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Gemeinsames Eheleid, geteilte Pensionszeit

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Die Aufteilung der Pensionsansprüche zwischen Mann und Frau im Falle einer Scheidung (siehe Seite 1) schafft Verteilungsgerechtigkeit zugunsten bisher benachteiligter Frauen.

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Die Aufteilung der Pensionsansprüche zwischen Mann und Frau im Falle einer Scheidung (siehe Seite 1) schafft Verteilungsgerechtigkeit zugunsten bisher benachteiligter Frauen.

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Grundsätzlich müssen zwei Dinge auseinandergehalten werden: die Idee eines Versorgungsausgleiches nach einer Ehescheidung und die Idee eines Versorgungsausgleiches zwischen Lebenspartnern auch bei aufrechter Gemeinschaft. In beiden Fällen bedeutet „Versorgungsausgleich”, daß das in der Beziehung gemeinsam erwirtschaftete Einkommen beiden Seiten zu gleichen Teilen zugute kommen soll. Versorgungsausgleich nach einer Scheidung ist somit - abgesehen von der (zumindest theoretisch) ohnedies obligatorischen Teilung des Besitzes zum Zeitpunkt der Ehescheidung - vornehmlich für die Zeit der Pensionierung von Bedeutung. Daher auch der Vorschlag, der unter dem Namen „Pensionssplitting” bekannt geworden ist. Da Ansprachsberechtigung und Höhe der Pension aus Versicherangszeiten und Einkommenshöhe (der besten 15 Jahre) errechnet wird, scheint es fast selbstverständlich, Versicherungsjahre und Einkommen beider Partner aus der Zeit der aufrechten Partnerschaft zu addieren, zu halbieren und bei der Pensionserrechnung entsprechend zu berücksichtigen.

Ein konkreter Lebenslauf einer Mutter zweier Kinder soll zur Illustration dienen: Eheschließung mit 20; fünfjährige Berufstätigkeit bis zur Geburt des ersten und (zwei Jahre später) des zweiten Kindes; 20jährige Erwerbsunterbrechung bis zum 18. Geburtstag des zweiten Kindes beziehungsweise bis zur Ehescheidung mit 45; dann 15jährige Berufstätigkeit bis zur Pensionierung mit 60, bei einem Durchschnittseinkommen von 12.000 Schilling. Der Ehegatte hatte in den Jahren, als sie zu Hause blieb, ein Durchschnittseinkommen von 28.000 Schilling.

Der Pensionsanspruch dieser Frau errechnet sich grob skizziert folgendermaßen: Durchschnittseinkommen der besten 15 Jahre * Versicherungszeiten * 1,9 Prozent (das heißt, für jedes der ersten 30 Versicherangs-jahre erhält man 1,9 Prozent der Bemessungsgrundlage, für jedes weitere Versicherungsjahr 1,5 Prozent bis zum Maximum von 79,5 Prozent bei 45 Versicherungsjahren - ein Maximum, das von Frauen mit Kindern fast nicht zu erreichen ist):

■ ohne Pensionssplitting und ohne Anrechnung von Kindererziehungszeiten (die bis vor wenigen Jahren gültige Formel):

12.000,- * 20* 1,9% = 4.560,-

■ ohne Pensionssplitting, aber mit Anrechnung von Kindererziehungszeiten (die heute gültige Formel, wobei diese Frau für das erste Kind vier und das zweite Kind zwei Versicherungsjahre angerechnet bekommt): 12.000,- * (20+6) * 1,9% = 5.928,-

■ mit Pensionssplitting:

(20 eigene plus zehn erworbene Ver-sicherangsjahre, das Durchschnittseinkommen der besten 15 Jahre stammt aus der Zeit der aufrechten Ehe, entspricht also der Hälfte von 28.000 Schilling)

14.000 * (20 plus 10) 1,9% = 7.980,-

Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten hat schon jetzt den Status der Frau wesentlich verbessert. Der zusätzliche Effekt von Pensionssplitting wäre somit eine durchaus wünschenswerte Umverteilung eines gewissen Teiles der Pension vom Mann zur Frau, also eine größere geschlechtsspezifische Verteilungsgerechtigkeit (man denke etwa daran, daß die durchschnittliche Pension einer Frau 1992 etwa 5.930 Schilling, jene eines Mannes aber 10.540 Schilling betrug; ganz abgesehen davon, daß bis heute ein nicht unbeträchtlicher Teil der Frauen wegen zu kurzer Versicherungszeiten keinen Anspruch auf eine eigene Pension erwirbt).

Je größer der Einkommensunterschied zwischen den Partnern und je länger die Arbeitsunterbrechung der Frau, desto größer ist ihr Vorteil bei der Anwendung von Pensionssplitting. Die technische Durchführung einer solchen Begelung wäre weitgehend unproblematisch.

Die Durchführung ist technisch einfach

Die Auswirkungen auf das Pensionssystem insgesamt wären im allgemeinen gering; in obigem Beispiel (Annahme: der Mann hat insgesamt 40 Jahre gearbeitet, Durchschnittseinkommen der besten 15 Jahre 35.000 Schilling) steht dem monatlichen Gewinn von 2.052 Schilling bei der Frau ein Verlust von 2.100 Schilling beim Mann gegenüber. Kosten für das System in seiner jetzigen Form entstünden jedoch dadurch, daß Frauen ihre Pension aufgrund der höheren Lebenserwartung im Durchschnitt um vier Jahre länger beziehen.

Erhebliche Kosten könnten auch dann entstehen, wenn sich die Bemessungsgrundlage der Frau wesentlich erhöht, jene des Mannes aber nicht verringert. Eine solche Situation könnte aber nicht eintreten, wenn als Bemessungsgrundlage nicht mehr das Einkommen der besten 15 Jahre, sondern das gesamte Lebenseinkommen herangezogen würde.

Sinnvolles Pensionssplitting sollte zwei weitere Merkmale aufweisen: erstens sollte die Begelung von allfälligen neuen Partnerschaften unabhängig sein, das heißt, es handelt sich um einen erworbenen Anspruch, den man nicht verlieren kann. Nach drei Scheidungen bestünden demnach gegebenenfalls Ansprüche aus drei Partnerschaften. Zweitens sollte die Begelung kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zur bestehenden Anrechnung von Kindererziehungszeiten sein. Pensionssplitting ist ein partnerschaftlicher Versorgungsausgleich, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten ist eine gesellschaftliche Kompensation des Erwerbsnachteiles beziehungsweise der Erwerbsverminderung.

In obigem Beispiel könnte das etwa bedeuten, daß der Mann von den zehn Jahren, die er an seine Frau abgeben muß, sechs Jahre Kindererziehungszeiten von der Gesellschaft „fefun-diert” bekommt (die obige Berechnung des Pensions Verlustes von 2.100 Schilling inkludiert diese Begelung bereits). Schließlich wäre zu überlegen, wie Pensionssplitting auch bei der stark steigenden Zahl nicht-ehelicher Lebensgemeinschaften zur Anwendung kommen sollte.

Pensionssplitting nach Ehescheidung würde insbesondere zu einer

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