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Konsum scheut Weg zum Einigungsamt

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Der Kampf der Belegschaft des Konsum-eigenen Heimwerkerzentrums Vösendorf am südlichen Stadtrand von Wien um einen selbständigen Betriebsrat, über den die FURCHE laufend berichtet hat, beschäftigt mittlerweile Staatsanwaltschaft und Parlament.

Trotzdem ist man in der Konsum-Zentrale in der Wiener Wolfganggasse zuversichtlich: Was in den ersten Monaten des heurigen Jahres nicht gelungen war, nämlich eine Betriebsratswahl der Heimwerker - im wahrsten Sinn des Wortes - niederzuschlagen, soll bis zum Jahresende auf elegante Weise gelingen.

Am Höhepunkt der Auseinandersetzung fand am 8.Mai im Parlament ein Gipfelgespräch zwischen Gewerkschaftsvertretern und Konsum-Größen statt (FURCHE 20/1980), bei dem nicht nur eine Informationssperre gegenüber Dritten beschlossen wurde. Vielmehr wurde auch ein Pakt ausgehandelt, der, so ÖGB-Vizepräsident Alfred Daliinger damals zur FURCHE, Zukunftsperspektiven hat.

Allerdings war die Freude über die Aussicht, die aufmüpfigen Heimwerker doch kleinzukriegen, in der Konsum-Zentrale derart groß, daß das Mitteilungsbedürfnis über die beschworene

Verschwiegenheit siegte. Und relativ rasch sprach sich als freudige Nach-richtherum.wasgeheimgehalten werden sollte:

Der am 14. März gewählte HWZ-Betriebsrat werde spätestens bis zum Jahresende zurücktreten. Die vier Betriebsräte sollen dann vorläufig in den sogenannten Konsum-Betriebsrat der Region Ost kooptiert werden.

Diese Lösung ist freilich keine, die dem Arbeitsverfassungsgesetz standhält. Sie hat nicht nur einen Schönheitsfehler.

Schönheitsfehler Nummer eins: Das Verhandlungsergebnis kam nicht ganz ohne Druck zustande. Offensichtlich wurde die Zurücknahme der Kündigung des HWZ-Mannes Roman Rint (FURCHE 19/1980) mit der Selbstaufgabe des Heimwerker-Betriebsrates verknüpft.

Schönheitsfehler Nummer zwei: Die

HWZ-Verhandler Theo Lehner und Franz Pimingsdorfer haben über die Köpfe ihrer Belegschaft hinweg entschieden. Sie können zwar jederzeit zurücktreten, doch ändert das nichts an der Existenz eines eigenständigen Betriebsrates. Einzig und allein die Betriebsversammlung könnte eine Entscheidung treffen - und eine solche liegt nicht vor.

Schönheitsfehler Nummer drei ist der markanteste: die ausgehandelte Lösung ist durch das Arbeitsverfassungsgesetz nicht gedeckt.

Nach dem Gesetz gibt es nämlich für den Konsum einen einzigen legalen Weg, den Heimwerkerbetriebsrat aus dem Sattel zu heben: der Weg führt zum Einigungsamt.

Das sozialistisch dominierte Unternehmen müßte dort mit einem Antrag vorstellig werden, damit das Amt feststellt, ob das Heimwerkerzentrum Vösendorf ein Betrieb im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes ist oder nicht. Würde dies in der amtlichen Entscheidung verneint,-wäre das Problem für den Konsum gelöst - und die Heimwerker hätten das Nachsehen.

Vor dieser Entscheidung des Einigungsamtes drückt sich aber die Konsum-Spitze. Sie hat auch allen Grund dazu.

Wie Friedrich Cerny, Arbeitsrechtsexperte der Wiener Arbeiterkammer, gegenüber der „Wochenpresse” erklärte, sei das HWZ als „eine selbständige technisch organisatorische Einheit” anzusehen - und daher sind auch die Betriebsratswahlen rechtens.

Die Konsum-Gewaltigen dürften den Weg zum Einigungsamt aber noch aus einem ganz anderen Grund scheuen: diese Entscheidung könnte das gesamte Betriebsrätesystem aus den Angeln heben.

