Klimaschutz: 600 Tage ohne Antwort vom Staat
Die Fachgruppe Politik und Recht der „Scientists for Future Austria“ hat nachgefragt, wie es um das Klimaschutzgesetz im Land steht – vergebens. Ein Gastkommentar.
Die Fachgruppe Politik und Recht der „Scientists for Future Austria“ hat nachgefragt, wie es um das Klimaschutzgesetz im Land steht – vergebens. Ein Gastkommentar.
Seit fast zwei Jahren hat Österreich kein aktives Klimaschutzgesetz (KSG) mehr, da das alte zeitlich limitiert war. Aus den Medien erfährt man lediglich, es werde verhandelt. Aus dem Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) ist auch nicht mehr zu hören. Wir, die Fachgruppe Politik und Recht der „Scientists for Future Austria“, wollten Genaueres zum Verhandlungsstand erfahren und wandten uns daher mit elf Fragen an die Plattform "fragdenstaat.at". Diese verspricht, die Bürgerinnen und Bürgern zustehenden Informationsrechte gegenüber den Behörden wahrzunehmen. Grundlage dafür ist das Auskunftspflichtgesetz. Wir wollten wissen, welche Teile des KSG bereits akkordiert sind und welche strittig und somit noch offen sind. Wir fragten, welche Ausschüsse in diese Diskussionen involviert sind und welche Ministerien, Sektionen und verantwortlichen Personen daran arbeiten. Wir erkundigten uns nach dem Zeitplan. Eine Frage betraf die bis heute ausständige Bearbeitung des Entschließungsantrags „Endlich Klimaschutzgesetz vorlegen“ der Neos vom 23.2.2022.
Zwischen Nicht- und Falsch-Antwort
Die Antwort auf unseren Fragenkatalog war mehr als ernüchternd: Da der Gesetzesentwurf noch in Diskussion sei, es sich also um einen nicht abgeschlossenen Willensbildungsprozess handle, bestehe keine Auskunftspflicht – zu inhaltlichen Fragen könne man daher nichts sagen. Zu den Fragen, die sich auf parlamentarische Aktivitäten beziehen, könne das BMK generell keine Auskunft erteilen. Wir stellen klar: Keine einzige der von uns gestellten Fragen zielte auf konkrete Inhalte des zu erlassenden Gesetzes, den Wortlaut von enthaltenen Bestimmungen oder Ähnliches ab.
Vielmehr ging es darum, herauszufinden, wie weit das Gesetz, das längstens in Kraft sein sollte, schon auf seinem Weg ist. Die Fragen nach dem weiteren Vorgehen und einem Zeitplan wurden mit der wenig aussagekräftigen Floskel abgetan, das BMK sei bemüht, den Fachentwurf rasch zu finalisieren und in Begutachtung zu schicken. Die Behörde stützte ihre „Nicht-Antwort“ unter anderem auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in einer anderen Causa, in der die Auskunftspflicht verneint wurde, da sich die Anfrage auf das zukünftige Vorgehen eines Ministers bezog (VwGH 88/01/0212). Unsere Fragen betrafen aber großenteils Tatsachen, die bereits stattgefunden haben. Die Begründung der Auskunftsverweigerung ist daher unseres Erachtens falsch. Nun, was ist denn jetzt der Sinn der Auskunftspflicht, die ja gesetzlich verankert ist? Ihr Zweck ist es, die Rechenschaftspflicht des Staates seinem Souverän, der Bevölkerung, gegenüber zu erfüllen. Die Weigerung jedoch, unsere Fragen zu beantworten, zeigt, dass der breite Auslegungsspielraum des Auskunftspflichtgesetzes es dem Staat ermöglicht, sich seiner Pflicht nach allen Regeln der Kunst zu entziehen. Von Transparenz keine Spur.
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