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Auf den Zeitpunkt kommt es an

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Private Vorsorge ist für viele Menschen schon eine Selbstverständlichkeit. Die Frage ist, ob die Summen ausreichen.

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Private Vorsorge ist für viele Menschen schon eine Selbstverständlichkeit. Die Frage ist, ob die Summen ausreichen.

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Irgendeiner Pensionsillusion gibt sich die Mehrzahl der Österreicher nicht mehr hin: Eine im Spätsommer 1994 durchgeführte Stichprobenerhebung ergab, daß 78 Prozent der ab 20jähri-gen mit einer künftigen Verschlechterung der gesetzlichen Pensionsleistungen rechnen, und was die eigene Pension betrifft, erwarten nur 36 Prozent, daß diese hoch genug sein wird, um davon ordentlich leben zu können.

Konsequenterweise haben 43 Prozent der Befragten bereits Maßnahmen für eine ergänzende Eigenvorsorge getroffen und beabsichtigen weitere 32 Prozent, dies noch zu tun. Stellt man außerdem in Rechnung, daß Ende 1993 bereits mehr als zehn Millionen Lebensversicherungsverträge abgeschlossen waren -also im statistischen Durchschnitt 1,25 je Einwohner —, scheint es um die individuelle Altersvorsorge gar nicht so schlecht bestellt zu sein.

Gründlich zu revidieren ist diese Meinung jedoch angesichts der Versicherungssumme, auf die diese Verträge insgesamt (915,6 Milliarden Schilling) und im Durchschnitt lauteten: 91.090 Schilling sind für die 20 Jahre, die man als Mann, und vollends für die 25 Jahre, die man als

Frau beim derzeitigen faktischen Pensionsantrittsalter im Ruhestand verbringen wird, selbst dann ein Bettel, wenn man berücksichtigt, daß dieser Durchschnitt aus zwei Gründen irreführend niedrig ist: Erstens sind darin auch die sogenannten „Salcher-Po-lizzen' enthalten, die praktisch nur ein prämiengefördertes Sparen darstellen, und zweitens bewirkt die gesetzlich vorgeschriebene Gewinnbeteiligung, daß im Erlebensfall gut und gern das Doppelte der Versicherungssumme ausbezahlt wird.

Der Einwand ist natürlich berechtigt, daß die Lebensversicherung zwar die mehrheitlich (zu 37 Prozent) bevorzugte, aber nicht die einzige F orm der - ergänzenden - individuellen Vorsorge für das Alter: Die Skala der Möglichkeiten reicht vom simplen Sparbuch bis zur Anschaffung

einer Eigentumswohnung, in die man kostensparend umziehen oder mit deren Vermietung man sich ein Zubrot zur Pension verschaffen kann.

Wenn hier dennoch die individuelle Altersvorsorge anhand der Lebensversicherung und im besonderen der Rentenversicherung, bei der die Leistung in einer monatlichen „Privatpension” besteht - erörtert wird, so deshalb, weil sich nur bei der Lebensversicherung auch ein handfester Zahlennachweis für zweierlei erbringen läßt, was bei jeder Form der individuellen Altersvorsorge ganz entscheidend ist: daß erstens ausreichend vorgesorgt wird, was jedoch voraussetzt, daß man zweitens rechtzeitig damit beginnt, Vorsorge zu treffen.

Reicht das Sparbuch?

So günstig kann nämlich eine Kapitalveranlagung gar nicht sein, daß bei einer Spardauer von weniger als zwölf bis 15 Jahren das Verhältnis zwischen den monatlichen Einzahlungen und den voraussichtlich etwa doppelt so lange laufenden monatlichen Auszahlungen nicht höchst unbefriedigend sein muß. Eine wunderbare Geldvermehrung gibt es nicht, und wer (etwa mit Hilfe von dubiosen „Bauherrenmodellen” oder von Terminkontrakten, wie sie kürzlich der renommierten Barings-Bank das Genick gebrochen haben) zweistellige Renditen verspricht, sollte gerade bei Interessenten an einer privaten Altersvorsorge kein Gehör finden, denn diese steht und fällt mit der langfristigen Sicherheit der Kapitalveranlagung.

Wie hoch ist aber eine „ausreichende” individuelle Altersvorsorge? Generell läßt sich diese Frage nicht beantworten, weil es erstens auf die Höhe der gesetzlichen Pension und anderseits darauf ankommt, wie man sich den künftigen Ruhestand vorstellt: auf der Parkbank sitzend und Tauben fütternd oder aber - zumindest solange man noch rüstig und unternehmungslustig ist - als Gelegenheit, all das nachzuholen, wofür man bisher keine Zeit hatte, etwa Fernreisen oder das Verbringen des Winters auf den Kanarischen Inseln.