Alois Serini, Betriebsratsobmann der Arbeiter des Konsums Österreich Ost und mächtiger Mann in der Konsum-Zentrale, ist nämlich kein Betriebsrat im eigentlichen Sinn: er ist ein Uber-Betriebsrat. Und einen solchen kennt das Arbeitsverfassungsgesetz nicht.

Bei der jüngsten Arbeiterbetriebsratswahl am 17.April stellte sich Serini nicht für einen Betrieb, sondern für viele zur Wahl: Sein Imperium reicht vom Konsumgroßmarkt Mistelbach in Niederösterreich bis zum Heimwerkerzentrum in Eisenstadt, vom Konsumeigenen Fleischbetrieb bis zum Einrichtungshaus Vösendorf.

Würde nun das Einigungsamt den Vösendorfer Heimwerkern offiziell Betriebsstatus attestieren, könnten auch alle anderen Konsum-Betriebe selbständige Arbeitnehmervertretungen wählen. Ein Präzedenzfall.

Der Konsum wäre dann demokratischer organisiert, nur Serini wäre weniger mächtig.

Sehr großes Vertrauen in seine Beliebtheit scheint er selbst auch nicht zu haben: sonst stünde ihm eine Karriere als Zentralbetriebsratsobmann offen.

Für große Unternehmen sieht nämlich das Arbeitsverfassungsgesetz die Einrichtung eines Zentralbetriebsrates vor. Dieser wird von der Gesamtheit der Mitglieder der im Unternehmen errichteten Betriebsräte gewählt. In anderen Großunternehmen.

Gibt es im Konsum Österreich, dem mit Abstand größten österreichischen Handelsunternehmen, einen Zentralbetriebsrat?

Generaldirektor Manfred Kadits, Herr über 20.500 Konsum-Mitarbeiter, reagiert auf derlei Fragen verärgert: „Für mich sind Sie”, ließ er die FURCHE via Telefon wissen, „eine große Enttäuschung, weil Sie mich in meiner kostbaren Zeit mit so einer Frage stören.” Wie sich die Arbeitnehmer in seinem Unternehmen gewerkschaftlich organisieren, sei nicht seine Sache.

Kadits wird schon wissen, warum er auf eine Frage, die jeder andere Generaldirektor spontan beantworten könnte, gereizt reagiert: Auch gewerkschaftlich organisierte Konsum-Mitarbeiter wollen bislang von keiner dem Arbeitsverfassungsgesetz entsprechen-

Konsum-Direktor Lachs: HWZ-Schließung nicht ausgeschlossen

Foto:Klomfar den Betriebsräteversammlung im Konsum gehört haben, die aus ihrer Mitte in geheimer Wahl einen Zentralbetriebsrat gekürt hat.

Nur sp nebenbei: Das Desinteresse von Konsum-General Kadits an Betriebsratsfragen hat Grenzen. Wenn schon nicht über den Zentralbetriebsrat, zerbricht er sich doch über den Heimwerker-Betriebsrat in Vösendorf den Kopf: den Pakt, mit dem dessen Schicksal per Jahresende besiegelt werden sollte, hat er federführend ausgehandelt.

Vielleicht tut er trotzdem, was ihm das Arbeitsverfassungsgesetz als Repräsentant des Betriebsinhabers, der vielen kleinen Genossenschafter, zumutet: er geht zum Einigungsamt.

Oder man versucht, das Problem auf jene Art zu lösen, wie das Konsum-Direktor Thomas Lachs Ende März angedeutet hat: Unter Umständen könnte es im Fall Heimwerkerzentrum betriebswirtschaftlich notwendig sein, „die Räume anderweitig (zu) verwenden”. Motto: Mit dem Betrieb auch den Betriebsrat zusperren.

Die Nachricht vom schlechten Geschäftsgang überrascht: Zu Jahresbeginn freute sich der zuständige Konsum-Direktor Walter Eiselbrecher im Wirtschaftsmagazin der „Kronenzeitung” noch öffentlichkeitswirksam über die guten Heimwerkergeschäfte. Sonderbar. HA NN ES SCHOPF

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