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Leka und die Kranken

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Leka, Sohn des albanischen Königs Achmed Zogu und der halb aus Österreich, halb aus Ungarn stammenden Königin Geraldine, fühlt sich nicht mehr ganz sicher. Er, der wohlbestallte Export-Import-Kaufmann hat vor kurzem sein jahrelanges Schweigen gebrochen und öffentlich erklärt, die kommunistische Führung des Skipetarenlandes sei zum Regieren nicht mehr imstande: Enver Hodscha, laut Leka querschnittsgelähmt, von Diabetes und Thrombosen geplagt; Mehmet Shehu, Premierminister und Kampfgefährte des „geliebten Führers“, erkrankt an Magenkrebs.

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Leka, Sohn des albanischen Königs Achmed Zogu und der halb aus Österreich, halb aus Ungarn stammenden Königin Geraldine, fühlt sich nicht mehr ganz sicher. Er, der wohlbestallte Export-Import-Kaufmann hat vor kurzem sein jahrelanges Schweigen gebrochen und öffentlich erklärt, die kommunistische Führung des Skipetarenlandes sei zum Regieren nicht mehr imstande: Enver Hodscha, laut Leka querschnittsgelähmt, von Diabetes und Thrombosen geplagt; Mehmet Shehu, Premierminister und Kampfgefährte des „geliebten Führers“, erkrankt an Magenkrebs.

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Ein wütendes Dementi der albanischen Botschaft in Belgrad wenige Tage nach Lekas Enthüllungen scheint den Verdacht nur noch zu erhärten. Bestritten wurde dabei auch, daß es, wie Leka behauptet hatte, eine aktive Widerstandsbewegung in Albanien gebe.

In einem Punkt hat Leka zweifellos recht: es gärt in der Führungsspitze des Peking-Satelliten, eine Säuberungswelle nach der anderen erschüttert die Basis der Partei und des Staates, außenpolitische und wirtschaftliche Isolierung haben das Land in Chaos und Armut gestürzt.

Ein Drittel der oberen Ministerial-bürokratie und ein Viertel der Politbüromitglieder sind bisher den Machtkämpfen zum Opfer gefallen. Und es bestehen kaum noch Zweifel, daß es sich dabei um Diadochenkämpfe und um die Nachfolge der Hodscha-Shehu-Dynastie handelt.

Schon 1974, nach der Ablösung (und vermutlichen Hinrichtung) des Verteidigungsministers Bekir Bal-luku und der Übernahme dieses Ressorts durch Premier Shehu, hatte sich deutlich gezeigt, daß es in der albanischen Führung eine Strömung gibt, die eine Wiederannäherung des Landes an Moskau betreibt. Der Minister war beschuldigt worden, Spion der UdSSR zu sein.

Daneben existiert offensichtlich noch eine Gruppe, die das Heil der Zukunft in einer Annäherung an den blockfreien Nachbarn Jugoslawien sucht, genährt durch eine albanische Irredenta in der überwiegend “von Albanern bewohnten autonomen Region Kosovo.

Vieles spricht dafür, daß die vergreiste Führung in Tirana den sich (in letzter Zeit) recht pragmatisch gebenden Herren Chinas manchmal geradezu peinlich ist. Während Teng und Mao mit Ford und Kissinger Tee trinken und einen antisowjetischen und proeuropäischen Konsens su-

chen, ertönen Haßtiraden gegen „blutige US-Imperialisten“ aus den Schluchten des Balkan. Die Geduld und die finanziellen Möglichkeiten des Reiches der Mitte im Hinblick auf seinen offiziellen Verbündeten in Europa sind vermutlich erschöpft. Die momentane Schwerfälligkeit der albanischen Außen- und Handelspo-

litik verhindern eine neue Schwenkung in Richtung Europa. Das wissen die neuen Männer in Tirana nur allzu genau. Sie wollen, dem Mao-Wort „Laßt tausend Blumen blühen“ folgend, Albanien aus der Misere heraus und in die Mitte der siebziger Jahre dieses Jahrhunderts führen. Das Gelingen dieses Vorhabens hängt aber nicht zuletzt von der weiteren Entwicklung auf dem gesamten Balkan ab. 1

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