Wo immer es möglich wird, sollen die Mertschen ihr Leben und ihre Arbeit in sozialer Verantwortung selbst gestalten und an den Entscheidungen mit- wirken, die sie betreffen.“

Die Praxis im Konsum Österreich, der eigentlich als Exempel dafür gelten dürfte, wie ein sozialistisches Denkmodell in einem von Sozialisten geführten und dominierten Unternehmen umgesetzt wird, ist zum Fürchten.

Am eigenen Leib hat das die rund 50köpfige Belegschaft des Konsum-Heimwerkerzentrums (HWZ) Wien-Vösendorf verspürt. Die FURCHE hat diesen Fall unfaßbaren Betriebsterrors in den Jahren 1980 und 1981 ausführlich beschrieben und betrieben. Um Unrecht zu verhindern.

Jetzt wurde in diesem Fall endgültig Recht gesprochen, soweit es dabei um strafrechtlich relevante Taten gegangen ist.

Kurz der Sachverhalt zur Erinnerung: Die HWZ-Belegschaft wollte im Einklang mit dem Arbeitsverfassungsgesetz im Früh jahr 1980 einen eigenen Betriebsrat wählen. Weil der Konsum- „Betriebsratskaiser“ Alois Šerini (Arbeiter) und seine Kollegin Erna Deihsen (Angestellte) Beispielsfolgen und damit um ihre Macht im roten Wirtschaftsimperium fürchteten, versuchten sie das mit ihren Gefolgsleuten zu verhindern. Mit allen Mitteln.

Es kam zu Handgreiflichkeiten, Drohungen, Sachbeschädigungen, zu schikanös-ungerechtfertigten Kündigungen. Eine HWZ- Betriebsversammlung am lO.Jän- ner 1980 von den Konsum-Appa- ratschiks gesprengt, und die ordnungsgemäße Betriebsratswahl am 14. März 1980 sollte brutal vereitelt werden.

Letztere Vorfälle hatten ein gerichtliches Nachspiel: Vor dem Wiener Landesgericht für Strafsachen wurden zwölf Konsum- Betriebsräte, darunter Šerini und Deihsen, für ihre Terrormethoden Ende 1981 verurteilt. Dagegen haben sie berufen.

Nun hat das Oberlandesgericht als Berufungsinstanz entschie den: Den Berufungen wird nicht Folge geleistet. Das Urteil liegt jetzt auch in schriftlicher Ausfertigung vor.

Alois Šerini und seine Kumpane sind demnach wegen des Vergehens der versuchten Nötigung (Paragraphen 15 und 105, Absatz

1 des Strafgesetzbuches) schuldig, Šerini und Deihsen überdies des Vergehens der Verhinderung bzw. Störung der Betriebsversammlung (Paragraph 285, Ziffer

2 des Strafgesetzbuches) und ein weiterer — nämlich Adolf Koran — des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem Paragraph 125 des Strafgesetzbuches.

In der Berufung haben die Konsum-Mannen die mangelnde Strafwürdigkeit der Tat (Paragraph 42 Strafgesetzbuch) für sich reklamiert. Dem konnte aber das Oberlandesgericht nicht zustimmen.

„Man mag“, heißt es in der Urteilsbegründung, „noch sagen können, daß die Taten der Angeklagten keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen haben …, sodaß man allenfalls der Ansicht sein könnte, daß aus diesem Grund eine Bestrafung nicht geboten ist, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (was zumindest bei Alois Šerini fraglich erscheint, da es sich bei diesem nicht nur um den Rädelsführer, sondern vor allem um einen rücksichtslosen Überzeugungstäter handelt)“, so gebe es trotzdem keinen Grund zur Nachsicht.

Denn: „Von einer geringen Schuld kann im Hinblick auf das überlegte und zielstrebige Vorgehen der Täter nicht gesprochen werden. Vor allem aber ist eine Bestrafung der Angeklagten aufgrund der den gegenständlichen Vorfällen zuteil gewordenen Publizität und der grundsätzlichen Notwendigkeit, die Ausübung betriebsdemokratischer Rechte unbeeinträchtigt zu gewährleisten, geboten, um der Begehung gleichartiger oder ähnlicher strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.“

So ehrend diese Begründung für die FURCHE, die für die notwendige Publizität gesorgt hat, auch sein könnte, so problematisch bleibt sie: Wären ohne entsprechende Berichterstattung die Vorfälle unter den Teppich gekehrt worden?

Trotzdem: Für ihr „Kesseltreiben gegen die Betriebsräte des HWZ Vösendorf“ (Urteilsbegründung) wurden Šerini & Co. mit Geldstrafen zwischen 10.000 mit 39.600 Schilling sowie zum Kostenersatz des Strafverfahrens im zwei Instanzen verurteilt.

Strafrechtlich ist der Fall abgeschlossen. Dennoch bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Allerhöchste Parteigrößen der SPÖ — von Bruno Kreisky bis zu Anton Benya — haben um diesen übelsten Auswuchs des Betriebsterrors gewußt—und ihn geduldet.

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