Und wer kontrolliert die Politik?

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Ob Corona oder Korruption: Das Vertrauen in politische Institutionen und Politiker(innen) schwindet. Wie kann man sie zur Rechenschaft ziehen, ohne dass alles zur Kampfzone wird? Ein Gastkommentar.

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Ob Corona oder Korruption: Das Vertrauen in politische Institutionen und Politiker(innen) schwindet. Wie kann man sie zur Rechenschaft ziehen, ohne dass alles zur Kampfzone wird? Ein Gastkommentar.

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Im Stakkato von Korruptionsvorwürfen, Untersuchungsausschüssen, Corona-Opposition und -Hilflosigkeit fragen viele, wie das alles sein kann. Angesichts der Fülle von Erwartungen und Regeln, die unseren Alltag prägen, scheint es unbegreiflich, wie wenig und offenbar ineffizient Kontrolle der und in der Politik funktioniert. Lehrbuchantworten – in einer Demokratie kontrollieren die Wähler(innen) die Politik, Medien sind wichtig, der Rechtsstaat bildet Schranken – sind unbefriedigend: Das Tempo politischer Kommunikation und die Komplexität der Themen stehen in keinem Verhältnis zu ihnen.

Die Antwort wird noch schwieriger, wenn Politik als Begriff gebraucht wird, den niemand erklären muss – oder argumentiert wird, dass etwas nur „politisch“ zu bewerten sei und rechtliche, ethische oder andere Argumente bloß Moralisierung wären.

Aber was ist mit den „Checks and Balances“, mit den Kontrollrechten der Verfassung? Sie sind auf die Regierung und damit die Verwaltung ausgerichtet. Mit ihnen kann nur bis zu dem Punkt gefragt werden, an dem sich etwa die Tätigkeit als Minister und als Parteifunktionär treffen. Die erste ist erfasst, die zweite, intuitiv ebenso bedeutsam, nicht. Das schließt nicht aus, dass der eine Bereich auf den anderen übergreift. Es weist aber darauf hin, wie schwierig das nachzuweisen ist.

Verständnis von Ehre und Anstand

Aber selbst aus den Antworten, die der Minister geben muss, folgen keine rechtlichen Konsequenzen. Das sei eine Sache der politischen Bewertung, ist die Antwort des Rechts. Wie diese ablaufen, lässt es offen. Seine Aufgabe besteht darin, die Rahmenbedingungen für das Handeln von Parlamenten und Regierungen zu bestimmen – nicht dessen Inhalt.

Noch schwieriger wird es, wenn wir auf die Tätigkeit von Abgeordneten und Parteien oder das Demonstrationsrecht blicken. Die Gründe dafür liegen in der Geschichte von Demokratie und Rechtsstaat: Beide haben sich in Staaten entwickelt, die absolut regiert wurden, in denen Gerichte und Verwaltung nicht oder nur wenig getrennt waren. Es ging darum, Freiräume für offene Debatten und neue Ideen zu schaffen. In Parlamenten und Parteien wollte man die Kontrolle über das erhalten, was erkämpft wurde. Das heißt nicht, dass das unkontrolliert sein sollte. Vielmehr ging man davon aus (oder gab zumindest vor), dass jene, die politische Ämter hatten, ein gemeinsames Verständnis von Ehre und Anstand teilten.

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