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Der „jüngere“ Fischer

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Im dritten Band der vom Verlag Herold herausgegebenen Reihe der österreichischen Barockbaumeister legt Thomas Zacharias, ein Schüler Hans Sedlmayrs, eine Monographie über den jüngeren Fischer vor. Bereits im Jahre 1933 hatte Justus Schmidt in einem größeren Aufsatz über den Meister gehandelt und ein Verzeichnis seiner Werke aufgestellt, das sich durchaus mit den von Zacharias behandelten Schöpfungen deckt. Die Liste der Bauten erweitert Zacharias durch einen Idealplan für ein Schloß, durch Arbeiten an den’Schlössern Eckartsau, Frain und Austerlitz und an der kaiserlichen Favorita in Wien, durch die Fassaden der Stadtpaläste Kinsky und Herberstein und des Palastes Törring in München. Leider fehlt in der von Zacharias neu eingeführten Reihe der Bauten, die das Bild der künstlerischen Erscheinung Fischers wohl erweitern, aber nicht verändern, der urkundlich für Fischer durch ausführliche Nachrichten gesicherte Dom von Temesvär.

Das Buch beginnt mit der Untersuchung der beiden Hauptwerke: einer Stilkritik an dem nicht mehr bestehenden, sondern nur noch in Stichen überlieferten Cartenpalast des Grafen Althan, der eine „französische Redaktion des Gartenpalastes Schwarzenberg" war, und der Winterreitschule in der Hofburg. In einem Schreiben des Feldmarschalls Johann Joseph Philipp Graf Harrach vom 19. Juli 1730 an seinen Bruder Alois Thomas Raimund wird berichtet, daß nicht allein Daniel Gran, sondern „auh der Gaetano Fanti bettligerig, welhes den Genaral Altan sehr ungelegen, massen sie sein Garttensaal halb gemahlen“. Aus dieser Feststellung geht hervor, daß um die Jahresmitte 1730 nicht nur der Garten- palast vollendet war, sondern Gran und Fanti mit Fischer auch an diesem Bau zu- sammenarbeiteten. Der künstlerisch kühle Innenraum der Winterreitschule wird getrennt von seiner „mehr äußerlich großartigen" Fassade gegen den Michaelerplatz behandelt, während die Fassade der Reichskanzlei, Fischers bedeutendste Bauschöpfung, im Zusammenhang mit den Planungen für den Neubau der Hofburg erscheint. Am Stiftsneubau von Klosterneuburg unternimmt Zacharias den Versuch, die Anteile von Donato Felice d’AHio und Fischier abzugrenzen und die vorhandenen Plangrundlagen auf die beiden Meister aüfzuteilen. Das zeichnerische Werk Fischers in einem Katalog kritisch zusammenzufassen, hat Zacharias nicht unternommen. Die Kuppel über dem Kaisersaal des Stiftes, über einem P r o- f a n b a u also, erscheint nicht zum erstenmal am Klosterneuburger Stiftsbau, sondern Jahre früher an Hildebrandts Hofburgentwürfen. Wie in Klosterneuburg d’Allio, der bereits 1698 bei dem Bau der Wiener Piaristenkirche nachweisbar ist, so mußte Fischer am Gartenpalast Harrach nach einem kurzen Zwischenspiel Hildebrandt weichen. Nur das bauliche Mißgeschick Hildebrandts am Wiener Gartenpalast und am Brücker Schloß der Grafen Harrach öffnete Fischer den Weg. Noch am 10. November 1731 wußte der Feldmarschall Johann Josef Graf Harrach nicht, ob er seinem Bruder in Neapel an- raten könne, an Hildebrandts „Stehle dem Fischer oder Martinelli oder dem Betuzzi zu nemmen“, denn am 10. Juni 1730 hatte er von Hildebrandt geschrieben: „car il est l’uniquc — Je dit l’unique, car Fischer me deplait furieusement". Solange Joseph Emanuel Fischer als Architekt tätig war, stand er zwischen seinem Vater und Hildebrandt. Es ist das Verdienst von Zacharias, den „im Grunde nicht wirklich schöpferischen" (Sedlmayr) Erben seines Vaters stärker profiliert zu haben, so daß vor allem die Anteile von Vater und Sohn an den Bauten der Karlskirche und der Hofbibliothek eindeutiger geschieden wer den können als früher. Sonst bleiben die Grenzzonen des Werkes an manchen Stellen noch unscharf, weil auch das Oeuvre der anderen Baumeister, wie Martinelli oder Rosenstingl, noch nicht bearbeitet worden ist.

Es war ein mutiger Versuch, als erste wissenschaftliche Arbeit eine Monographie über den jüngeren Fischer vorzulegen, der als künstlerische Persönlichkeit eine ungleich schwieriger zu fassende Persönlichkeit darstellt als sein Vater oder Hilde- brandt. Der schöne Band aber wird Ausgangspunkt weiterer Diskussionen über Joseph Emanuel Fischer sein, der in einer erstaunlichen Karriere kaiserlicher Hof- architekt und durch seine Dampfmaschinenbauten in Kassel, Wien und in den oberungarischen Bergwerken berühmt und reich wurde.

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