Demgemäß unterschied-

lich fiel auch die Beantwortung der Frage nach dem Verhältnis aus, in dem die angestrebte Zusatzpension zur gesetzlichen Pension stehen sollte: Die Wunschliste reichte von etwa zehn Prozent bis zu mehr als 100 Prozent, jedoch mit einem deutlichen Schwerpunkt (35 Prozent der Antworten) bei „etwa halb so hoch”.

Ein durchaus verständlicher Wunsch - aber ist er auch erfüllbar? Rechnen wir nach:

Im Jahre 1993 hatte der Medianwert der neu zuerkannten Alterspensionen bei Männern 16.000 Schilling und bei Frauen 7.104 Schilling betragen. Unter Vernachlässigung des Umstandes, daß die gesetzliche Pension 14mal ausbezahlt wird, für eine private Pensionsversicherung das Jahr aber nur zwölf Monate zählt, hätte die 50prozentige Zusatzpension beim Mann 8.000 Schilling und bei der Frau etwa 3.500 Schilling betragen müssen. Wie hoch wäre die Monatsprämie (inklusive vier Prozent Versicherungssteuer und sechs Prozent Zuschlag für monatliche Zahlung) für eine monatliche Zusatzpension, die anfangs 8.000 Schilling beziehungsweise 3.500 Schilling beträgt und jährlich um 1,875 Prozentl) steigt? Anfallen soll die Pension beim Mann, bei dem der Anspruch seiner um drei Jahre jüngeren Frau auf eine 60prozentige Witwenpension mitberücksichtigt ist, im Alter von 65, bei der Frau im Alter von 60 Jahren.

Ungleichheit

Würde eine solche (Zusatz) Rentenversicherung erst mit 50 abgeschlossen, wäre die Monatsprämie prohibitiv hoch: beim Mann 5.061 Schilling, bei der Frau 3.985 Schilling (also sogar mehr, als ihre private Erstpension betrüge).

Ganz anders sieht die Rechnung jedoch aus, wenn dieselbe Rentenversicherung schon im Alter von 30 Jahren abgeschlossen wird: der Mann müßte bloß eine - gleichbleibende - Monatsprämie von 911 Schilling entrichten, die Frau nur eine Monatsprämie von 626 Schilling.

Daß die Versicherungsprämie bei der Frau im Eintrittsalter 50 um 21 Prozent und

im Eintrittsalter 30 sogar um 31 Prozent niedriger wäre, erklärt sich natürlich nur mit der im Durchschnitt um 56 Prozent niedrigeren gesetzlichen und damit annahmegemäß auch Zusatzpension. Wollte es eine Frau mit Hilfe einer Rentenversicherung auch bloß auf ebensoviel bringen, wie ein Mann im Durchschnitt an gesetzlicher Pension bekommt, müßte sie ab dem 30. Lebensjahr monatlich 806 Schilling einzahlen.

Monatliche Zahlung

Gleich von vornherein eine monatliche Pensionszahlung zu vereinbaren, kommt jedoch hier in Österreich erst nach und nach in Mode. Nachträglich läßt sich diese Form der Auszahlung aber auch für jede (Kapital)Versi-cherung vereinbaren, die in einem Betrag fällig wird. Allerdings muß dieser Betrag groß genug sein, damit eine halbwegs anständige Zusatzpension herauskommt: Je 1.000 Schilling Privatpension, mit jährlich 1,875 Prozent valorisiert und ab 65 beziehungsweise 60 Jahren ausbezahlt, müßte ein Mann etwa 157.500 Schilling und eine Frau rund 170.000 Schilling angespart haben.

Rechnen Sie zusammen, was sich auf Sparbüchern, im letzten Depotauszug und auf Ihrer (wegen der Gewinnbeteiligung selbst mit zwei oder drei multiplizierten) Lebens-versicherungspolizze findet und dividieren Sie die Summe durch 157.000 beziehungsweise 170.000: Kommt auch nur annähernd die Zahl der Tausender heraus, die Ihnen dereinst der Geldbriefträger an jedem Ersten aushändigen soll?

Der Autor ist

Publizist und Herausgeber der Finanznachrichten. 1) Diese 1,875 Prozent sind -ebenso wie das Gewinnbeteiligungsversprechen, das hier in die Anfangsrente bereits einkalkuliert ist - dem Rententarif einer der größten Lebensversicherungsgesellschaften entnommen (Andere Gesellschaften versprechen eine zwei-prozentige Valorisierung.) Angeboten wird auch eine jährliche Pensionserhöhung um 3,75 Prozent, doch ist dann die Erstpension um 18 bis 20 Prozent niedriger. (Erlebt der Versicherte den Pensionsantritt nicht, werden die entrichteten Prämien rückerslattei)

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