Die Präposition U bedeutet im Tschechischen, dass man sich nicht "in" etwas befindet, sondern nur im Umfeld ist, nebenan. Von dort aus beobachtet man alleine, was drinnen so vor sich geht, aber man nimmt nicht teil. "U EU" klingt eigentlich ganz witzig, aber damit endet der Charme dann auch. Wenn die Tschechische Republik nicht endlich politisch erwacht, werden wir auch noch aus dem gemeinsamen europäischen Zug steigen, mit der Begründung, dass er uns zu schnell fährt.
Das Land wäre beispielsweise mit dem Euro besser dran, wir könnten uns vor allem Nerven sparen bei der Festsetzung des Wechselkurses der tschechischen Krone. Die Unternehmen könnten sich den milliardenteuren Tanz um diesen Wechselkurs sparen. Aber so ist es eben: Wir wollen uns mit unserer Währung nicht integrieren, obwohl das für uns in vielerlei Hinsicht von Vorteil wäre.
Um es kurz zu machen: Wir sind von Ländern der Eurozone praktisch umgeben. Trotzdem sind wir nebenan, nicht drinnen. Wir sind "U EU". Wir sind von ihr abhängig, wir stellen unser Verhalten auf sie ab, aber dazugehören wollen wir nicht. In Südeuropa gibt es derzeit eine Migrationsbewegung, und die EU hat sich entschlossen, dieses Problem zu lösen, indem sie die Lasten über eine Quote gleich verteilt. Was sagen wir dazu? Nein. Andere Migrationswellen, etwa jene aus der Ukraine, die einen klaren ökonomischen Hintergrund hatten, haben wir problemlos gelöst. Hier aber sagen wir nein. Wir hätten auch ein wertvoller Teil von Verhandlungen sein können, aus denen sich Ideen und Vorschläge zur Lösung wichtiger Probleme ergeben hätten können. Es geht auch anders. Irland feiert sogar den Tag, an dem es EU-Nettozahler wurde, und die Iren nicht mehr länger zu jenen gehörten, die von den Beiträgen anderer lebten. Wie würde eine solche "Feier" wohl bei uns aussehen?
Der Autor ist Professor für Ökonomie an der Karlsuniversität Prag
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