6950404-1984_10_05.jpg
Digital In Arbeit

Hineingefragt wird nicht

19451960198020002020

In der FURCHE (1/1984) übte Kurt Bednar heftige Kritik an Datenschutzgesetz und -praxis in Österreich. Die zuständige Behörde ist gegen seine Schwarzmalerei.

19451960198020002020

In der FURCHE (1/1984) übte Kurt Bednar heftige Kritik an Datenschutzgesetz und -praxis in Österreich. Die zuständige Behörde ist gegen seine Schwarzmalerei.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Arbeiten des Bundeskanzleramtes an einer Novelle des Datenschutzgesetzes sind nicht „im Sand verlaufen", wie Kurt Bednar schreibt, sondern von den Bemühungen getragen, einen Konsens aller Betroffenen herzustellen.

Derzeit wird am 2. Novellie-rungsentwurf gearbeitet. Auch jene Länder, die vor Österreich ein Datenschutzgesetz beschlossen haben, wie zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland, sa-

hen sich nach einer gewissen Erfahrungsdauer veranlaßt, mehrere Novellierungsentwürfe auszuarbeiten.

Daß sich spektakuläre Datenschutzfälle vermehrt im Ausland und nicht in Österreich ereignen, zeigt, daß die österreichische Bundesverwaltung den Datenschutz ernst nimmt.

So ist zum Beispiel die Volkszählung in der Bundesrepublik Deutschland vom Bundes-Ver-fassungsgerichtshof auf rein statistische Zwecke beschränkt worden, ein Grundsatz, von dem die österreichische Volkszählung 1981 beherrscht war.

Kurt Bednar meint auch, die Inanspruchnahme staatlicher Dienstleistungen sei ohne Angabe von Daten nicht möglich. Dem ist zuzustimmen. Das ist aber eine Konsequenz des modernen sozialen Rechtsstaates, in dem staatliche Leistungen nicht als Gnadengeschenke verteilt werden, sondern dem Bürger ein Anspruch auf Leistungen des Staates unter Berücksichtigung der Einzelfallgerechtigkeit zusteht.

Wenn jedoch in Ausnahmefällen durch ein staatliches Formular in die Privatsphäre des Bürgers unzulässigerweise „hineingefragt" werden sollte, dann steht jederzeit die kostenlose Beschwerdemöglichkeit an die Datenschutzkommission, Ballhausplatz 1,1014 Wien, zur Verfügung. Auch im Bundeskanzleramt wurde im April 1983 ein aus ganz Österreich zum Ortsgesprächstarif erreichbares Beschwerdetelefon (Tel. Nr. 022907) eingerichtet, um jedem Österreicher, unabhängig von seinem Wohnort, zu gleichen Kosten die Möglichkeit zu geben, Beschwerden und Anregungen in Formularangelegenheiten telefonisch vorzubringen.

Daß das dem Bürger zur Verfügung stehende „Instrumentarium des Datenschutzgesetzes unbekannt geblieben" sei, wie Kurt Bednar weiter anmerkt, vernachlässigt die Tatsache, daß die von der Bundesregierung herausgegebene Informationsbroschüre über die Datenschutzgarantien in rund 38.000 Exemplaren versendet wurde. Darüber hinaus wurde die Datenschutzkommission mit über hundert konkreten Beschwerden und Anfragen in Datenschutzangelegenheiten befaßt.

Richtig ist allerdings, daß der Bürger private EDV-Anwender, die er eines Datenschutzbruches verdächtigt, nur zögernd vor die Gerichtsschranken zieht, da ihm die hohen Kosten und das Prozeßrisiko in den meisten Fällen unzumutbar erscheinen. Hier eine Erleichterung des Rechtschutzes zu ermöglichen, ist ein wichtiger Punkt in den Beratungen über die Novellierung des Datenschutzgesetzes.

Wenn sich laut Kurt Bednar viele Juristen angeblich über Gummibestimmungen im Datenschutzgesetz lustig machen, ist festzuhalten, daß jedes Gesetz mit einem breiten Anwendungsbereich — und daher auch alle Datenschutzgesetze der Welt — inter-pretierungsbedürftige Generalklauseln aufweisen.

Im Bereich des Bundes ist man jedenfalls bemüht, diese Generalklauseln für einzelne Anwendungsgebiete zu konkretisieren. In über vierzig Bundesgesetzen wurden bereits spezielle Bestimmungen über die Datenverarbeitung und Datenübermittlung erlassen.

Ärger löst bei Kurt Bednar der

1. Tätigkeitsbericht der Datenschutzkommission aus, weil dieser „zu drei Viertel über fehlende Dienstposten und nichts über aktuelle Fälle und Verbesserungsvorschläge" berichte.

Tatsächlich werden im Datenschutzbericht 1981 auch aktuelle Fälle beschrieben, zum Beispiel die Geisteskrankenevidenzen bei Bundespolizeidirektionen und Ämtern der Landesregierungen, sowie die von der Datenschutzkommission abgestellte, unzulässige Einsichtnahme von Finanzorganen in bei Sozialversicherungsträgern gespeicherte Gesundheitsdaten.

Von den insgesamt 33 Seiten des Datenschutzberichtes widmen sich lediglich fünfeinhalb Seiten organisatorischen und personellen Fragen und 14 Seiten den Verbesserungsvorschlägen und Anregungen.

Bednar meint auch, daß der Bürger beim Datenverarbeitungsregister nur erfahre, was er ohnehin schon wisse. Das stimmt nicht.

Am häufigsten wird von Bürgern beim Datenverarbeitungsregister die Frage gestellt, wer hinter einer bestimmten Registriernummer steht, ob ein Unternehmen oder ein öffentlicher EDV-Anwender einen Antrag auf Registrierung gestellt hat und welche Datenarten und Ubermittlungen von diesem EDV-Anwender vorgenommen werden. Auf diese Fragen gibt das Register auch umfassende Antwort.

1983 wurde insgesamt eine vermehrte Einsichtnahme in das Register durch Betroffene festgestellt. Insbesondere besteht vermehrtes Interesse an folgenden Auftraggebern des privaten Bereiches: Religionsgemeinschaften, politische und sonstige Vereine, Adreßverlage, Wohnungsgenossenschaften. Auch Betriebsräte, die sich von ihrer Firmenleitung zuwenig informiert fühlen, nehmen in Registrierungseingaben von Klein- und Mittelbetrieben Einsicht.

Im Durchschnitt erfolgen pro Tag 60 persönliche oder telefonische Anfragen an das Register.

Die aktuelle Frage, ob Mikrocomputer (Heimcomputer) dem Datenschutzgesetz überhaupt unterliegen, ist noch nicht gelöst. Als Mitte der siebziger Jahre das Datenschutzgesetz beraten wurde, hatten Heimcomputer noch nicht die heute dominierende Marktrolle. Die Novelle des Datenschutzgesetzes wird bei gehäuftem Auftreten von Datenmißbrauch mittels Heimcomputer sicher Bestimmungen über Mikros enthalten müssen.

Was schließlich den internationalen Datenverkehr betrifft, wird durch das Inkrafttreten der Datenschutzkonvention des Europarates, die Österreich bereits unterzeichnet hat, eine spürbare Erleichterung geschaffen werden.

Der Autor ist Leiter des Büros der Datenschutzkommission und des Datenschutzrates.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung